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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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etwas benötigen sollte.«
    »Was hast du sonst noch im Sinn? Physikothaumaturgie?«
    »Vereinheitlichte Feldtheorie, mein altes Steckenpferd …« Isaac grinste und zuckte ironisch die Schultern. »Ich befürchte, sein Rücken ist zu schlimm vermurkst für ein simples Remaking, selbst wenn ich die Flügel hinkriegte. Mir schwebt die Kombination von zwei verschiedenen Kraftfeldern vor … Scheiße, David, ich weiß es nicht. Ich habe nur den ersten Zipfel einer Idee am Wickel …« Er schlenkerte die Hand vage in Richtung der unleserlich beschrifteten Skizze eines Dreiecks.
    »Isaac?« Lublamais erhobene Stimme übertönte das Vogelkonzert. Isaac und David schauten zu ihm hin. Er hatte die Lasifliege und das Goldsittichpärchen bewundert und stand jetzt vor einem kleineren Stapel schubladenähnlicher Behälter. »Was ist das hier?«
    »Oh, das ist mein Kindergarten«, rief Isaac vergnügt. Er ging zu Lublamai hinüber, David zog er mit sich. »Ich dachte, es könnte unter Umständen lehrreich sein zu beobachten, wie die Entwicklung vonstatten geht von etwas, das kreucht, zu etwas, das fleucht. Deshalb habe ich mir eine Auswahl Neugeborenes, Ungeborenes und Halbflügges bestellt.«
    Er blieb bei der Sammlung stehen. Lublamai lugte durch die Öffnung eines würfelförmigen Bretterschlupfs auf ein Gelege leuchtend kobaltblauer Eier.
    »Keine Ahnung, was das ist«, meinte Isaac. »Hoffe, es kommt was Nettes dabei raus.«
    Der Schlupf stand zuoberst auf einem Turm ähnlicher vorn offener Kästen; jeder davon enthielt ein unbeholfen von Menschenhand gebautes Nest, und in jedem Nest lagen ein bis vier Eier, manche erstaunlich bunt, andere einfarbig beige. Hinter den Kästen ringelte sich ein dünner Schlauch hervor und über das Geländer zu dem Boiler im Erdgeschoss hinunter. Isaac stieß mit dem Fuß dagegen.
    »Ich nehme an, sie müssen es warm haben …«, murmelte er. »Genau weiß ich es nicht …«
    Lublamai bückte sich und spähte in einen Holzkasten, der vorn mit einer Glasscheibe verschlossen war.
    »Oh …«, hauchte er, »mir ist, als wäre ich wieder zehn. Die tausche ich dir gegen sechs Murmeln.«
    Am Boden des Kastens wimmelte es von kleinen, grünen Raupen. Sie mampften sich mit systematischer Gefräßigkeit durch den Haufen achtlos in den Kasten gestopfter Blätter. Die Stängel waren übersät mit wuselnden grünen Kommas.
    »Ja, das ist recht interessant. Ich warte jeden Tag darauf, dass sie sich verpuppen; und dann, herzloser Jünger der Wissenschaft, der ich bin, werde ich sie in verschiedenen Stadien der Metamorphose aufschneiden, um zu sehen, wie die Verwandlung fortschreitet.«
    »Das Leben eines Laborassistenten ist grausam, stimmt’s?«, murmelte Lublamai in den Kasten hinein. »Was für ekles Gewürm hast du noch zu bieten?«
    »Maden. Keine Kostverächter. Das ist wahrscheinlich der Geruch, der Guteseele so verführerisch um die Nase weht.« Isaac lachte. »Ein paar andere Raupen, die aussehen, als würden sie sich in Falter und Motten verwandeln, furchtbar angriffslustige Wasserbiester, von denen man mir versichert, es wären die Larven von Damaszenerfliegen, und, ach, noch alles Mögliche …« Isaac wies auf ein mit trübem Wasser gefülltes Aquarium hinter den anderen Kästen.
    »Und hier«, er nahm mit stolzgeschwellter Brust neben einem kleinen Drahtkäfig Aufstellung, »etwas wirklich Besonderes …« Er zeigte mit dem Daumen auf den Behälter.
    David und Lublamai drängten heran. Sie staunten mit offenem Mund.
    »Mama mia, das ist prachtvoll …«, flüsterte David nach einer Weile.
    »Was ist das?«, zischte Lublamai.
    Isaac schaute über ihre Köpfe hinweg auf die unangefochtene Attraktion seiner Menagerie.
    »Offen gestanden, Jungs, ich habe nicht den blassesten Schimmer einer Ahnung. Ich weiß nur, sie ist groß, schön und nicht sehr glücklich.«
    Die Raupe schob ihren walzenförmigen Körper schwerfällig durch das Drahtgefängnis, zwischendurch hielt sie inne und bewegte blind suchend den Kopf hin und her. Sie war mindestens zehn Zentimeter lang, gut zweieinhalb Zentimeter dick und rundherum leuchtend bunt gefärbt, ohne bestimmtes Muster. Der Hinterleib war mit borstigen Haaren bewachsen. Sie teilte sich den Raum mit bräunlich welkenden Salatblättern, kleinen Fleischfetzen, Obststückchen und Papierschnitzeln.
    »Da seht ihr«, sagte Isaac, »ich habe Daumendick alles Mögliche zum Fraß vorgeworfen, was es an Kräutern und Grünzeug nur gibt, und sie rührt es nicht an. Also

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