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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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schreienden Schweine durch die Öffnung gestoßen und stürzten sich auf dem Steinboden zuschanden; eins nach dem anderen wurden sie massakriert und aufgeschlitzt und an alten, hölzernen Gerüsten hängend ausgeblutet. Zungen und Ohren und Hautlappen baumelten und tropften. Die Rinnen im Boden liefen über, eine grau-rote Brühe schwappte um Eimer voller Gekröse und fahle, gekochte Kuhhäupter.
    Endlich war das letzte Schwein geschlachtet. Die erschöpften Männer schwankten. Sie waren von Kopf bis Fuß mit Blut bespritzt und dampften. Es gab einen kurzen Wortwechsel, gefolgt von dröhnendem Gelächter, und der mit Namen Ben kam auf Derkhan zu. Hinter ihm brachen seine beiden Kollegen das erste Tier auf und schaufelten Innereien in eine tiefe Mulde.
    »Dee«, sagte Flex halblaut, »ich gebe dir lieber keinen Begrüßungskuss.« Er deutete auf seine blutgetränkten Kleider, sein blutiges Gesicht.
    »Dafür bin ich dir sehr dankbar. Können wir woanders hingehen?«
    Sie duckten sich unter den ruckelnd weiterwandernden Fleischerhaken hindurch und tasteten sich auf den schwarzen Ausgang zu. Eine Treppe führte nach oben, in lebendige Helligkeit, die durch schmierige Oberlichter in der Decke des schmalen Korridors sickerte, hoch, hoch über ihren Köpfen.
    Benjamin und Derkhan betraten einen fensterlosen Raum, in dem eine Wanne stand, eine Pumpe und mehrere Eimer. Hinter der Tür hingen einige Kittel aus grobem Stoff.
    Schweigend schaute Derkhan zu, wie er sich auszog und die besudelte Arbeitskluft in einen Bottich mit Seifenwasser warf. Nachdem er sich genussvoll gekratzt und gereckt hatte, pumpte er Wasser in die Wanne. Sein nackter Körper war von öligen Blutstreifen überzogen wie der eines Neugeborenen. Er schüttete Seifenpulver in den spritzenden Wasserstrahl und rührte, um Schaum zu erzeugen.
    »Deine Kumpel haben wohl nichts dagegen, dass du dich verdrückst, um eine schnelle Nummer zu schieben«, meinte Derkhan. »Was hast du ihnen erzählt? Habe ich dein Herz gestohlen oder du meins, oder haben wir eine rein geschäftliche Beziehung?«
    Benjamin gluckste. Er sprach mit einem starken Dog-Fenn-Akzent, in Anspielung auf Derkhans gehobene Ausdrucksweise.
    »Tja, ich hab eine Sonderschicht gerissen. Eigentlich arbeite ich schon länger, als ich müsste. Ich hab ihnen gesagt, dass du kommst. Soweit es sie angeht, bist du nur eine Hure, die einen Narren an mir gefressen hat, und ich an dir. Übrigens, bevor ich’s vergesse, deine Perücke ist eine Wucht!« Er grinste schief. »Steht dir, Dee. Du siehst rattenscharf aus!«
    Er stieg in die Wanne und ließ sich langsam in das kalte Wasser sinken. Sein Körper, was davon noch zu sehen war, überzog sich mit einer Gänsehaut. Um ihn herum breiteten sich Schlieren auf der Wasseroberfläche aus, als Schweiß und Dreck sich von seiner Haut lösten und träge nach oben wölkten. Er schloss die Augen.
    »Ich mach’s kurz, versprochen«, murmelte er.
    »Lass dir Zeit.«
    Sein Kopf verschwand unter der dünnen Schaumschicht, ein paar dünne Haarsträhnen drehten sich in dem kleinen Strudel und sanken gemächlich hinterher. Er hielt einen Moment den Atem an, dann schrubbte er sich kräftig von Kopf bis Fuß, kam hoch, um Luft zu schnappen, und tauchte wieder unter.
    Derkhan füllte einen Eimer mit Wasser und nahm hinter der Wanne Aufstellung. Als er wieder in die Höhe kam, leerte sie ihn langsam über seinen Kopf und spülte die schmutzigen Schaumreste ab.
    »O ja, großartig«, schnaufte er. »Mehr davon, bitte!«
    Sie tat ihm den Gefallen.
    Endlich stieg er aus der Wanne, die aussah wie der Schauplatz eines grausamen Gemetzels, und ließ die trübe Brühe in einen im Boden befindlichen Abfluss laufen. Man hörte den Wasserfall durch die Mauern in die Tiefe rauschen.
    Benjamin schlüpfte in einen der Kittel und wandte sich mit vielsagendem Blick an Derkhan.
    »Sollen wir jetzt zur Sache kommen, Schätzchen?«, fragte er.
    »Sag mir nur, wie du’s haben willst, Kleiner.«
    Sie gingen hinaus. Am Ende des Flurs lag die winzige Kammer, in der Benjamin schlief. Er schloss und verriegelte die Tür hinter ihnen. Die Kammer, erheblich höher als breit, erinnerte an einen Brunnenschacht. In der quadratischen Decke saß ein Oberlicht. Derkhan und Benjamin quetschten sich zu dem wuchtigen alten Kleiderschrank am anderen Ende des schmalen Zimmers, ein antikes Prachtstück von verblasster Grandeur, das in die schäbige Umgebung passte wie die Faust aufs Auge.
    Benjamin griff hinein

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