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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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und schob ein paar schmutzige Hemden zur Seite. Er schob die Finger in zu diesem Zweck in die Rückwand gebohrte Löcher, hob sie leise ächzend aus dem Rahmen, drehte sie vorsichtig um und legte sie auf den Boden des Schranks.
    Derkhan spähte in den kleinen gemauerten Durchgang, der zum Vorschein gekommen war, während Benjamin eine Kerze und eine Schachtel Streichhölzer von einem Bord nahm. Der Docht entflammte in einem Schwefelblitz. Gefolgt von Derkhan stieg Benjamin durch den Schrank und betrat die Redaktion des Lauffeuer.
     
    Sie zündeten die Gaslampen an. Der Raum war so groß, dass die kleine Schlafkammer nebenan mehrere Male hineingepasst hätte. Die Luft schmeckte trocken und nach Staub. Tageslicht hatte keinen Zutritt. Hoch oben war der Rahmen eines Oberlichts erkennbar, aber das Glas hatte man schwarz überstrichen.
    Zerschrammte Stühle und ebensolche Schreibtische standen bunt durcheinander, letztere beladen mit Papier und Scheren und Schreibmaschinen. Auf einem der Stühle saß ein abgeschaltetes Konstrukt und schaute aus matten Augen vor sich hin. Eines seiner Beine war zerdrückt und aufgeplatzt, aus dem Riss quollen Kupferdrähte und Glasscherben. Die Wand war mit Plakaten tapeziert, auf dem Boden moderten stapelweise alte Nummern des LF. An einer Mauer stand ein Ungetüm von Druckerpresse mit einem glänzend schwarzen Überzug aus Schmierfett und Tinte.
    Benjamin ließ sich hinter dem größten Schreibtisch nieder und zog einen zweiten Stuhl heran, dann entzündete er einen langen, krummen Zigarillo, der mächtig qualmte. Derkhan setzte sich zu ihm. Sie zeigte mit dem seitwärts gewandten Daumen auf das Konstrukt.
    »Was macht das alte Ding?«, fragte sie.
    »Zu verdammt viel Krach, um es tagsüber in Betrieb zu nehmen. Ich muss warten, bis die ganze Mannschaft Feierabend macht, aber schließlich, die Presse selbst ist auch nicht gerade leise, also bleibt es sich gleich. Und es ist schon eine Verbesserung, nicht alle zwei Wochen, wenn die neue Ausgabe in Druck geht, eine ganze Nacht lang diese verfluchte Kurbel drehen zu müssen. Ich schmeiße unserem Freund ein paar Brocken Koks in den Bauch, zeige ihm seine Arbeit und halte ein Nickerchen.«
    »Wie verkauft sich die neue Nummer?«
    Benjamin wiegte den Kopf und wies auf ein verschnürtes Bündel neben seinem Stuhl. »Geht so. Werde noch einen Schwung nachdrucken müssen. Wir haben deine Sache über den Remade im Gruselkabinett mit reingenommen.«
    Derkhan winkte ab. »Keine große Geschichte.«
    »Nein, aber sie hat – na ja – Biss. Der Leitartikel kommentiert die Wahl. ›Scheiß auf die Lotterie‹, in etwas weniger drastischen Worten.« Er griente. »Zugegeben, mehr oder weniger die gleichen Quisquilien wie in der letzten Ausgabe, aber wir haben eben Sauregurkenzeit.«
    »Du warst in diesem Jahr keiner der glücklichen Gewinner, oder doch?«, erkundigte sich Derkhan. »Wurde deine Nummer gezogen?«
    »Nee. Das ist mir nur einmal passiert, vor vielen Jahren. Bin stolz mit dem Schein ins Wahllokal gelaufen und habe für Finally We Can See gestimmt. Was tut man nicht alles im jugendlichen Überschwang.« Er kicherte. »Du stehst nicht automatisch auf der Liste?«
    »’dammich, Benjamin, so reich bin ich nicht! Wenn ich’s wäre, würde ich dem LF ganz anders unter die Arme greifen. Nein – und gewonnen habe ich dieses Jahr auch nicht.«
    Benjamin zerschnitt die Schnur um das Zeitungspaket und schob Derkhan einen etwa fingerdicken Stapel hin. Sie nahm das oberste Exemplar und musterte das Titelblatt. Jede Nummer war ein einziges großes Blatt Papier, zweimal auf die Hälfte gefaltet. Die Schrift auf dem Titel hatte ungefähr das gleiche Format wie die vom Leitstern oder dem Einspruch! oder irgendeinem anderen Blatt von New Crobuzons legaler Presse, doch auf den gefalteten Seiten des Lauffeuer drängelten sich Artikel und Slogans und Aufrufe in ameisenkleinem Druck. Hübsch hässlich, dafür ökonomisch.
    Derkhan legte drei Schekel auf die Schreibtischplatte. Benjamin klaubte die Münzen mit einem gemurmelten Dankeschön zusammen und warf sie in eine Blechbüchse.
    »Wann kommen die anderen?«, fragte Derkhan.
    »Ein paar treffe ich in einer Stunde oder so im Pub, den Rest heute Abend und morgen.« In der oszillierenden, gewalttätigen, verlogenen und repressiven politischen Atmosphäre New Crobuzons war es eine überlebenswichtige Vorsichtsmaßnahme, dass die Autoren des LF sich nicht begegneten, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Dadurch

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