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Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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mürrischen Landsmann und sprach ihn auf Lubbock an, die mehrsilbige gutturale Mundart der meisten östlichen Vodyanoi. Er sprach einen Stadtdialekt, gespickt mit dem menschlichen Ragamoll, aber sie konnten sich trotzdem verständigen.
    »Werden deine Freunde dich hier finden?«, fragte sie brüsk. Er nickte, eine weitere menschliche Sitte, die die städtischen Vodyanoi sich zu Eigen gemacht hatten. »Ich bin hier fertig«, fuhr sie fort. »Du musst allein mit dem Kabel auf sie warten. Ich ziehe weiter.« Er schaute sie an, unverändert grämlich, und nickte wieder, dann machte er mit der Hand eine wellenförmige Bewegung, möglicherweise eine Art Lebewohl. Pengefinchess amüsierte sich über seine Selbstverleugnung. »Sei fruchtbar«, sagte sie. Es war ein traditioneller Abschiedsgruß.
    Sie sank unter die Oberfläche des Tar und schwamm davon.
     
    Pengefinchess schwamm nach Osten, dem Lauf des Flusses folgend. Sie war nicht aufgeregt, aber sie spürte eine gewisse Erwartung. Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte sie keine Pläne, keine Bindungen. Sie fragte sich plötzlich, was sie tun sollte.
    Die Strömung trug sie auf Strack Island zu, wo Tar und Canker sich unter großem Tumult und Getöse vermählten und als Gross Tar weiterströmten. Um den Sockel der Parlamentsinsel patrouillierte Vodyanoimiliz, deshalb wahrte Pengefinchess Abstand, löste sich aus dem Sog der Strömung, schwenkte scharf nach Nordwest und wechselte stromaufwärts schwimmend in den Canker.
    Seine Strömung war stärker als die des Tar und kälter. Sie fühlte sich erfrischt und belebt, aber nur kurz, dann fand sie sich plötzlich in einer exotischen Giftbrühe wieder.
    Es waren die Abwässer von Brock Marsh, das wusste sie und schwamm schneller, um die Zone hinter sich zu bringen. Manchmal spürte sie das Zittern ihrer Undine an der Haut, wenn sie sich irgendeiner bestimmten Stelle im Fluss näherte. Dann schlug sie einen Bogen und suchte sich eine andere Bahn durch die verseuchten Wasser im Viertel der Zauberer. Sie atmete möglichst flach, als könnte sie sich dadurch vor Schaden durch die widerliche Jauche schützen.
    Schließlich wurde das Wasser langsam klarer. Etwa eine Meile oberhalb des Zusammenflusses mit dem Tar, war der Canker wieder frisch und sauber.
    Pengefinchess empfand fast etwas wie übermütige Heiterkeit.
    Sie bemerkte die Gegenwart anderer Vodyanoi im Wasser, während sie dicht über dem Grund dahinschwamm, manchmal durch den etwas wärmeren Strom aus einem Tunnel, der zum Haus irgendeines reichen Vodyanoi führte. Hier waren nicht die Vodyanoislums des Tar, von Lichford und Gross Coil, wo man vor Jahrzehnten enge, geteerte Buden eindeutig menschlicher Konzeption einfach in den Fluss hineingebaut hatte, wo sie seither langsam der völligen Auflösung entgegenmoderten.
    In dieser vornehmen Gegend floss das kalte und klare Wasser aus den Bergen zum Beispiel durch einen sorgfältig gemauerten Kanal in eine Villa aus weißem Marmor an der Uferpromenade. Die Fassade mochte dezent den von Menschen bewohnten Nachbarresidenzen angepasst sein, doch im Innern war es das Heim eines Vodyanoi: offene Durchgänge verbanden große Räume ober- und unterhalb der Wasserlinie, Kanäle als Flure, Schleusen, die das Wasser jeden Tag erneuerten.
    Pengefinchess schwamm an den Domizilen der Vodyanoi-Hautevolee vorbei. Je weiter das Zentrum der Stadt hinter ihr zurückblieb, desto glücklicher fühlte sie sich.
    Leichter.
    Frei.
    Sie breitete die Arme aus und sandte eine kleine mentale Botschaft an ihre Undine, und diese löste sich von ihrer Haut, um durch die Poren ihres dünnen Baumwollhemds zu entweichen. Nach Tagen der Trockenheit, der Kloaken und Abwässer, tummelte sich die Fei in den klaren Fluten, ringelte sich vor Entzücken, genoss die Freiheit, ein beweglicher Tropfen quasilebendigen Wassers in den weiten Fluten des Tar.
    Pengefinchess fühlte sie vorbeischwimmen und folgte ihr spielerisch, streckte die Hand nach ihr aus und schloss die Finger durch ihre Substanz. Die Undine wand sich vor Vergnügen.
    Ich nehme den Weg die Küste hinauf, beschloss Pengefinchess, um die Bergausläufer herum. Durch die Bezhek Foothills vielleicht und den Rand von Wormseye Scrub. Zuletzt das Eiskrallenmeer. Gleichzeitig mit dem spontanen Entschluss wurden Derkhan und die anderen Vergangenheit, eine Episode, die vorbei war und erledigt; etwas, wovon man eines Tages erzählen konnte.
    Sie öffnete ihren riesigen Mund und ließ den Canker durch sich

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