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Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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hindurchströmen. Schwamm weiter immer weiter, durch die Vororte New Crobuzons und hinaus aus der großen Stadt.

 
KAPITEL 16
     
     
    Männer und Frauen in schmuddeliger Arbeitskleidung kamen aus dem Tor der Griss-Twist-Deponie, zu Fuß, auf Wagen, allein, zu zweit, in Trüppchen von vier oder fünf Personen. Die zu Fuß trugen große Rollen aus dem Müll geretteten Kabels über der Schulter oder auf einer Spindel zwischen sich und einem Kameraden. Auf der Ladefläche der Fuhrwerke saßen die Männer und Frauen auf hohen, schwankenden Türmen aus Kabel unterschiedlicher Farbe und Dicke.
    Der Auszug erfolgte gestaffelt über einen Zeitraum von zwei oder mehr Stunden hinweg, genau nach einem von dem Konzil ausgerechneten Plan, der auf Zufälligkeit abzielte.
    Ein kleiner Pferdewagen, besetzt mit vier Männer, fädelte sich in den Verkehrsstrom ein, der über die Cockscomb Bridge führte und hinauf ins Zentrum von Spit Hearth. Sie zockelten gemächlich dahin, bogen auf den breiten, von Banyans gesäumten Boulevard St. Dragonne ein und fuhren mit gedämpftem Rumpeln über den Belag aus Holzbohlen: ein Vermächtnis aus der Regierungszeit des exzentrischen Bürgermeisters Waldemeyr, der Anstoß an der Kakophonie des Räderrollens unter seinem Fenster genommen hatte.
    Der Mann auf dem Bock wartete auf eine Lücke im Gegenverkehr und bog dann nach links in einen kleinen Hof ein. Der Boulevard war ihren Blicken entzogen, aber die Geräusche umbrausten sie nach wie vor. Der Wagen hielt an einer hohen Mauer aus leuchtend roten Ziegeln, hinter der der berauschende Duft von Jelängerjelieber aufstieg. Efeu und Passionsblumen neigten sich in kleinen Bouquets über die Mauerkrone und wiegten sich im lauen Wind. Es war der Garten des Vedneh-Gehantick-Klosters, gepflegt von den Zönobiten – Menschen, wie auch konvertierte Kaktusleute –, die sich dem Dienst dieser Blumengottheit geweiht hatten.
    Die vier Männer sprangen vom Wagen, luden Werkzeug aus und die Rolle Starkstromkabel. Passanten gingen vorbei, streiften sie mit einem kurzen Blick und dachten sich nichts.
    Ein Mann hielt das Kabelende ein Stück über seinem Kopf an die Gartenmauer. Sein Kamerad nahm eine stabile Eisenklammer und einen Hammer, und mit drei schnellen Schlägen war das Kabel an der Mauer verankert, etwas mehr als zwei Meter über dem Pflaster. Die beiden gingen weiter, in westlicher Richtung und wiederholten die Prozedur alle paar Meter. Sie kamen zügig voran.
    Ihr Tun wirkte nicht verstohlen, sie bewegten sich, als hätten sie jede Berechtigung, hier Kabel zu verlegen. Das Hämmern war nur ein weiteres Element im Konzert der Stadtgeräusche.
    Die Männer verschwanden um die Ecke und arbeiteten sich nach Westen vor, die große Kabelrolle schleppten sie mit. Die anderen beiden blieben zurück, warteten bei dem fixierten Ende, dessen Innereien aus Kupfer und Legierungen sich aus dem Mantel spreizten wie Staubgefäße aus Metall.
    Das erste Paar führte das Kabel an den Mauern von Spit Hearth entlang, um die Rückfronten von Restaurants und die Lieferanteneingänge von Boutiquen und Schreinereien herum, bewegten sich auf verschlungenen Wegen, doch unbeirrbar in Richtung des Rotlichtbezirks und von The Crow, dem lebensvollen Nukleus von New Crobuzon.
    Sie hefteten das Kabel, einmal höher, einmal tiefer, an Backstein oder Beton, mieden feuchte Stellen im Mauerwerk und gesellten es zu wechselnden Bündeln anderer Kabel und Rohre, Gasleitungen, thaumaturgischer Konduktoren und rostiger Drähte längst vergessener Funktion. Das schmutzige, rissige Kabel fiel nicht auf. Es war nur eine von zahllosen Nervenfasern im Netz der städtischen Ganglien, ein dicker Strang unter vielen.
    Irgendwann mussten sie die Straße überqueren, die sich immer mehr nach Osten wandte. Sie legten das Kabel auf den Boden und rollten es zu einer Rinne zwischen hüben und drüben. Es war eine Sicke, ursprünglich für Fäkalien, heute für Regenwasser, ein fünfzehn Zentimeter breiter Kanal zwischen den Pflasterplatten, dessen Inhalt durch einen Rost am Ende in die Unterwelt abfloss.
    Das Kabel wurde in die Rinne gelegt und sorgfältig befestigt. Die Männer bewältigten die Überquerung in kürzester Zeit, unterbrachen ihre Arbeit gelegentlich und traten an den Rand, um Fahrzeuge passieren zu lassen, aber dies war keine sonderlich stark befahrene Straße und sie erreichten ohne irgendwelche Schwierigkeiten die gegenüberliegende Seite.
    Noch immer erregte ihr Tun keine

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