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Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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Rücken an der Wand sitzend, in tiefem Koma, allein. Quer über seinem Schoß lag, wunderschön, doch absurd, eine Steinschlossflinte aus Glas. Vor seinen Füßen war in den Dielenboden ein Spiel Ix und Nix eingeritzt.
    Die Kreuze hatten gewonnen, in drei Zügen.
     
    Wir flüchten und verbergen uns wie Ungeziefer, das man jagt, doch wir tun es mit Erleichterung und Freude.
    Wir haben gesiegt.
    Isaac trägt Lin auf den Armen, manchmal – schuldbewusst – über der Schulter, wenn der Weg beschwerlich ist. Wir laufen wie der Wind, schwerelos wie Schemen. Erschöpft und euphorisch. Die schäbige Geografie im Osten der Stadt vermag uns nicht zu hindern. Wir setzen über niedrige Zäune in Reihen schmaler Hinterhöfe, verwilderte Gärten voll knorriger Apfelbäume und wuchernden Dorngestrüpps, in Winkeln zweifelhafter Kompost, Matsch und zerbrochenes Kinderspielzeug.
    Manchmal fliegt ein Schatten über Derkhans Gesicht und sie spricht leise mit sich selbst. Sie denkt an Andrej, doch es ist schwer in dieser Nacht, sich schuldig zu fühlen, selbst wenn mit Recht. Das Gewissen schlägt, ein Anflug von Reue umdüstert die Seele, doch in dem Rieseln des lauen Regens, hoch über den Lichtern der Stadt, die zahlreich sprießen wie Unkraut, ist es schwer, sich nicht in die Augen zu schauen und in gemeinsamer staunender Freude zu lächeln oder leise zu gurren.
    Die Falter sind nicht mehr.
    Es war ein furchtbarer Preis zu zahlen, ein Blutzoll. Doch heute Nacht, als wir uns in einem Dachverschlag in Pincod zur Ruhe legen, fern von den Gleistrossen der Miliz, nördlich von den Gleisen und der Erbärmlichkeit der Dark Water Station, fühlen wir uns als Sieger.
     
    Am Morgen sind die Zeitungen voller düsterer Prophezeiungen. Der Einspruch! und der Bote deuten beide an, dass man von Seiten der Regierung strenge Maßnahmen ergreifen wird.
    Derkhan schläft lange, dann sitzt sie allein abseits; ihre Trauer und ihre Schuld haben endlich Raum zu reifen. Lin wälzt sich unruhig in einem Zustand tiefer als Schlaf. Isaac döst und isst den Proviant, den wir gestohlen haben. Die meiste Zeit sitzt er da und wiegt Lin auf dem Schoß. Er spricht in staunenden Worten von Jack Gotteshand.
    Er sortiert die verbeulten und verbogenen Teile der Krisismaschine, schnalzt und spitzt die Lippen. Er versichert mir, er kann sie reparieren, kein Problem.
    Dabei erwacht meine Sehnsucht. Größte Freiheit. Wie ich danach verlange. Fliegen.
    Er liest die entwendeten Zeitungen über meine Schulter mit.
    In Anbetracht der Krisenstimmung wird man die Miliz mit zusätzlichen Vollmachten ausstatten. Es könnte uniformierte Patrouillen geben, mit weiterreichenden Befugnissen. Die Bürgerrechte könnten beschnitten werden. Die Ausrufung des Kriegsrechts droht am Horizont.
     
    Während des ganzen windigen Tages sinken die Fäkalien, die eklen Ausscheidungen, das Traumgift der Gierfalter langsam aus dem Æther und in die Erde. Ich bilde mir ein, ich kann es fühlen, während ich unter diesem ärmlichen Bretterdach liege, wie es sacht um mich herabschwebt, vom Tageslicht vergällt. Es rieselt wie schmutziger Schnee durch die Ebenen, in welche die Stadt eingebettet ist, und weiter durch Lagen von Materie, sickert aus unserer Dimension heraus und vergeht.
    Und wenn die Nacht hereinbricht, bringt die Dunkelheit keine Albträume mit sich.
    Es ist, als ob ein leises Seufzen, ein allgemeines wohlig-ermattetes Aufatmen durch die Stadt weht. Eine Woge der Ruhe rollt von der Nachtseite heran, von Westen, von Gallmarch und Smog Bend nach Gross Coil und Abrogate Green.
    Die Stadt reinigt sich in einer Flut aus Schlaf. Auf modrigen Strohhaufen in Creekside und den Slums, auf schwellenden Pfühlen in Chnum, zusammengedrängt oder allein, schlafen die Bürger New Crobuzons sich gesund.
    Natürlich ruht der Moloch niemals, und es gibt keine Atempause für die Nachtarbeiter in den Docks, keinen Stillstand der Maschinen, wenn in Gießereien und Schmieden die Spätschicht antritt. Die Nacht spricht mit eisernen Zungen, es tönt wie Krieg. Immer noch hüten Wachleute die Vorhöfe von Fabriken. Huren suchen ihren Verdienst, wo sie ihn finden. Es geschehen Verbrechen. Gewalt ist nicht ausgemerzt.
    Aber die Schlafenden und die Wachenden bleiben verschont von fremden Phantomen. Ihre Schrecknisse sind selbst gemacht.
    Wie ein unfassbarer, träger Riese räkelt New Crobuzon sich behaglich in seinen Träumen.
    Ich hatte die Wonnen einer solchen Nacht vergessen.
    Als ich im Licht der Sonne

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