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Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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Zimmer, zurück in den Korridor.
    »Tötet das verfluchte Ding!«, keifte er.
     
    Der Falter vollführte einen Veitstanz in der Mitte des Dachbodens. Die fünf Remade standen an der Tür beisammen. Sie zielten vermittels ihrer Spiegel in den Raum hinter ihnen.
    Drei Fontänen brennenden Gases schlugen aus den Flammenwerfern, brausten sengend über die Körperhülle der riesigen Kreatur. Der Falter versuchte zu schreien, als Flügel und Chitin auflohten, platzten und schmorten, aber die Peitsche hielt die Stimme in seiner Kehle fest. Ein großer Schwall Säure traf den Falter genau ins Gesicht. Sie zersetzte innerhalb von Sekunden die Proteine und Komponenten des Exoskeletts, löste es auf.
    Säure und Feuer zerfraßen auch die Peitschenschnur. Die Überreste fielen bei dem wilden Umsichschlagen des Falters ab, der endlich atmen konnte und schreien.
    Und er schrie, in Folterqualen, als immer neue Fontänen Feuer und Gas ihn trafen, und warf sich blindlings in die Richtung seiner Angreifer.
    Blitze dunkler Energie aus der Waffe des fünften Remade zuckten ihm entgegen, verästelten sich über seine gesamte Körperoberfläche, lähmend und sengend ohne Hitze. Unter gellendem Kreischen stürmte der Falter weiter, ein blindes, loderndes Fanal, Säure speiend und mit zerfressenen Knochenspießen dolchend.
    Die fünf Remade wichen vor dem in Flammentücher gehüllten Ungeheuer zurück, folgten Vielgestalt in den Korridor. Der rauchende, wandelnde Scheiterhaufen prallte gegen die Bretterwände, die Feuer fingen, wälzte sich durch die Tür hinter ihnen her.
    Aus dem kleinen Flur ertönte ein Pandämonium aus Gebrüll und Feuerstößen und zischender Säure und dem giftigen Singen elyktrothaumaturgischer Entladungen.
     
    Eine geraume Weile starrten Derkhan und Yagharek und Isaac stumm und verstört auf die Tür. Man hörte das grelle Kreischen des Falters, an den Wänden des Korridors flackerte der Widerschein der Flammen, Qualm waberte unter der Decke.
    Dann blinzelte Isaac einige Male und schaute auf Lin hinunter, die kraftlos in seinen Armen hing.
    Er zischte sie an, schüttelte sie.
    »Lin«, flüsterte er eindringlich. »Lin, wir müssen weg hier.«
    Yagharek ging mit raschen Schritten zum Fenster und schaute hinaus auf die Straße fünf Stockwerke tiefer. Neben dem Fenster ragte eine kleine Säule aus Backsteinen aus der Mauer, wuchs zu einem Schornstein. Ein Fallrohr führte seitlich daran hinunter. Er stieg behände auf den Fenstersims, griff nach dem Rohr und rüttelte daran. Es saß fest.
    »Isaac, bring Lin her«, sagte Derkhan drängend.
    Isaac hob Lin hoch und biss sich auf die Lippen vor Schreck darüber, wie leicht sie war. Er führte sie zum Fenster. Als er sie anschaute, verzog sein Gesicht sich plötzlich zu einem ungläubigen, einem überglücklichen Lächeln. Er brach in Tränen aus.
    Im Flur hörte man das ersterbende Gewinsel des Gierfalters.
    »Dee, sieh doch«, flüsterte Isaac aufgeregt. Lins Hände gestikulierten fahrig. »Sie gibt Zeichen, sie spricht! Sie wird sich wieder ganz erholen!«
    Derkhan beugte sich zu ihnen, las die Zeichen. Isaac schüttelte den Kopf.
    »Sie ist nicht bei Bewusstsein, es sind nur sinnlose Worte, aber, Dee, es sind Worte … Wir haben sie der Bestie rechtzeitig aus den Krallen reißen können!«
    Derkhan lächelte froh. Sie gab Isaac einen Schmatz auf die Wange und streichelte sanft über Lins blessierten Kopfkäfer.
    »Bringen wir sie in Sicherheit«, sagte sie leise.
    Isaac schaute aus dem Fenster und zu dem Garuda, der sich ein paar Meter entfernt auf einem kleinen Vorsprung in eine Mauerecke gedrückt hatte.
    »Gebt sie mir her und kommt dann nach«, sagte Yagharek. Er deutete mit einer Kopfbewegung nach oben. Am östlichen Ende schloss an das lang gestreckte Satteldach von Vielgestalts Hauptquartier die nächste Straße an, die scharf nach Süden abknickte, gesäumt von Häusern in absteigender Folge. Über ihnen und ringsumher erstreckte sich das Dächerpanorama von Bonetown, ein zerklüftetes Hochplateau, verknüpfte Inseln aus Schiefer über den gefährlichen Straßen, die sich meilenweit in die Dunkelheit breiteten, von den Rippen ausgehend nach Mog Hill und weiter, weiter.
     
    Selbst dann noch, lebendigen Leibes verzehrt von Flammengarben und Säure, erschüttert von Schlägen obskurer Energie, hätte der letzte Gierfalter überleben können.
    Er war ein Geschöpf von außerordentlicher Zähigkeit, begabt mit ans Wunderbare grenzenden

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