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Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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wiederholte sie ihre Frage. Isaac schaute zu ihr auf und schüttelte den Kopf, nicht verneinend, sondern ratlos.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Bitte …«
    Er schaute auf Lin, die schlief. Er sank gegen sie und legte eine Hand über die Augen.
    Nach minutenlangem Schweigen unterbrach Kar’uchai ihr Auf- und Abwandern und rief seinen Namen.
    Er zuckte zusammen, als hätte er ihre Anwesenheit vergessen.
    »Ich werde gehen. Ich ersuche dich nochmals – bitte verhöhne nicht unsere Gerechtigkeit. Rühre nicht an unserem Urteil.« Sie nahm den Stuhl von der Tür weg und ging hinaus. Man hörte auf dem Weg die Treppe hinunter ihre bekrallten Füße auf den abgetretenen Holzstufen scharren.
     
    Isaac saß in dem kahlen Zimmer, streichelte Lins irisierende Flügeldecken – jetzt durchzogen von Spannungsrissen und Sprüngen – und dachte über Yagharek nach.
    Nicht in deine Vorstellungswelt übertragen, hatte Kar’uchai gewarnt, aber wie sollte er es verhindern?
    Er stellte sich vor, wie Kar’uchais Flügel in der Umklammerung von Yaghareks Armen vor Zorn bebten. Oder hatte er sie mit einer Waffe bedroht? Einem Messer? Seiner verfluchten Peitsche?
    Zum Teufel damit, begehrte er auf, während sein geistesabwesender Blick über die Teile der Krisismaschine wanderte. Was jucken mich ihre Gesetze? Freiheit den Gefangenen, das war immer das Credo vom Lauffeuer.
    Aber die Cymek-Garuda lebten nicht nach dem Normen der Bürger von New Crobuzon. Bei ihnen gab es keine Richter, erinnerte sich Isaac, keine Gerichtshöfe oder Vollstreckungsfabriken, keine Steinbrüche und Müllkippen, für die man Remade brauchte, keine Miliz, keine Politiker. Strafen wurden nicht von bestechlichen Notabein zugemessen.
    So hatte man es ihm erzählt. So erinnerte er sich. Der Clan hat abgestimmt.
    Und? Änderte das etwas an der Sache?
    In New Crobuzon erfolgte Bestrafung zu jemandes Nutzen. Irgendeinem Interesse wurde gedient. War das anders im Cymek? Wurde dadurch das Verbrechen abscheulicher?
    War ein Garudavergewaltiger schlimmer als ein des gleichen Verbrechens schuldiger Mensch?
    Wer bin ich, das zu entscheiden?, dachte Isaac in plötzlich aufwallendem Ärger und stapfte zu seiner Maschine, hob seine Berechnungen auf und wollte weiterarbeiten, aber: Wer bin ich, das zu entscheiden?, dachte er mit einem Gefühl hohler Ungewissheit, als hätte ihm jemand den Boden unter den Füßen weggezogen, und er ließ Blätter und Stift langsam sinken.
    Immer wieder flog sein Blick zu Lins Schenkeln. Von den Blutergüssen war kaum noch etwas zu sehen, aber seiner Erinnerung hatten sie sich unauslöschlich eingeprägt, in aller brutalen Deutlichkeit.
    Sie hatten besonders dicht und in bedeutungsvoller Anordnung die Haut an ihrem Unterbauch und den Innenseiten der Schenkel fast schwarz gefärbt.
    Lin regte sich und erwachte, umarmte ihn und zuckte zurück, wie plötzlich erschrocken, und Isaac knirschte mit den Zähnen bei dem Gedanken, was man ihr angetan haben mochte. Er dachte an Kar’uchai.
    Ganz falsch, ermahnte er sich. Genau das sollst du nicht tun, hat sie gesagt. Nicht Vergewaltigung ist das Verbrechen, hat sie gesagt …
    Doch es war zu schwer. Isaac konnte nicht dagegen an. Wenn er an Yagharek dachte, dachte er an Kar’uchai, und dachte er an sie, dachte er an Lin.
     
    Das ist das Pferd vom Schwanz her aufgezäumt, dachte er.
    Allein auf der Grundlage von Kar’uchais Wort war er nicht imstande, die Tat zu beurteilen. Er konnte nicht entscheiden, ob es seine Pflicht und Schuldigkeit war, Garudagesetz zu respektieren oder nicht: wie sollte er, wenn er nur eine Seite gehört hatte? Daher war es natürlich, es war unvermeidlich und vernünftig, dass er sich für seine persönliche Urteilsfindung auf persönliche Kriterien stützte: seinen Skeptizismus, die Tatsache, dass Yagharek sein Freund war. Sollte er seinem Freund vorenthalten, was dieser sich wünschte, weil die Gesetze Fremder es ihm nahe legten?
    Er dachte daran, wie Yagharek als Kundschafter das Glashaus erklommen hatte, Seite an Seite mit ihm gegen die Miliz kämpfte.
    Er dachte daran, wie Yaghareks Peitsche sich um den Hals des Gierfalters schlang, ihn zwang, von Lin abzulassen.
    Doch wenn er an Kar’uchai dachte, an das, was ihr angetan worden war, dachte er Vergewaltigung. Und dachte an Lin, was sie bei Vielgestalt erduldet hatte, bis sein Magen rebellierte und er glaubte, sich vor Wut und Hass übergeben zu müssen.
    Er versuchte, alles Persönliche außer Acht zu lassen.
    Er

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