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Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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sah, dass sie nur zu zweit waren. »Wo ist Yagharek?«
    »Er bestand darauf, dass er etwas zu erledigen hätte. Wir wollten ihn zurückhalten, aber er war fest entschlossen. Er sagt, er trifft uns hier – Morgen um sechs.«
    Lemuel fluchte. »Wie konntet ihr ihn gehen lassen? Wenn sie ihn nun erwischen?«
    »Dammich, Lem, was hätte ich tun sollen?«, fauchte Isaac. »Ich kann mich nicht auf ihn setzen. Vielleicht geht es um irgendwas Religiöses, irgendein Kult von zu Hause. Womöglich glaubt er, er muss sterben, und will sich von seinen Vorfahren verabschieden. Ich sagte ihm, geh nicht, und er ist gegangen.«
    Lemuel brummte ärgerlich. »Schön, was soll’s.« Er blickte über die Schulter. Isaac sah einen kleinen Trupp Gestalten näher kommen. »Das sind unsere neuen Angestellten. Setze ich alles mit auf die große Rechnung, Isaac.«
    Es waren drei, auf den ersten Blick und zweifelsfrei als Aventuriers zu erkennen, raue Gesellen, die Ragamoll und den Cymek durchstreiften, Fellid und wahrscheinlich ganz Bas-Lag. Hart gesotten und gefährlich, gesetzlos, ohne Bindungen oder Moral, lebten sie von ihrer Schläue, Raub und Mord, und verdingten sich für klingende Münze an jeden, ohne zu fragen, ob die Sache gerecht oder ungerecht war. In ihrer Zunft galt ein dubioser Ehrenkodex.
    Einige von ihnen leisteten Nützliches als Forscher, Kartografen und dergleichen. Die meisten waren weiter nichts als Grabräuber. Sie waren Abschaum der Gesellschaft und pflegten eines gewaltsamen Todes zu sterben, erfreuten sich aber wegen ihrer unbestreitbaren Kühnheit und ihrer gelegentlich beeindruckenden Taten einer gewissen Beliebtheit bei romantischen, kindlichen Gemütern.
    Isaac und Derkhan beäugten sie ohne Begeisterung.
    »Das«, sagte Lemuel und zeigte der Reihe nach auf jeden der drei, »sind Shadrach, Pengefinchess und Tansell.«
    Die drei maßen ihrerseits Isaac und Derkhan mit dreister, überheblicher Arroganz.
    Shadrach und Tansell waren Menschen, Pengefinchess war Vodyanoi. Shadrach gab offenbar den harten Mann des Trios. Er war groß, untersetzt, gepanzert mit einem bunten Flickwerk von Rüstungsteilen aus nietenbesetztem und glattem Leder und gehämmerten Eisenplatten an Schultern, Brust und Rücken. Die ganze Montur trug Dreckspritzer vom Marsch durch die Kanalisation.
    Isaacs Blick folgend, schaute er an sich hinunter. »Lemuel hat uns gewarnt, es könnte heftig werden«, sagte er mit einer unerwartet melodischen Stimme. »Deshalb kommen wir entsprechend gerüstet.«
    An seinem Gürtel schwangen eine mächtige Pistole und ein großes, gewichtiges Haumesser. Der Pistolenlauf war interessant gestaltet, zu einer gehörnten Dämonenfratze; das aufgerissene Maul war die Mündung. Eine trichterförmige Trombon hüpfte auf seinem Rücken, daneben ein schwarzer Schild. In der Stadt wäre er keine drei Schritt weit gekommen, ohne verhaftet zu werden. Kein Wunder, dass sie den Weg durch das Souterrain gewählt hatten.
    Tansell war größer als Shadrach, aber von erheblich schlankerem Körperbau. Er schien einigen Wert auf die Qualität seiner Rüstung zu legen, und auch auf ein gefälliges Aussehen. Sein Wams war dunkelbraun, Lagen aus steifem Cuirbouillie – in Wachs gekochtes Leder – mit einem gepunzten Spiralenmuster. Er führte eine kleinere Pistole als Shadrach, ein Terzerol, und ein elegantes Rapier.
    »Was liegt an?«, fragte Pengefinchess.
    Ihre Stimme verriet Isaac, dass sie weiblichen Geschlechts war. Bei den Vodyanoi lagen sämtliche diesbezüglichen körperlichen Charakteristika, die einem unerfahrenen Menschen als Anhaltspunkt hätten dienen können, unter dem typischen Lendenschurz verborgen.
    »Nun …«, sagte er gedehnt, während er sie musterte.
    Sie hockte sich wie ein Frosch vor ihm auf den Boden und erwiderte seinen Blick. Ihr einteiliges, weißes Kleidungsstück war fleckenlos sauber – wundersamerweise, in Anbetracht des Wegs, den sie gekommen waren. An Hand- und Fußgelenken schloss es mit engen Bündchen ab, aus denen die großen, amphibischen Hände und Füße herausschauten. An Waffen trug die Vodyanoi einen jetzt aufgekrümmten Bogen nebst verschlossenem Köcher über der Schulter und ein Knochenmesser im Gürtel. Ein großer Beutel aus der Haut irgendeines Reptils war um ihren Bauch geschlungen. Isaac konnte nicht erkennen, was sich darin befand.
    Vor Isaacs und Derkhans staunenden Augen geschah etwas höchst Befremdliches unter Pengefinchess’ Kleidung, eine hurtige, schlüpfende Bewegung,

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