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Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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als ob sich etwas rasch um ihren Körper ringelte und verschwand. Auf der Bahn des unerklärlichen Wellenschlags war der weiße Nessel ihres formlosen Gewands plötzlich vollkommen durchnässt und klebte an ihrer Haut – und von einer Sekunde zur anderen wieder völlig trocken, als würde jedes Atom Feuchtigkeit herausgesaugt. Isaac zwinkerte verdutzt.
    Pengefinchess schaute beiläufig an sich hinunter. »Das ist meine Undine. Ich versorge sie mit bestimmten Substanzen, dafür bleibt sie bei mir, hält mich feucht und am Leben. Mit ihrer Hilfe kann ich viel länger in trockenen Gegenden unterwegs sein, als es mir sonst möglich wäre.«
    Isaac nickte. Er hatte nie zuvor einen Wassergeist gesehen. Faszinierend.
    »Hat Lemuel euch aufgeklärt, mit was für einem Problem wir es zu tun haben?«, fragte er. Die Aventuriers nickten, unbekümmert. Nicht einmal aufgeregt. Isaac kam die Galle hoch.
    »Diese Falter, oder was auch immer, sind nicht die einzigen Biester, die man besser nicht anschauen sollte, Meister«, sagte Shadrach. »Ich kann mit geschlossenen Augen töten, wenn es sein muss.« Er sprach mit nüchternem, undramatischen Selbstvertrauen. »Dieser Gürtel?« Er tippte mit dem Zeigefinger dagegen. »Catoblepashaut. Habe ich in den Randgebieten von Tesh erlegt. Habe mich auch gehütet, den Racker anzusehen, oder ich wäre tot. Wir kommen zurecht mit diesen Faltern, keine Sorge.«
    »Das hoffe ich«, sagte Isaac grimmig. »Wenn alles glatt geht, kommt es vielleicht gar nicht zu einer Konfrontation mit ihnen. Ich denke, Lemuel fühlt sich einfach wohler mit etwas Rückendeckung, für alle Fälle. Wir hoffen, dass die Konstrukte uns die Arbeit abnehmen.«
    Ein Zucken flog um Shadrachs Lippen, das aller Wahrscheinlichkeit nach Verachtung ausdrückte.
    Lemuel ergriff das Wort. »Tansell ist ein Metallothaumaturg, stimmt’s?«
    »Tja – ich beherrsche ein paar Techniken, um Metall zu bearbeiten.«
    »Es ist nichts sonderlich Kompliziertes«, erklärte Isaac. »Nur ein paar Schweißarbeiten. Hier entlang.«
    Er führte sie zu der Stelle, wo die Spiegel und die übrigen Zutaten für die Helme versteckt waren.
    »Material haben wir reichlich.« Isaac hockte sich neben den Stapel. Er nahm ein Nudelsieb, ein Stück Kupferrohr und, nach kurzem Suchen, zwei große Spiegelscherben. Alles zusammen hielt er Tansell hin. »Daraus sollte ein gut passender Helm werden – und dann brauchen wir noch einen für einen Garuda, der momentan nicht hier ist.« Er ignorierte den Blick, den Tansell mit seinen Gefährten tauschte. »Zusätzlich müssen diese Spiegel angebracht werden, und zwar so, dass man in ihnen sehen kann, was sich hinter einem befindet. Glaubst du, das kriegst du hin?«
    Tansell schaute Isaac mit hochgezogenen Brauen an, dann ließ er sich mit verschränkten Beinen vor dem Haufen Metall und Glas nieder. Er stülpte sich das Sieb auf den Kopf wie ein Kind beim Soldat spielen, dabei flüsterte er leise vor sich hin, ein geisterhaftes Raunen, und massierte mit raschen, kundigen Bewegungen seine Hände. Er zog an den Knöcheln, knetete die Ballen der Handflächen.
    Mehrere Minuten lang geschah nichts. Dann, ganz plötzlich, fingen seine Finger von innen heraus an zu leuchten, als hätten seine Knochen sich entzündet wie Lampen.
    Er hob die Hände zum Kopf und streichelte das Sieb, so sanft wie ein kleines Kätzchen.
    Allmählich veränderte sich das Metall unter seinen beschwörenden Fingern. Es wurde weich, gefügig, schmiegte sich an seinen Kopf, schmaler an den Seiten, im Nacken breiter. Tansell zog und knetete behutsam, bis das Sieb die Form einer Sturmhaube angenommen hatte. Dann, unter fortgesetztem beschwörendem Gemurmel, zupfte er am vorderen Rand entlang, bog ihn nach oben und zurück.
    Das getan, hob er das Kupferrohr auf, hielt es in den geschlossenen Fäusten und leitete Energie durch seine Handflächen.
    Widerstrebend bog sich das Metall. Tansell setzte die beiden Enden des Rohrs links und rechts an den Siebhelm, ein wenig oberhalb der Schläfen, dann drückte er fest, bis jedes Teil die Oberflächenspannung des anderen durchbrach und die Abgrenzung zwischen den verschiedenen Metallen aufgehoben war. Mit einem leisen, zischenden Knistern verschmolzen das Kupferrohr und das eiserne Sieb.
    Tansell formte den bizarren Auswuchs an der Stirn des neu entstandenen Helms zu einem abgewinkelten Halbreif, der ungefähr dreißig Zentimeter vorragte. Er tastete nach den Spiegelscherben, schnippte mit den Fingern, bis

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