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Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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kritzelte obskure Formeln in sein Büchlein.
    »Ich werde ein Invisibulum versuchen«, erklärte er. »Ihr seid zu sichtbar. Weshalb ein unnötiges Risiko eingehen?« Shadrach nickte. »Schade, dass wir die Konstrukte nicht einbeziehen können.« Tansell winkte die mechanischen Affen beiseite. »Penge, darf ich dich bitten, mir zu helfen? Ich könnte etwas Unterstützung gebrauchen, diese Kadabras nehmen einen ganz schön mit.«
    Die Vodyanoi schob sich näher an ihn heran und legte ihre linke Hand in Tansells rechte. Beide konzentrierten sich mit geschlossenen Augen. Eine Minute lang verharrten sie stumm und regungslos, dann hoben beide gleichzeitig die Lider.
    »Macht die verdammten Lampen aus!«, zischte Tansell und Pengefinchess Lippen bewegten sich lautlos mit den seinen. Shadrach und die anderen schauten sich um, was er wohl meinte, als sie ihn mit gerunzelten Brauen auf die Fackeln über ihren Köpfen starren sahen.
    Shadrach handelte sofort. Er winkte Yagharek, trat an die nächste Straßenlampe, ging leicht in die Knie, nahm festen Stand und verschränkte die Hände zu einem Tritt.
    »Nimm deinen Umhang«, befahl er. »Steig rauf und wirf ihn über die Flamme.«
    Isaac war vermutlich der Einzige, der Yaghareks lidschlagkurzes Zögern bemerkte und wusste, dass er Zeuge unerhört großen Mutes war, als Yagharek gehorchte und seine letzte Tarnung aufgab. Er öffnete die Spange des Umhangs und stand da, ihren Blicken preisgegeben, den Kopf mit Krummschnabel und Federn unbedeckt, die ungeheure Leere hinter seinem Rücken ein Schrei, die Narben und Flügelstümpfe nur mehr bedeckt von einem dünnen Hemd.
    Yagharek bog die starken Raubvogelkrallen so behutsam wie möglich um Shadrachs verschränkte Hände und stellte sich hin. Shadrach stemmte den Garuda mit seinen luftgefüllten Knochen mühelos in die Höhe. Yagharek warf seinen schweren Umhang über die klebrige, spuckende Fackel. Sie erlosch mit einem Puff schwarzen Qualms, und sogleich stürzten sich von allen Seiten die Schatten auf sie wie Räuber.
    Er stieg wieder herunter und eilte mit Shadrach zu der nächsten Fackel, die in ihrer Gasse noch brannte. Sie wiederholten die Prozedur, und die schmale Backsteinschlucht füllte sich mit Schwärze.
    Als er wieder unten stand, schüttelte Yagharek seinen verdorbenen Umhang aus, verschmort, voller Brandlöcher und mit Pech beschmiert. Er betrachtete ihn einen Moment und warf ihn dann in eine Ecke. In seinem schmutzigen Hemd wirkte er schmächtig und verloren. Am Gürtel hingen jetzt deutlich sichtbar Peitsche und Stilett.
    »Stellt euch da drüben hin, wo es ganz dunkel ist«, befahl Tansell in scharfem Flüsterton. Auch diesmal ahmte Pengefinchess lautlos seine Lippenbewegungen nach.
    Shadrach trat rückwärts in eine kleine Nische, zog Isaac und Yagharek mit und drückte sie an die Mauer.
    Tansell warf ihm mit einer steifen Armbewegung das Ende einer Rolle Kupferdraht zu. Shadrach fing es auf. Er bog sich eine Schlinge Draht um den Hals, dann nacheinander seinen beiden Gefährten. Isaac sah, dass das andere Ende des Drahts in einem handgroßen Apparat verschwand, einem Generator, dessen Sperre Tansell löste, sodass die Federkraft den Mechanismus in Gang setzte.
    »Bereit«, sagte Shadrach.
    Tansell summte und raunte, dazwischen stieß er seltsame Laute aus. Er war so gut wie unsichtbar. Isaac sah ihn nur noch als schemenhafte Gestalt, die vor Anstrengung an allen Gliedern zitterte. Das Murmeln wurde beschwörender.
    Isaac durchfuhr ein elyktrischer Schlag. Er zuckte und spürte, wie Shadrach ihn fest hielt. Seine Haut kribbelte; wo der Draht ihn berührte, fühlte er die Elyktrizität in seine Poren dringen.
    Das Gefühl dauerte eine Minute an und wurde schwächer, als die Maschine ablief.
    »In Ordnung«, krächzte Tansell. »Lasst mich sehen, ob es gewirkt hat.«
    Shadrach trat aus der Nische hinaus auf die Gasse.
    Die Schatten kamen mit.
    Um ihn waberte eine diffuse Aura aus Dunkelheit, wie sie ihn auch in der Nische umhüllt hatte, wo kein Licht ihn erreichen konnte. Isaac starrte ihn an, sah den Fleck tiefes Schwarz in den Augenhöhlen des Mannes und unter seinem Kinn. Shadrach trat langsam vor und in den Lichtschein der Fackeln an der Kreuzung ein Stück weit entfernt.
    Die Schatten auf seinem Gesicht und seinem Körper veränderten sich nicht. Sie blieben genau so, als stünde er noch in der Mauernische, außer Reichweite des zuckenden Fackelscheins, und hüllten ihn in ein von Schwarz nach Grau

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