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Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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hineinfand. Es speiste eine stehende, brackige Jauche voller Unrat und Verwesung.
    Der Gestank beleidigte Yaghareks Nase. Er entfernte sich ein Stück, huschte zu den klobigen Resten einer Mauer, die aus dem Schutt der zurechtgestutzten Häuser ragte. Derweil ging in den Straßen des Glashauses das Rufen und Laufen weiter. Unsinnige Aufforderungen, doch etwas zu unternehmen, schwirrten durch die Luft.
    Er wollte es sich bequem machen, im Rahmen des Möglichen, um auf Shadrach und die anderen zu warten, als plötzlich um ihn herum der Boden in Bewegung geriet. Ziegelschutt wölbte sich zu Hügeln, kleine Lawinen kollerten. Isaac und Shadrach, Pengefinchess und Derkhan und Lemuel und Tansell entstiegen der Ziegelstaubwolke. Ein Wust aus Draht und Glas hinter ihnen entwirrte sich zu zwei weiteren Affenkonstrukten, die sich zu ihren Kameraden gesellten.
    Einen Moment lang sagte keiner etwas, dann stolperte Isaac auf Yagharek zu, eine Spur aus Asche und Dreck hinter sich herziehend. Der Modder der Kanalisation an seiner Kleidung und seinem Beutel war nun bepudert mit dem roten Backsteinmehl der Haustrümmer. Sein Helm – von der gleichen Art wie Shadrachs, kompliziert und mechanisch aussehend – saß lose, zerbeult und lächerlich auf seinem Kopf.
    »Yag«, sagte er stockend. »Was bin ich froh, dich zu sehen, alter Junge, heil und gesund …«
    Er griff nach Yaghareks Hand, und der Garuda, überrumpelt, ließ zu, dass er sie schüttelte.
    Yagharek kam es vor, als zöge man einen Schleier vor seinem Bewusstsein weg, von dem er nicht gewusst hatte, dass er da war. Er schaute sich um und nahm erst jetzt Isaac und die anderen klar und deutlich wahr. Eine verspätete Erleichterung durchströmte ihn. Sie waren dreckig und zerschunden, aber keiner schien verletzt zu sein.
    »Hast du das gesehen?«, fragte Derkhan aufgeregt. »Wir waren gerade nach oben gestiegen – wir brauchten eine Ewigkeit, um einen Weg durch das verdammte Labyrinth da unten zu finden, wir hörten Geräusche …«
    Sie schüttelte ihren Kopf bei der Erinnerung. »Wir stiegen aus einem Schacht und befanden uns in einer Straße gleich da hinten. Chaos, totales Chaos! Die Patrouillen rannten zu dem Tempel, und wir sahen diese – diese Lichtkanone. Das letzte Stück Weg war ein Kinderspiel. Niemand kümmerte sich um uns …«
    Sie ließ den Satz in der Luft hängen. »Wir haben nicht gesehen, was genau passiert ist«, schloss sie nüchtern.
    Yagharek holte tief Atem. »Die Falter sind hier«, sagte er. »Ich habe ihr Nest gesehen. Ich kann uns hinführen.«
    Die anderen waren elyktrisiert.
    »Wissen denn die verdammten Kaktusse nicht, wo ihre Untermieter hausen?«, fragte Isaac.
    Yagharek schüttelte den Kopf (eine menschliche Gebärde, die erste, die er sich angeeignet hatte). »Sie wissen nicht, dass die Gierfalter in ihren Häusern schlafen«, erklärte er. »Ich habe sie rufen gehört: Sie glauben, die Falter kommen von draußen herein, um sie anzugreifen, als Eindringlinge. Und sie haben keine Ahnung …«
    Yagharek dachte zurück an die panikerfüllte Szene oben auf dem Dach des Tempels, an die unbehelmten Kaktusältesten, die tapferen, dummen Soldaten, die herbeistürmten und sich glücklich schätzen konnten, zu spät gekommen zu sein, denn sie ersparten sich einen schlimmen, sinnlosen Tod. »Sie haben keine Ahnung, wie sie sich der Falter erwehren sollen«, sagte er.
    Während er sie anschaute, schlängelte sich Pengefinchess Undine unter dem Hemd über ihren Körper, spülte den Staub von ihrer Haut und aus dem Stoff, sodass sie strahlend sauber zwischen den anderen hervorstach.
    »Wir müssen ihr Nest zerstören«, sagte Yagharek. »Ich kann uns hinführen.«
    Die Aventuriers nickten und überprüften ihre Waffen und Ausrüstung. Isaac und Derkhan wirkten wenig begeistert, setzten aber eine entschlossene Miene auf. Lemuel wandte sarkastisch den Blick ab und fing an, sich mit dem Messer die Fingernägel zu reinigen.
    »Es gibt noch etwas, das ihr wissen müsst.« Yagharek sprach zu allen, und es lag etwas Gebieterisches in seiner Stimme, das die anderen veranlasste zuzuhören. Tansell und Shadrach schauten von ihren Rucksäcken auf, deren Inhalt sie sortierten. Pengefinchess hob den Blick von ihrem Bogen. Isaac musterte Yagharek mit einem Ausdruck schicksalsergebener Resignation.
    »Drei Falter sind durch den Spalt in der Kuppel geflohen, mit ihrer Beute. Doch es sind vier. Vermishank hat es uns gesagt. Vielleicht hat er sich geirrt, vielleicht hat

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