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Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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verblassendes Halo.
    Nicht nur das, eine unerklärliche Stille begleitete den Mann, selbst wenn er sich bewegte, fast, als ob ihr Bemühen um Verstohlenheit in die Schatten eingeflossen wäre, die ihn einhüllten. Er schritt vorwärts, und doch entstand der Eindruck, dass er sich nicht von der Stelle bewegte. Das Auge konnte ihm folgen, wenn man wusste, wo er war, und sich bemühte, den Blick an ihm festzumachen. Doch es war leichter, ihn einfach zu übersehen.
    Shadrach winkte Isaac und Yagharek zu sich.
    Bin ich wie er?, dachte Isaac und trat mit einem seltsamen Gefühl hinaus in die etwas lichtere Dunkelheit der Gasse. Schlüpfe ich am Rand eures Gesichtsfeldes vorbei? Bin auch ich so gut wie unsichtbar in meinem Schattenmantel?
    Er schaute zu Derkhan hinüber und erkannte an ihrem entgeisterten Gesichtsausdruck, dass es sich wahrhaftig so verhielt. Auch Yagharek, links von ihm, war nur mehr ein Schemen.
    »Sobald es hell wird, verschwindet«, flüsterte Shadrach seinen Freunden zu. Tansell und Pengefinchess nickten. Sie hatten sich getrennt und schüttelten beide benommen den Kopf. Tansell hob als Abschiedsgruß die Hand.
    Shadrach gab Isaac und Yagharek ein Zeichen und trat aus der düsteren Gasse in den blakenden Fackelschein an der Fassade der Häuser. Die Affen folgten ihnen, sie bewegten sich langsam und so geräuschlos wie möglich. Neben den zwei Menschen und dem Garuda blieben sie stehen, das rote Licht spiegelte sich düster auf ihren zerschrammten, verbeulten Blechrümpfen.
    Dasselbe Licht lief an den drei behexten Eindringlingen herab wie dünnflüssiges Öl an einer Klinge. Es fand keinen Halt an ihnen. Drei Phantasmen schritten, gefolgt von fünf gedämpft klappernden blechernen Affen, über die leere Straße zu dem Haus der Gierfalter hinüber.
     
    Die Kaktusleute ließen der Tradition entsprechend ihre Türen unverschlossen. So konnten auch Besucher mit unlauteren Absichten ihre Häuser ungehindert betreten. Shadrach und seine Begleiter machten Gebrauch davon.
    Isaac trat hinter Shadrach in den fremden, merkwürdigen Geruch des Hauses: nach Kaktussaft und exotischen Speisen. Töpfe mit Wüstenpflanzen standen im Vestibül, bei zu wenig Licht und Luft zwischen Mauern eingesperrt, sahen sie welk und kümmerlich aus.
    Shadrach blieb auf der Treppe stehen und drehte sich zu Isaac und Yagharek herum. Betont langsam legte er den Finger an die Lippen, dann ging er weiter.
    Auf den letzten Stufen vor dem ersten Stock hörten sie sonore Kaktusstimmen, die sich leise unterhielten. Yagharek übersetzte, was er verstehen konnte – von Angst war die Rede, und dass man den Ältesten vertrauen müsse. Der Flur war kahl und schmucklos. Shadrach blieb stehen, und Isaac, dicht hinter ihm, sah über seine Schulter hinweg, dass die Tür zur Wohnung der Kaktusleute weit offen stand.
    Er blickte in einen großen Raum, außergewöhnlich hoch, weil man, wie Isaac an dem umlaufenden Sims aus den Köpfen abgesägter Balken und Dielenbretter erkannte, im Zimmer darüber den Fußboden herausgerissen hatte. Eine Gaslampe brannte mit niedriger Flamme. Ein Stück hinter der Tür sah Isaac mehrere schlafende Kaktusleute stehen, die säulenartigen Beine wie im Boden verankert, aufrecht, imposant. Zwei andere waren noch wach; zueinander geneigt flüsterten sie miteinander.
    Schritt für Schritt, sehr behutsam, stieg Shadrach die letzten Stufen hinauf und schlich bis zur Tür. Dort blieb er stehen, schaute zurück, zeigte auf eins der Konstrukte, dann neben sich auf den Boden. Er wiederholte die Pantomime. Isaac begriff. Er beugte sich zu den Auraleingängen eines Konstrukts hinunter und raunte ihm Anweisungen zu.
    Es kletterte mit einem gedämpften blechernen Scheppern die Stufen hinauf – Isaac wand sich, aber die Kaktusleute schienen es nicht zu hören. Oben angekommen, hockte es sich stumm neben Shadrach nieder, von seiner magisch umschatteten Gestalt gegen Blicke aus dem Zimmer abgeschirmt. Isaac schickte ein zweites Konstrukt hinterher und gab Shadrach ein Zeichen, los!
    Auf allen vieren kroch der Aventurier an der Türöffnung vorbei und gab Acht, dass die Konstrukte von seinem Körper verdeckt blieben. Sie waren nicht von einem Schattenzauber geschützt, und ihre metallenen Rümpfe hätten das Licht reflektiert, das aus dem Zimmer fiel. Shadrach schob sich, ohne innezuhalten, durch das Blickfeld der Kaktusleute im Zimmer und am Türpfosten vorbei in die Dunkelheit des Flurs dahinter.
    Dann war Isaac an der Reihe.
    Er

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