Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)
der Menschheit und eine tiefe Liebe zur altägyptischen Kultur. Er suchte nach der Wahrheit, nicht nach Ruhm. Die Übersetzung des Rosettasteins war seine erklärte Lebensaufgabe, und er war daher bereit, so lange daran zu arbeiten, bis er das Rätsel gelöst hatte, selbst wenn es 20 Jahre oder länger dauerte. Er vertiefte sich in das Thema und ging das Problem nicht mit Formeln an. Stattdessen durchlief er eine harte Ausbildung in den Sprachen der Antike und Koptisch. Am Ende erwies sich seine Kenntnis des Koptischen als der Schlüssel zur Lösung des Rätsels. Durch seine Sprachkenntnisse verstand er, wie komplex Sprachen sein konnten, weil sie die Komplexität der entsprechenden Gesellschaft widerspiegeln. Als er im Jahr 1821 schließlich wieder mit ungeteilter Aufmerksamkeit zum Rosettastein zurückkehrte, schaltete sein Denken in den kreativ-aktiven Modus. Er betrachtete das Problem nun aus einem ganzheitlichen Blickwinkel. Seine Entscheidung, zunächst die beiden Schriften – demotisch und Hieroglyphen – rein bildlich zu betrachten, war ein Geniestreich. Er dachte in größeren Dimensionen und entdeckte dabei genug, um das Geheimnis der Sprachen zu lüften.
Viele Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen wenden eher Youngs Methode an. Egal ob sie Wirtschaft, den Körper und die Gesundheit des Menschen oder die Funktionsweise des Gehirns studieren, sie arbeiten meist mit Abstraktionen und Vereinfachungen. Sie reduzieren hoch komplexe und interaktive Probleme auf Module, Formeln, übersichtliche Statistiken oder einzelne Organe, die seziert werden können. Diese Herangehensweise kann zu einem Ausschnitt der Realität führen, wie man auch beim Sezieren einer Leiche etwas übe den menschlichen Körper erfahren kann. Aber diesen Vereinfachungen fehlt das lebende, atmende Element. Sie sollten daher dem Champollion-Modell folgen. Sie haben es nicht eilig. Bevorzugen Sie eine ganzheitliche Sichtweise. Betrachten Sie ihr Untersuchungsobjekt aus möglichst vielen Blickwinkeln und geben Sie ihren Gedanken zusätzliche Dimensionen. Gehen Sie davon aus, dass die Teile eines Ganzen miteinander interagieren und nicht vollständig voneinander getrennt werden können. Nähern Sie Ihr Denken so weit wie möglich der komplizierten Wahrheit und Wirklichkeit ihres Studienobjektes an. So werden sich die großen Mysterien vor ihren Augen offenbaren.
9. Alchemistische Kreativität und das Unterbewusstsein
Die Künstlerin Teresita Fernández (geboren 1968) war schon lange fasziniert von der Alchemie – einer frühen Wissenschaft, deren Ziel in der Herstellung von Gold aus einem Ausgangsstoff bestand. (Mehr zu Fernández finden Sie auf den Seiten 186–190.) Die Alchemisten glaubten, die Natur funktioniere durch die konstante Interaktion von Gegensätzen – Erde und Feuer, Sonne und Mond, männlich und weiblich, hell und dunkel. Wenn man diese Gegensätze miteinander vereinigte, erführe man die größten Geheimnisse der Natur, könne etwas aus dem Nichts erschaffen, und Staub zu Gold verwandeln.
Fernández entdeckte in der Alchemie viele Ähnlichkeiten mit dem künstlerischen und kreativen Prozess. Zunächst entsteht dabei ein Gedanke oder eine Idee im Kopf des Künstlers. Diese Idee verwirklicht der Künstler oder die Künstlerin dann als Kunstwerk, das ein drittes Element erzeugt: die Reaktion des Betrachters – eine bestimmte Emotion, die der Künstler hervorrufen wollte. Bei diesem magischen Prozess wird die künstlerische Idee Wirklichkeit und löst starke Emotionen im Betrachter aus – etwas entsteht aus dem Nichts und Staub wird zu Gold transformiert.
Alchemie basiert auf der Vereinigung mehrerer gegensätzlicher Eigenschaften, und Fernández entdeckte in sich selbst viele gegensätzliche Impulse, die sich in ihrem Werk vereinigten. Sie neigt zum Minimalismus, bei dem möglichst wenig Material für den künstlerischen Ausdruck verwendet wird. Sie mag die Disziplin und die Strenge, zu der die Vorgabe des minimalen Materialaufwands sie zwingt. Sie hat aber auch eine Neigung zur Romantik und sie interessiert sich für Werke, die starke emotionale Reaktionen bei den Betrachtern hervorrufen. Bei ihren Werken mischt sie oft Sinnliches mit Nüchternem. Sie stellte fest, dass ihre Werke einen besonders verwirrenden und traumgleichen Effekt auf die Betrachter haben, wenn sie die Spannungen aus ihrem Inneren zum Ausdruck bringt.
Fernández hatte bereits als Kind ein ausgeprägtes Gefühl für Größenverhältnisse. Sie
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