Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)
aufzubauen. Doch noch während er diesen kleinen Erfolg feierte, fing sein emotionales Auffangnetz an zu bröckeln und brach schließlich ganz weg. Im Jahr 1903 starb Marcels Vater. Seine Mutter überwand diesen Verlust nie. Zwei Jahre später starb auch sie. Marcel und seine Mutter waren kaum jemals getrennt gewesen, und er hatte sich seit seiner Kindheit vor ihrem Tod gefürchtet. Er fühlte sich völlig allein gelassen und glaubte, er habe nichts mehr, für das es sich zu leben lohnte.
In den folgenden Monaten zog er sich immer weiter aus der Gesellschaft zurück. Er blickte auf sein bisheriges Leben zurück und entdeckte ein Muster, in dem er einen winzigen Hoffnungsschimmer erkannte. Als Ausgleich für seine körperliche Schwäche hatte er mit dem Lesen begonnen und dadurch seine Lebensaufgabe gefunden. In den vergangenen 20 Jahren hatte er ein enormes Wissen über die französische Gesellschaft angesammelt, die verschiedensten Charaktere aus allen gesellschaftlichen Schichten lebten in seinem Kopf. Er hatte mehrere Tausend Seiten geschrieben – einschließlich des misslungenen Romans, kurzer Skizzen für Zeitungen und verschiedene Aufsätze. Mit Ruskin als Vorbild hatte er bei der Übersetzung seiner Werke Disziplin und organisatorische Fähigkeiten entwickelt. Das Leben wirkte auf ihn schon lange wie eine einzige Ausbildung, in der wir alle lernen, uns in der Welt zurechtzufinden. Manche Menschen erkennen die Zeichen mit der Zeit, lernen ihre Lektion aus dieser Ausbildungszeit und entwickeln sich selbst dabei weiter. Andere tun es nicht. Marcel hatte in 20 Jahren eine ausführliche Ausbildung im Schreiben und in der menschlichen Natur durchlaufen, die ihn tief geprägt hatte. Er war krank und erlebte Rückschläge, aber er hatte nie aufgegeben. Das hatte etwas zu bedeuten, vielleicht war all dies ein Hinweis auf seine Bestimmung. Er erkannte, dass all seine Rückschläge einen Sinn haben würden, wenn er sie nur nutzen konnte. Dann hätte er seine Zeit nicht sinnlos vergeudet.
Er musste sein Wissen sinnvoll einsetzen. Dies brachte ihn wieder zu dem Roman zurück, den er nie zustande gebracht hatte. Er hatte immer noch keine Ahnung, wovon er handeln oder wer darin der Erzähler sein sollte. Aber alles, was er brauchte, war bereits in seinem Kopf. Er war einsam und konnte weder seine Mutter noch seine Kindheit und Jugend zurückholen. Aber er würde all dies in seinem Arbeitszimmer, in das er sich verkrochen hatte, wieder neu erschaffen. Er musste einfach nur anfangen. Irgendetwas würde schon daraus werden.
Im Herbst 1908 kaufte Marcel mehrere Dutzend Notizbücher, die man auch in Schulen verwendete, und füllte sie mit Notizen. Er schrieb Aufsätze über Ästhetik, Charakterstudien und Kindheitserinnerungen auf, an die er sich kaum noch erinnerte. Er tauchte tief in diesen Prozess ein, und fühlte, dass eine Veränderung in ihm vorging. Plötzlich passte alles zusammen. Marcel wusste nicht woher, aber er wusste plötzlich, dass die Stimme des Erzählers, die er gesucht hatte, seine Stimme war. Im Mittelpunkt der Handlung stand ein junger Mann, der wegen einer krankhaften Bindung zu seiner Mutter keine eigene Identität entwickelte. Der junge Mann möchte Schriftsteller werden, weiß aber nicht, worüber er schreiben soll. Der Mann wächst heran und lernt die Gesellschaft der Bohème und des Landadels kennen. Er analysiert die Menschen, die er trifft, und entdeckt den Kern ihres Charakters, der unter der oberflächlichen gesellschaftlichen Persona verborgen ist. Er durchlebt mehrere Liebesaffären, in denen er unter extremer Eifersucht leidet. Nach zahlreichen Abenteuern und mit einem zunehmenden Gefühl des Versagens entdeckt er am Ende des Romans, welches Buch er schreiben will – das Buch, das man gerade gelesen hat.
Der Roman sollte den Titel Auf der Suche nach der verlorenen Zeit tragen und viel aus Prousts eigener Lebensgeschichte enthalten, auch wenn er den Figuren andere Namen geben würde. In der Erzählung wollte er die gesamte französische Geschichte abdecken seit dem Tag seiner Geburt bis zur Gegenwart, wann immer diese Gegenwart sein mochte. Es sollte ein umfassendes Gesellschaftsporträt werden. Er war der Insektenkundler und würde die Gesetze entdecken, die das Verhalten aller Bewohner des Ameisenhügels bestimmten. Seine einzige Sorge war seine Gesundheit. Vor ihm lag eine gewaltige Aufgabe. Würde er lange genug leben, um sie zu vollenden?
Wenige Jahre später hatte er den ersten Teil
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