Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)
am Schatten des Mastes ab. Bei Sonnenauf- oder -untergang richteten sie sich nach dem Mond oder den Sternen, die hinter den Horizont sanken oder aufgingen. Um zu berechnen, welche Strecke sie zurückgelegt hatten, wählten sie eine abseits liegende Insel als Bezugspunkt. Indem sie die Sterne am Himmel verfolgten, konnten sie berechnen, wann sie diesen Bezugspunkt passierten, und wie lange sie dann noch zu ihrem Ziel brauchen würden.
Teil dieses Systems war die Vorstellung, ihr Kanu stehe vollkommen still. Die Sterne über ihnen bewegten sich, und die Inseln im Ozean bewegten sich auf sie zu und dann wieder von ihnen weg, wenn sie an ihnen vorbei fuhren. Die Vorstellung, das Kanu stehe still, machte es einfacher, ihre Position innerhalb des Bezugssystems zu berechnen. Sie wussten natürlich, dass sich die Inseln nicht bewegten, aber nachdem sie viele Jahre lang so gereist waren, erlebten sie die Reise, als stünden sie still. Das erklärte den Eindruck von Zugreisenden beim Betrachten der vorbeiziehenden Landschaft, den sie vermittelten.
Dutzende weiterer Zeichen, die sie zu lesen gelernt hatten, ergänzten ihre Himmelskarten. In ihrem Ausbildungssystem wurden junge Navigatoren aufs Meer hinausgebracht, wo sie dann mehrere Stunden lang trieben. So lernten sie, die verschiedenen Strömungen danach zu unterscheiden, wie sie sich auf der Haut anfühlten. Mit viel Übung konnten sie diese Strömungen dann auf dem Boden des Kanus liegend lesen. Für den Wind hatten sie ein ähnliches Gespür entwickelt, und sie konnten verschiedene Windströmungen danach unterscheiden, wie sie die Haare auf ihren Köpfen bewegten oder das Segel am Ausleger.
Sobald sie sich einer Insel näherten, deuteten sie den Flug der Landvögel, die morgens zum Fischen hinausflogen oder in der Dämmerung zu ihren Nestern zurückkehrten. Sie lasen die Veränderungen im Meeresleuchten, die nahes Land ankündigten, und sie konnten einschätzen, ob die Wolken in der Ferne Land unter sich reflektierten oder den Ozean. Sie führten das Wasser an die Lippen, um anhand von Temperaturschwankungen festzustellen. ob Land in der Nähe war. Es gab noch viele weitere Indikatoren. Die Insulaner hatten gelernt, alles in ihrer Umgebung als potenzielle Zeichen zu betrachten.
Besonders bemerkenswert daran war, dass der Hauptnavigator diesem komplexen Netzwerk von Zeichen kaum Aufmerksamkeit zu schenken schien. Nur ein gelegentlicher Blick nach oben oder unten verriet, dass er irgendetwas ablas. Offensichtlich kannten die Meisternavigatoren die Himmelskarten so gut, dass sie beim Anblick eines einzigen Sterns spürten, wo sich alle anderen befanden. Auch die anderen Navigationsmarken waren ihnen in Fleisch und Blut übergegangen. Sie hatten ein perfektes Gespür für ihre Umwelt, auch für alle Variablen, die sie scheinbar so chaotisch und gefährlich machten. Ein Westler meinte, die Meister konnten Hunderte Meilen von Insel zu Insel ebenso leicht bereisen, wie ein erfahrener Taxifahrer durch das Straßenlabyrinth Londons navigiert.
Vor langer Zeit mussten die ersten Navigatoren in dieser Region die Notwendigkeit erkannt haben, jenseits ihrer Insel neue Nahrungsquellen zu erschließen. Eine solche Reise bedeutete enorme Gefahren, und die Navigatoren mussten große Angst gehabt haben. Der Ozean war sehr viel chaotischer als ihr kleines Stückchen Land auf ihren Inseln. Mit der Zeit überwanden sie diese Angst und entwickelten ein System, das perfekt an ihren Lebensraum angepasst war. In diesem Teil der Welt ist der Nachthimmel die meiste Zeit im Jahr besonders klar, sodass sie die wechselnden Positionen der Sterne wirkungsvoll einsetzen konnten. In ihren kleinen Booten hatten sie direkten Kontakt zum Wasser, das sie so genau zu lesen lernten wie die hüglige Landschaft auf ihrer Insel. Die Vorstellung, sie stünden still, half ihnen bei der Verfolgung ihrer Bezugspunkte, und es beruhigte sie. Sie verließen sich nicht auf ein einzelnes Werkzeug oder Instrument. Ihr ausgeklügeltes System existierte nur in ihren Köpfen. Indem sie eine tiefe Verbindung zu ihrer Umgebung aufbauten und alle verfügbaren Zeichen lasen, entwickelten die Insulaner bemerkenswerte instinktive Fähigkeiten, wie sie auch manche Vogelarten besitzen, die sich auf ihren Flügen um die Welt mithilfe ihres feinen Gespürs für das Magnetfeld der Erde zurechtfinden.
Die Fähigkeit, sich tief mit der Umgebung zu verbinden, ist die ursprünglichste und in vielerlei Hinsicht machtvollste Form der
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