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Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)

Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)

Titel: Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Greene
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sporadisch seiner Arbeit nachgehen. So war die Familie auf ein zusätzliches Einkommen dringend angewiesen. Ungeduldig warteten die Eltern darauf, dass der junge Faraday zwölf Jahren alt würde und eine Arbeitsstelle oder eine Lehre beginnen könnte.
    Faraday hatte jedoch eine Charaktereigenschaft, die ihn zu etwas Besonderem machte und die in gewisser Weise beunruhigend war. Er hatte einen extrem wachen Verstand, was einem Beruf, der hauptsächlich mit körperlicher Arbeit verbunden war, womöglich im Wege stehen würde. Teilweise war diese geistige Unruhe auch auf die etwas eigentümliche religiöse Richtung zurückzuführen, der seine Familie angehörte, einer Art christliche Sekte. Sie waren Sandemanianer und hingen dem Glauben an, dass sich die Gegenwart Gottes in jedem Lebewesen und jedem Naturphänomen manifestiert. Durch die tägliche Zwiesprache mit Gott und die Suche nach einer inneren Nähe zu ihm sahen und fühlten sie die göttliche Gegenwart in jeder irdischen Erscheinung.
    Der junge Faraday war durchdrungen von dieser Denkweise. Wenn er nicht gerade damit beschäftigt war, seiner Mutter zur Hand zu gehen, streifte er durch die Straßen im Zentrum Londons und beobachtete seine Umwelt mit größter Aufmerksamkeit. Es schien ihm, als ob die Natur voll von Geheimnissen war, über die er nachdenken und die er lüften wollte. Da man ihm beigebracht hatte, Gott sei in allen Dingen gegenwärtig, interessierte er sich für alles – seine Neugier kannte keine Grenzen. Er löcherte seine Eltern und jeden, den er finden konnte, mit zahllosen Fragen über Pflanzen und Mineralien und jedes andere, scheinbar unerklärliche Naturphänomen. Er hatte einen extremen Wissensdurst und war frustriert darüber, dass ihm die Mittel fehlten, diesen zu stillen.
    Eines Tages führte ihn sein Weg in eine nahegelegene Buchbinderei, die auch Bücher verkaufte. Der Anblick einer so großen Zahl glänzender Bücher versetzte ihn in Erstaunen. Er hatte nur eine rudimentäre Schulbildung genossen und bislang eigentlich nur ein Buch richtig kennengelernt, die Bibel. Die Sandemanianer glaubten, die Heilige Schrift sei der lebendige Inbegriff des göttlichen Willens, und für Faraday hatten die gedruckten Worte der Bibel daher eine Art magische Kraft. In seiner Vorstellung konnte ihm jedes der Bücher in diesem Laden die Tür zu einer ganz neuen Welt des Wissens öffnen – eine ganz eigene Form der Magie.
    Die Ehrfurcht, die dieser junge Mann seinen Büchern entgegenbrachte, imponierte dem Besitzer des Buchladens, George Ribeau, auf Anhieb. Er hatte bislang noch niemanden getroffen, der so jung und dabei so leidenschaftlich war. Er ermutigte Faraday, wiederzukommen, und so begann dieser, das Geschäft regelmäßig zu besuchen. Da Ribeau Faradays Familie etwas unter die Arme greifen wollte, gab er ihm zunächst einen Job als Austräger. Beeindruckt von seiner Arbeitsmoral, bot er ihm wenig später an, in seinem Geschäft eine Lehre als Buchbinder zu machen. Faraday nahm das Angebot glücklich an und begann 1805 seine siebenjährige Ausbildung.
    Während der ersten Monate seiner neuen Arbeit konnte der junge Mann, umgeben von all den Büchern, sein Glück kaum fassen – damals waren neue Bücher wertvolle Luxusartikel und den Bessergestellten vorbehalten. Selbst die öffentlichen Büchereien hatten nicht so viel zu bieten wie Ribeaus Laden. Der Besitzer ermutigte ihn, in seiner Freizeit so viel zu lesen, wie er wollte, und Faraday tat ihm den Gefallen. Er verschlang so gut wie jedes Buch, das ihm in die Finger kam. Eines Abends las er in einer Enzyklopädie einen Eintrag, in dem es um die neuesten Entdeckungen auf dem Gebiet der Elektrizität ging, und plötzlich überkam ihn das Gefühl, seine Bestimmung gefunden zu haben. Er war auf ein Phänomen gestoßen, das für das Auge unsichtbar war, mittels Experimenten jedoch sichtbar gemacht und gemessen werden konnte. Der Gedanke, den Geheimnissen der Natur mit Hilfe von Experimenten auf die Spur zu kommen, faszinierte ihn. Die Wissenschaft selbst erschien ihm als das großartige Bestreben, die Mysterien der Schöpfung zu enträtseln. Er wusste, irgendwie würde er zu einem Wissenschaftler werden.
    Für einen jungen Mann wie ihn war das kein sehr realistisches Ziel, und das wusste er auch. Der Zugang zu den Laboratorien und somit zu einer wissenschaftlichen Karriere war im England der damaligen Zeit den Absolventen einer Universität vorbehalten, das heißt den Angehörigen der Oberschicht.

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