Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)
bisher besucht hatte. Er war sehr angeregt, fühlte sich aber irgendwie auch niedergeschlagen. In all den Jahren, die er damit verbracht hatte, eigenständig zu lernen, war es ihm zwar gelungen, seine Kenntnisse von Wissenschaft und Natur stark zu erweitern. Wahre Wissenschaft bestand jedoch nicht in einer Anhäufung von Informationen, sondern war eine Form des Denkens, eine Herangehensweise an Probleme. Ein wissenschaftlicher Geist muss kreativ sein – das konnte Faraday in Davys Gegenwart deutlich spüren. Als Amateurwissenschaftler, der ein Fachgebiet nur von außen betrachtete, war sein Wissen eindimensional geblieben und würde zu nichts führen. Er musste ins Innere der Wissenschaft vordringen und Mitglied des wissenschaftlichen Zirkels werden, um praktische und handfeste Erfahrungen machen zu können – er musste lernen, wie ein Wissenschaftler zu denken . Sein Ziel war es, dem Geist der Wissenschaft näher zu kommen und das Wesentliche zu verinnerlichen – das bedeutete, er brauchte einen Mentor.
Das schien unerreichbar, aber seine Lehre ging ihrem Ende zu, und die Aussicht, den Rest seines Lebens als Buchbinder zu verbringen, stürzte Faraday in Verzweiflung. Er schrieb Briefe an den Präsidenten der Royal Institution und bewarb sich für jede noch so niedrige Tätigkeit in einem der Labors. Obwohl er hartnäckig blieb, vergingen Monate, ohne dass er irgendetwas erreichte. Eines Tages jedoch bekam er völlig unerwartet eine Nachricht aus Humphry Davys Büro. Der Chemiker war bei einer erneuten Explosion in seinem Labor in der Royal Institution geblendet worden und würde für mehrere Tage blind bleiben. Für diese Zeit benötigte er einen persönlichen Gehilfen, der für ihn Notizen machte und seine Arbeitsmaterialien ordnete. Dance, der ein guter Freund Davys war, hatte den jungen Faraday für diese Aufgabe vorgeschlagen.
Für Faraday hatten diese zufälligen Ereignisse etwas Schicksalhaftes, ja geradezu Magisches. Er war fest entschlossen, das Beste daraus zu machen und zu tun, was in seiner Macht stand, um den großen Chemiker zu beeindrucken. Ehrfurchtsvoll hörte Faraday jeder Anweisung Davys ganz genau zu und tat sogar mehr, als von ihm verlangt wurde. Nachdem Davys Sehvermögen jedoch wiederhergestellt war, bedankte er sich für Faradays Dienste und ließ ihn wissen, dass die Royal Institution bereits einen Laborgehilfen beschäftige und es keinerlei offene Stellen, egal in welcher Position, mehr gebe.
Faraday war völlig niedergeschlagen, aber nicht bereit aufzugeben. Das konnte noch nicht das Ende sein. Schon die wenigen Tage in Davys Diensten hatten ihm zahllose neue Möglichkeiten zu lernen eröffnet. Davy sprach gerne über seine Ideen, so wie sie ihm in den Sinn kamen, und fragte dabei jeden um ihn herum nach dessen Meinung. Als er auf diese Weise mit Faraday einmal eines seiner geplanten Experimente besprach, gewährte er dem jungen Mann einen Einblick in seine Art zu denken – und dieser war fasziniert. Davy war der perfekte Mentor für ihn, und Faraday beschloss, seinen Traum wahr zu machen. Er holte die Notizen wieder hervor, die er sich während Davys Vorlesungen gemacht hatte, und verarbeitete sie zu einem wundervoll geordneten, sorgfältig mit der Hand geschriebenen, kleinen Buch, voll von Skizzen und Diagrammen. Das Buch schickte er Davy als Geschenk. Ein paar Wochen später schrieb er ihm dann einen Brief, in dem er ihn an ein Experiment erinnerte, von dem er gesprochen, dass er aber möglicherweise wieder vergessen hatte (Davy war berühmt für seine Zerstreutheit). Faraday erhielt keine Antwort. Dann aber, im Februar 1813, wurde er eines Tages plötzlich zur Royal Institution bestellt.
Am selben Morgen war dem Laborgehilfen des Instituts wegen Ungehorsam gekündigt worden. Es musste sofort Ersatz gefunden werden, und Davy hatte den jungen Faraday vorgeschlagen. Die Arbeit bestand in erster Linie im Reinigen von Flaschen und Geräten, Saubermachen und dem Entzünden der Kamine. Die Bezahlung war schlecht, deutlich schlechter als der Lohn eines Buchbinders, aber Faraday konnte sein Glück kaum fassen und nahm die Arbeit sofort an.
Er war geradezu schockiert von der Geschwindigkeit, mit der seine Ausbildung jetzt voranging; kein Vergleich zu den Fortschritten, die er auf eigene Faust gemacht hatte. Unter der Aufsicht seines Mentors lernte er, dessen chemische Mischungen herzustellen – einschließlich einiger explosiver Varianten – und bekam so vom wohl besten lebenden
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