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Perfekt

Titel: Perfekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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Liebe zurückwies, hatte er das einzig Richtige, das einzig Anständige getan.
    Er ging in die Küche, griff geistesabwesend nach der Kaffeekanne und wollte sich eine Tasse aus dem Schrank holen, als er die Tasse sah, die Julie heute morgen benutzt hatte, als sie an der Theke gefrühstückt hatten. Langsam streckte er die Hand danach aus und hob sie hoch; dann drückte er die Stelle, an der ihre Lippen den Rand berührt hatten, an seine Wange.

44
    Zwei Stunden, nachdem sie das Haus in den Bergen verlassen hatte, lenkte Julie das Auto an den Straßenrand und griff nach der Thermosflasche, die auf dem Sitz neben ihr lag. Ihr Hals und ihre Augen schmerzten von den Tränen, die sie krampfhaft unterdrückte, und ihr Kopf war wie benebelt, weil sie vergeblich versuchte, die schmerzliche Erinnerung an seine letzten Worte aus ihrem Gedächtnis zu streichen:
    »Du liebst mich nicht, Julie. Du bist naiv und unerfahren, und du verwechselst einfach guten Sex mit wahrer Liebe. Jetzt sei ein braves Mädchen - fahr nach Hause, wo du hingehörst, und vergiß mich. Das ist das einzige, was ich von dir erwarte.«
    Ihre Hand zitterte vor Verzweiflung, während sie etwas Kaffee in den Verschlußbecher der Thermosflasche goß. Wie unnötig grausam von ihm, sie derart zurückzuweisen, wo er doch wußte, daß jetzt, wo sie zurückkehrte, die Polizei und die Presse über sie herfallen würden. Warum hatte er ihre Worte nicht einfach ignorieren oder lügen können und sagen, daß auch er sie liebte - einfach nur, damit sie etwas hatte, was ihr die Kraft gab, alles Bevorstehende leichter zu bewältigen. Es wäre soviel einfacher für sie gewesen, der Polizei und der Presse gegenüberzutreten, wenn er ihr gesagt hätte, daß auch er sie liebte.
    »Du liebst mich nicht, Julie ... Jetzt sei ein braves Mädchen -fahr nach Hause, wo du hingehörst, und vergiß mich ...«
    Julie versucht, den Kaffee hinunterzuschlucken, aber er blieb ihr buchstäblich im Halse stecken, als ihr noch etwas anderes schmerzlich bewußt wurde und sie noch verstörter machte, als sie es sowieso schon war: Obwohl er sich über ihre Gefühle lustig gemacht hatte, mußte Zack ganz genau gewußt haben, daß sie ihn wirklich und aufrichtig liebte. Er mußte sich ihrer Liebe so vollkommen sicher gewesen sein, daß er davon ausgehen konnte, daß sie trotz dieser menschenunwürdigen Behandlung weiterhin zu ihm stehen würde, daß sie trotzdem nach Hause fahren und ihn nicht verraten würde. Und sie wußte, daß er damit recht gehabt hatte. Sosehr seine herzlose Art sie auch verletzt haben mochte, niemals würde sie etwas tun, was ihm schaden konnte. Sie liebte ihn zu sehr, um ihm weh tun zu wollen, und ihr Glaube an seine Unschuld sowie das Verlangen, ihn zu beschützen, waren - und mochte es noch so absurd sein - nicht weniger stark als am Tag zuvor.
    Ein Pickup-Truck schoß an ihr vorbei, schleuderte Matsch gegen die Seite ihres Wagens, und sie dachte an Zacks Ermahnung, so weit wie möglich zu kommen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Lustlos setzte sie sich auf, ließ den Motor an und legte den ersten Gang ein. Dann blickt sie sich um, ob es sicher sei, auf die Straße zurückzufahren, und stellte den Tempomat des Blazer auf fünfundsechzig Meilen pro Stunde. Weil er ihr gesagt hatte, sie solle nicht so rasen. Und weil ein Ticket wegen überhöhter Geschwindigkeit ganz sicher in die Kategorie »Aufmerksamkeit erwecken« fiele.
    Julie erreichte die Grenze zwischen Colorado und Oklahoma in wesentlich kürzerer Zeit als auf der Hinfahrt, wo der Blizzard die Straßenverhältnisse so verschlechtert hatte. Zacks Anordnungen folgend, fuhr sie den ersten Rastplatz in Oklahoma an und telefonierte von dort mit ihren Eltern.
    Ihr Vater nahm den Hörer gleich beim ersten Läuten ab. »Dad«, sagte sie, »hier ist Julie. Ich bin frei. Ich bin auf dem Heimweg.«
    »Gott sei Dank!« brach es aus ihm heraus. »Oh, Gott sei Dank!«
    In all den Jahren hatte ihr Vater niemals ähnlich besorgt geklungen, und sie schämte sich sehr, weil er das alles ihretwegen durchmachen mußte. Bevor einer von ihnen erneut sprechen konnte, schaltete sich eine fremde Stimme in das Gespräch ein: »Hier spricht FBI-Agent Ingram, Miß Mathison. Wo sind Sie?«
    »Ich bin an einer Raststätte in Oklahoma. Ich bin frei. Er - er hat mir die Augen verbunden und mich im Auto zurückgelassen. Ich habe die Autoschlüssel, aber er ist weg. Ich bin sicher, daß er weg ist, habe aber keine Ahnung, wohin.«
    »Hören Sie mir

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