Perfekt
Frage unterbrochen und manchmal, bei besonders lustigen Episoden wie zum Beispiel ihrer Schneeballschlacht, gelacht. Ungläubig hatte sie vernommen, daß Zack tatsächlich auf Patrick Swayze eifersüchtig gewesen war, und hin und wieder hatte sie auch die Stirn gerunzelt - manchmal teilnahmsvoll, manchmal aber auch mißbilligend. »Was für eine Geschichte!« sagte sie, als Julie geendet hatte. »Wenn mir das irgend jemand anderer als du erzählt hätte, würde ich kein einziges Wort davon glauben. Habe ich dir jemals anvertraut, daß ich als junges Mädchen schrecklich in Zachary Benedict verknallt war? Später habe ich ihn dann freilich für einen Mörder gehalten. Aber jetzt ...« Sie verstummte, als wisse sie nicht, wie sie ihre Gedanken in Worte fassen sollte, fuhr dann aber fort: »Kein Wunder, daß du nicht aufhören kannst, an ihn zu denken. Ich meine, die Geschichte hat ja gar kein richtiges Ende, sie hängt einfach so in der Luft. Wenn er unschuldig ist, müßte es eigentlich ein Happy-End geben, bei dem der wahre Mörder hinter Gitter wandert. Der Held sollte nicht den Rest seines Lebens auf der Flucht verbringen müssen.«
»Unglücklicherweise«, sagt Julie bitter, »ist das hier das wahre Leben und kein Film, und deshalb wird es wohl auch kein anderes Ende für die Geschichte geben.«
»Trotzdem gefällt mir dieses Ende überhaupt nicht.« Katherine gab nicht auf. »Und das war wirklich alles?« Das letzte, was Julie ihr erzählt hatte, wiederholend, faßte sie noch einmal zusammen: »Gestern früh im Morgengrauen seid ihr also aufgestanden, er hat dich zum Auto begleitet, und du bist losgefahren? Einfach so?«
»Ich wünschte, es wäre >einfach so< abgelaufen!« gestand Julie unglücklich. »So hatte Zack es gewollt, und ich wußte es. Leider«, fügte sie hinzu und bemühte sich verzweifelt, unbefangen weiterzusprechen, »war ich dazu scheinbar nicht in der Lage. Ich habe nicht nur angefangen zu heulen, sondern ich habe alles nur noch schlimmer gemacht, indem ich ihm gestanden habe, daß ich ihn liebe. Ich wußte, daß er das nicht hören wollte, weil ich schon am Abend vorher damit herausgeplatzt war und er so getan hatte, als hätte er nichts verstanden. Gestern war es aber noch viel schlimmer. Ich habe mich nicht nur vollkommen vor ihm erniedrigt, indem ich ihm sagte, daß ich ihn liebe, sondern er - er hat auch ...« Julie konnte vor Scham nicht weiterreden.
»Was hat er getan?« hakte Katherine sanft nach.
Julie zwang sich, ihre Freundin anzusehen, und sagte möglichst emotionslos: »Er hat mich angelächelt, wie ein Erwachsener ein dummes Kind anlächelt, und gesagt, daß ich ihn nicht wirklich lieben würde, daß ich mir das nur einbilden würde, weil ich nicht zwischen Sex und Liebe unterscheiden könne. Dann sagte er zu mir, ich solle heimfahren, wo ich hingehörte, und ihn vergessen. Und genau das habe ich jetzt auch vor.«
Verblüfft und erstaunt runzelte Katherine die Stirn. »Was für eine seltsame, häßliche Art, Abschied zu nehmen«, bemerkte sie scharf. »Das paßt gar nicht zu dem, was du mir bisher von ihm erzählt hast.«
»Das fand ich auch«, stimmte ihr Julie elend zu. »Vor allem, nachdem ich mir fast sicher war, daß er etwas für mich empfand. Manchmal war da so ein Ausdruck in seinen Augen, als ob er ...« Sie verstummte, angewidert von ihrer ei-genen Leichtgläubigkeit, und fuhr verärgert fort: »Wenn ich noch einmal vor der Wahl stünde, würde ich so tun, als ob mir der Abschied überhaupt nichts ausmachte. Ich würde mich bei ihm für das wunderbare Abenteuer bedanken und dann wegfahren und ihn einfach stehenlassen! Genau das hätte ich tun sollen ...« Julie verlor sich in Gedanken, ließ die Szene vor ihrem geistigen Auge ablaufen und schüttelte dann langsam, aber diese Idee entschieden verwerfend, den Kopf. Ihr war etwas klargeworden, das ihr Wohlbefinden immens steigerte. »Das zu tun wäre unglaublich dumm, wäre das Allerfalscheste gewesen«, sagte sie laut.
»Warum? Dann hättest du wenigstens deinen Stolz behalten«, bemerkte Katherine.
»Ja, aber ich hätte den Rest meines Lebens damit verbracht zu denken, daß er mich möglicherweise auch geliebt hat und daß ich ihn, wenn wir einander unsere Liebe gestanden hätten, vielleicht hätte überreden können, mich mitzunehmen und ihm dann später dabei zu helfen, den wirklichen Mörder zu finden. Bestimmt«, schloß Julie ruhig, »hätte ich mich selbst ewig dafür gehaßt, wenn ich ihm nicht gesagt
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