Perfekt
und verschiedene Zeitschriften in der Hand. Auf seinem Weg zum Pier sprach er mit keinem der Fischer, die hier den Fang des Tages ausluden oder ihre Netze flickten, und keiner der Fischer redete ihn an, doch mehrere neugierige Augenpaare folgten dem Fremden bis zu seinem Boot, einer gut fünfzehn Meter langen Hatteras, auf deren Heck in frischer blauer Farbe der Name Julie zu lesen war. Abgesehen von dem Namen, der nach Vorschrift auf dem Heck stehen mußte, war das Schiff vollkommen unauffällig. Aus der Entfernung sah es genauso aus wie viele Tausend andere Boote, die vor der südamerikanischen Küste übers Wasser glitten; zum Teil von Sportfischern gechartert, meistens jedoch einfache Fischerboote, die allabendlich in ihre Häfen zurückkehrten, um ihren Fang auszuladen, um dann früh am nächsten Morgen, wenn noch die Sterne den nächtlichen Himmel erhellten, wieder hinauszufahren.
Genau wie das Boot wirkte auch sein Besitzer eher unauffällig, als er so durch den Hafen schlenderte. Anstelle der Shorts und Sporthemden, die die Charterkapitäne bevorzugten, trug er die Kleidung der einfachen Fischer - ein kurzärmeliges weißes Hemd aus grober Baumwolle, khakifarbene Hosen und Schuhe mit Gummisohlen; auf seinem Kopf saß eine dunkle Mütze, die er tief in die Stirn gezogen hatte. Sein Gesicht unter dem Vier-Tage-Bart war braungebrannt, doch hätte jemand ihn genauer angesehen, wäre ihm aufgefallen, daß seine Haut bei weitem nicht so wettergegerbt war wie die der anderen Fischer, und daß sein Boot auch wesentlich besser ausgerüstet war als die übrigen. Doch die Julie war nur eines unter Hunderten von Booten, die hier im größten Hafen der kleinen Insel anlegten und von denen viele Güter transportierten, die weder eßbar waren noch dem Auge des Gesetzes gefallen hätten.
An Bord der Diablo, auf der anderen Seite des Piers, blickten zwei Männern auf, als der Eigner der Julie an Bord ging. Wenige Sekunden später erwachte surrend der Generator des Bootes zum Leben, und in der unteren Kabine ging das Licht an. »Er verschwendet verdammt viel Energie damit, daß er den Generator immer die halbe Nacht laufen läßt«, stellte einer der Fischer fest. »Möchte bloß wissen, wozu er den Motor braucht.«
»Manchmal sehe ich durch die Vorhänge hindurch seinen Schatten an einem Tisch. Ich glaube, er sitzt da und liest.«
Der andere Fischer deutete mit dem Kopf auf die fünf Antennen, die vor den Aufbauten der Julie gen Himmel ragten. »Er hat einen Haufen technische Ausrüstung, sogar Radar an Bord seines Bootes«, bemerkte er bedeutsam. »Trotzdem habe ich ihn noch nie fischen sehen, und er hält auch nicht Ausschau nach Charterkundschaft. Gestern ankerte er in der Nähe von Calvary Island und hatte nicht einmal eine Angel im Wasser.«
Der erste Fischer schnaubte verächtlich. »Weil er weder ein Fischer noch ein Charterkapitän ist.«
»Du meinst, er ist einer von den Drogenschmugglern?«
»Was denn sonst?« stimmte der andere zu und zuckte dabei gleichgültig mit den Schultern.
Ohne zu realisieren, daß seine Anwesenheit an dem belebten Pier Anlaß für ein Gespräch war, studierte Zack die Seekarten, die er auf dem Tisch ausgebreitet hatte, und zeichnete verschiedene Routen ein, wohin er in der kommenden Woche fahren wollte. Es war drei Uhr früh, als er die Karten endlich zusammenrollte, aber er wußte, daß er trotz seiner Müdigkeit keinen Schlaf finden würde. Schlaf war etwas, was ihm in den letzten sieben Tagen kaum vergönnt gewesen war, obwohl seine Flucht aus den Vereinigten Staaten - dank Enrico Sandinis Verbindungen und einer halben Million Dollar aus Zacks Vermögen - völlig reibungslos verlaufen war. In Colorado hatte ihn ein gecharterter Hubschrauber von einer Lichtung abgeholt, die gut hundert Meter von dem Haus entfernt lag und zu diesem Zweck, das heißt eigentlich für die Benutzung durch die Hausbesitzer und der von ihnen eingeladenen Gäste, angelegt worden war. Mit einem Paar Skier in der Hand und angezogen wie ein Skifahrer - wozu auch eine getönte Skibrille gehörte, die den größten Teil seines Gesichts verdeckte -, war Zack an Bord geklettert und hatte sich zu einer gut eine Stunde entfernten Skihütte bringen lassen. Der Pilot hatte keine Fragen gestellt; Zack wußte, daß es für ihn nichts Besonderes war, reiche Skifahrer, die ihre eigenen Berge besaßen, aber andere Abfahrten bevorzugten, durch die Gegend zu fliegen.
Auf dem Parkplatz hinter der Skihütte stand ein
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