Perfekt
des Kindes zu decken.
Du hattest recht, als Du gesagt hast, ich hätte meiner Familie nicht so endgültig den Rücken kehren und alle Brücken hinter mir abbrechen sollen. Es gibt verschiedenes, das ich meiner Großmutter hätte sagen können, nachdem ich ihr Haus verlassen hatte. Vielleicht wären ihre Haßgefühle gegen mich dann verschwunden. Du hattest auch recht, als Du gesagt hast, daß ich sie während meiner Jugend geliebt und bewundert habe. Du hattest mit allem recht, und wenn ich die Dinge heute noch ändern könnte, dann täte ich es.
Soeben habe ich den Entschluß gefaßt, diesen Brief trotz allem abzuschicken. Das zu tun ist ein Fehler. Ich weiß, daß es einer ist, aber ich kann einfach nicht anders. Ich muß Dir einfach sagen, was Du tun sollst, falls Du schwanger bist. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, daß Du möglicherweise glaubst, es gäbe keine andere Möglichkeit als eine Abtreibung.
Es könnte sein, daß man Deine Post überwacht, deshalb werde ich Dir diesen Brief von jemandem überbringen lassen. Der Mann, der ihn Dir gibt, ist ein Freund. Er riskiert für mich genausoviel, wie Du es getan hast... Vertraue Matt so rückhaltlos, wie Du mir vertrauen würdest. Sage ihm, ob Du ein Kind erwartest und was Du unternehmen willst, damit er Deine Wünsche an mich weiterleiten kann. Noch eins, bevor ich ins Dorf gehe, um diesen Brief der Post mitzugeben, die hier nur einmal wöchentlich abgeholt wird: Ich möchte, daß Du etwas Geld zur Verfügung hast. Das Geld, das Matt Dir geben wird, gehört mir; es hat also gar keinen Sinn, Dich mit ihm zu streiten, weil Du es vielleicht nicht annehmen willst. Er handelt auf meine Anweisung, und er wird sie genauestens befolgen. Also mach ihm keine unnötigen Umstände, Liebste. Ich habe wirklich mehr als genug Geld.
Ich wünschte, ich hätte Zeit, einen vernünftigeren Brief zu schreiben, oder daß ich wenigstens einen von den anderen aufgehoben hätte, die ich Dir geschrieben habe, so daß Du einen weniger weitschweifigen und zusammenhanglosen Brief bekommen würdest. Ich werde Dir keinen Brief mehr schicken, also verschwende nicht Deine Zeit darauf, auf einen zu warten. Briefe würden uns beide nur zu unsinnigen Hoffnungen und Träumen verleiten, und wenn ich damit nicht endlich aufhöre, werde ich vor Sehnsucht nach Dir sterben.
Noch etwas, bevor ich gehe - ich habe in der Zeitung gelesen, daß Costner einen neuen Film gemacht hat, der jetzt in den Staaten anläuft. Solltest Du es wagen, für Kevin zu schwärmen, nachdem Du ihn gesehen hast, werde ich Dir für den Rest Deines Lebens böse sein.
Ich liebe Dich, Julie. Ich habe Dich in Colorado geliebt, und ich liebe Dich hier, wo ich jetzt bin. Ich werde Dich immer lieben. Überall. Und immer.
Julie hätte den Brief gern noch ein zweites Mal gelesen, aber sie konnte nichts mehr sehen, da ihr die Tränen in Strömen aus den Augen schossen. Die Bogen glitten ihr aus den Händen und fielen zu Boden. Sie bedeckte ihr Gesicht mit beiden Händen, lehnte sich gegen die Wand und weinte. Sie weinte vor Freude und Sehnsucht und sinnloser Wut. Sie weinte über die Ungerechtigkeit, die ihn zum Flüchtling gemacht hatte, und über ihre eigene Dummheit, ihn in Colorado verlassen zu haben.
Im Wohnzimmer griff Meredith nach der Kaffeekanne, um nachzuschenken, dabei wanderte ihr Blick zur Eßzimmertür und blieb entsetzt auf dem Rücken der weinenden Frau haften. »Matt, schau doch!« rief sie, während sie bereits aufstand, um zu ihr zu eilen. »Julie ...«, sagte sie sanft, als sie das Eßzimmer erreichte. Voller Mitgefühl legte sie ihre Hand auf die bebende Schulter der herzzerreißend schluchzenden Julie und flüsterte: »Gibt es irgend etwas, das ich für Sie tun kann?«
»Ja!« antwortete Julie mit gebrochener Stimme. »Sie können diesen Brief lesen und mir sagen, wie irgend jemand auch nur im entferntesten glauben kann, daß dieser Mann einen anderen Menschen getötet hat!«
Unsicher griff Meredith nach den Seiten, die auf dem Boden verstreut lagen, und sah dann ihren Mann an, der unter der Tür stehengeblieben war. »Matt, warum schenkst du nicht jedem ein Glas von dem Wein ein, den Julie uns vorhin angeboten hat?«
Matt brauchte ein paar Minuten, um den Wein zu finden, einen Korkenzieher zu entdecken und die Flasche zu öffnen. Er nahm gerade drei Gläser aus einem Schrank, als er Meredith in die Küche kommen hörte; ihr verstörter Gesichtsausdruck ließ ihn herumfahren. »Was ist los?« fragte er
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