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Perfekt

Titel: Perfekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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Gefühle zu unterdrücken, die er empfand.
    Julie stand mit dem Rücken gegen ihr Pult gelehnt und hielt einen dritten Gummiring in der Hand, mit dem sie wiederum auf ihn zielte. »Guter Schuß, Cowboy«, versuchte er zu scherzen.
    »Ich hatte die besten Lehrer«, erwiderte Julie mit einem leisen Lächeln, doch es entging ihr nicht, wie ernst er war. »An was denken Sie, Mr. Benedict?« erkundigte sie sich, während sie ihren Arm sinken ließ und ihre bereits gepackte Aktenmappe schloß. Zack ging auf sie zu. Er wußte nicht, was er ihr antworten sollte.
    Ganz offensichtlich ahnte sie, was in seinem Kopf vorging, denn sie legte den Kopf zur Seite, verschränkte die Arme vor der Brust und fragte unschuldig: »Nun, wie haben dir meine Damen gefallen?«
    »Nun - deine Debby Sue Cassidy ist wirklich ganz anders. Sie sind alle - so ganz anders, als ich erwartet hatte.«
    »Noch vor ein paar Monaten hätte es keine von ihnen gewagt, in deiner Gegenwart auch nur den Mund aufzumachen.«
    »Heute kamen sie mir aber ziemlich selbstbewußt vor.«
    »Findest du das wirklich?« fragte sie mit einem zweifelnden Ton in der Stimme. »Wenn sie gewußt hätten, daß du heute abend hier bist, hätten keine zehn Pferde sie hergebracht. Die Frau des Metzgers kommt zu unserem Hochzeitsempfang, die Eltern meiner sämtlichen Schüler kommen, sogar die Frau des Mesners hat zugesagt. Aber es ist mir nicht gelungen, auch nur eine von diesen Frauen davon zu überzeugen, daß ich sie wirklich gerne einladen würde, und dabei habe ich mit ihnen mehr Zeit verbracht als mit den meisten anderen. Da siehst du, wie es um ihr Selbstwertgefühl steht. Als ich mit dem Geld, das ich in Amarillo bekommen hatte, aus Colorado zurückkam, habe ich spezielle Testunterlagen angefordert, um ihre Begabungen herauszufinden.«
    »Wie prüft man bitte jemand, der nicht lesen kann?«
    »Einzeln, nacheinander. Mündlich. Wenn man die richtigen Unterlagen hat, ist es ganz einfach. Und man nennt es nicht >Prüfung<, weil allein schon das Wort Analphabeten so verunsichern würde, daß sie völlig verkrampft wären. Weißt du, was ich herausgefunden habe?«
    Er schüttelte den Kopf. Der Feuereifer, mit dem sie bei der Sache war, faszinierte ihn ebenso wie das Ausmaß ihrer Zuwendung. »Ich habe herausgefunden, daß Debby bereits auf der Stufe eines Drittkläßlers liest und daß zwei andere leichte Lernschwächen haben und deshalb nicht besser lesen können. Aber sie brauchen nicht nur Lernmittel. Weißt du, was sie noch brauchen?« Er schüttelte erneut den Kopf, und sie fuhr fort: »Sie brauchen mich. Sie brauchen jemanden, der sich um sie kümmert. Mein Gott, sie - sie blühen förmlich auf, wenn sie merken, daß eine andere Frau an sie glaubt und ihnen etwas Zeit opfert. Es braucht nicht einmal eine Lehrerin sein - bloß eine andere Frau. Die Zukunft von Rosalies Baby hängt ganz und gar davon ab, ob Katherine, die die Klasse von mir übernimmt, in der Lage sein wird, Rosalies Selbstbewußtsein und Selbstwertgefühl aufzubauen. Wenn es ihr nicht gelingt, dann wird dieses Kind genauso wie seine Mutter am Rande der Armut aufwachsen. Inzwischen gibt es einige Gruppen, die gegen das Analphabetentum ankämpfen und dabei zum Teil von großen Unternehmen finanziert oder zumindest unterstützt werden. Eine davon, sie heißt >Literacy. Pass It On<, umfaßt auch ein Programm, das ausschließlich für Frauen gedacht ist. Ich habe erst vor ein paar Tagen davon erfahren.«
    Als Zack ihr so zuhörte, wußte er nicht, ob er ihr anbieten sollte, einen Scheck auszustellen oder selber eine Klasse zu unterrichten.
    »Ich weiß, daß Rachel nach eurer Heirat ihre Karriere nicht aufgeben wollte, und ich - ich muß dir sagen, daß ich auch in Kalifornien weiter unterrichten möchte, Zack. Erwachsene Frauen, nicht Kinder. Ich möchte mich für diese Menschen engagieren«, schloß sie und klang fast verzweifelt.
    »Und deshalb wolltest du, daß ich heute abend hierherkomme«, bemerkte er trocken und dachte bei sich, wie absurd der Vergleich zwischen Rachels hemmungslos egoistischem Ehrgeiz und Julies Wunsch war, anderen Frauen zu helfen.
    Den Grund für seinen Tonfall vollkommen falsch beurteilend, hob Julie ihren Blick und sagte flehend: »Ich besitze die Gabe, ihnen zu helfen, Zack. Ich muß es einfach tun.«
    Zack riß sie in seine Arme und preßte sie an sich. »Du bist so wunderbar«, flüsterte er. »Du hast mehr Facetten als der Diamant, den du trägst, und ich bin nach jeder

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