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Perfekt

Titel: Perfekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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menschenleeren Gang zu dem einzigen Klassenzimmer hinunterging, in dem noch Licht brannte. Als er näher kam, hörte er weibliche Stimmen, und an der Türe angekommen, blieb er einen Augenblick lang stehen, ohne von den Anwesenden bemerkt zu werden. In den vordersten Bänken, die natürlich viel zu klein für sie waren, saßen sieben Frauen.
    Der ganze Raum hing voll mit Kinderzeichnungen und großen Bildern mit den einzelnen Buchstaben des Alphabets. Julie stand mit dem Rücken an ihr Pult gelehnt. Sie war bereits für das Dinner gekleidet, das heute abend im Anschluß an die Hochzeitsprobe stattfinden sollte, und hatte das Haar zu einem weichen Knoten zusammengeschlungen, der sie überraschend elegant aussehen ließ. Er bewunderte gerade den Sitz ihres pfirsichfarbenen Sommerkleides, als sie aufblickte und ihn sah. »Du kommst genau zur rechten Zeit«, sagte sie und lächelte ihn an. »Wir sind mit dem Unterricht fertig, schwelgen jetzt in Erinnerungen und halten eine kleine Abschiedsfeier.« Bei diesen Worten deutete sie mit dem Kopf auf den kleinen Kuchen und die Pappbecher, die auf dem Pult standen, und streckte ihm ihre Hand entgegen. Während sie ihn nach vorne zog, erklärte sie den Frauen: »Zack ist heute abend hergekommen, weil er Sie unbedingt kennenlernen wollte, bevor wir morgen abend abfahren.« Sieben Gesichter blickten ihn an, und die Mienen spiegelten unverhohlene Beklommenheit und Scheu. »Pauline«, begann Julie, »darf ich Ihnen meinen Verlobten vorstellen? Zack, das ist Pauline Perkins ...«
    Zack fiel auf, daß Julie es absichtlich so klingen ließ, als sei die Ehre, dem anderen vorgestellt zu werden, ganz auf seiner Seite - und nicht auf der der Frauen. Sie machte das wie zufällig, und Zack konnte sehen, wie die Anspannung der Frauen nachließ und wie sie zu lächeln begannen.
    Beeindruckt von ihrem Taktgefühl, stellte er sich, nachdem er der letzten Frau die Hand geschüttelt hatte, neben Julie an das Pult. Es folgte ein kurzer Augenblick verlegenen Schweigens. Dann meldete sich eine junge Frau Mitte Zwanzig zu Wort, die einen Kinderwagen neben sich stehen hatte und die Julie ihm als Rosalie Silmet vorgestellt hatte. »Möchten Sie ... äh ... ein Stückchen Kuchen?« platzte sie etwas unsicher, aber mit Entschlossenheit heraus.
    »Bei Kuchen sage ich nie nein«, log Zack und lächelte sie so gewinnend an, daß sie alle Unsicherheit verlor. Dann ging er zum Pult und schnitt sich ein kleines Stück ab.
    »Ich habe ihn selbst gebacken«, brachte sie zögernd heraus.
    Ein Stück Schokoladenkuchen in der Hand, drehte er sich gerade um, als er sah, daß Julie ihm stumm etwas vorsagte, das er sofort wiederholte: »Ein gutes Rezept.«
    »Ich ...«, ihre schmalen Schultern strafften sich, »ich habe das Rezept gelesen!« erklärte sie mit einem derartigen Stolz in der Stimme, daß Zack einen Kloß in seinem Hals spürte. »Und Peggy hat uns hergefahren«, fügte sie hinzu und deutet mit dem Kopf auf Peggy Listrom. »Peggy hat alle Straßenschilder, an denen wir vorbeigekommen sind, laut vorgelesen.«
    »Das interessiert ihn bestimmt nicht«, sagte Peggy Listrom und lief puterrot an. »Jeder kann Straßenschilder lesen.«
    »Nicht jeder«, hörte Zack sich selber sagen, weil er von dem Moment an, in dem er die hoffnungsvollen Gesichter der Frauen erblickt hatte, alles getan hätte, um dafür zu sorgen, daß jede von ihnen heute das Klassenzimmer mit dem Gefühl verließ, jemand ganz Besonderer zu sein. »Julie hat mir erzählt, daß sie selbst lange Zeit nicht lesen konnte.«
    »Das hat sie Ihnen erzählt?« fragte eine Frau, völlig verblüfft, daß Julie so etwas ihrem Verlobten eingestanden hatte.
    Er nickte. »Und ich bewundere sie unheimlich, weil sie es geschafft hat, das zu ändern.« Mit einem Blick auf Peggy Listrom fügte er grinsend hinzu: »Sobald Sie gelernt haben, wie man einen Stadtplan liest - verraten Sie mir den Trick dann auch? Ich brauche nur einen Stadtplan auseinanderzufalten, und schon habe ich mich verfahren.«
    Jemand kicherte, und er fügte hinzu: »Wer hat den Punsch mitgebracht?«
    Eine Hand fuhr in die Höhe. »Ich.«
    »Und haben Sie auch das Rezept gelesen?«
    Sie schüttelte den Kopf mit einem derartigen Stolz, daß Zack sie irritiert anblickte, bis sie fortfuhr: »Er ist aus einer Dose. Ich habe das Etikett gelesen. Im Supermarkt. Er hat einen Dollar und neunundsechzig Cent gekostet. Das habe ich auch gelesen.«
    »Bekomme ich etwas davon?«
    Sie nickte, und wieder

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