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Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
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Ich fand ihn am offenen Fenster gen Kreuzhof, den Blick zur Klosterkirche gerichtet. In der Hand hielt er das Pergament, das ich bei seinen Häschern geglaubt hatte.«
    Wieder machte Agnes eine Pause. Als sie fortfuhr, war ihre Stimme nur noch ein Flüstern. »Er wollte es sich nicht entreißen lassen, so sehr ich auch zog. Dieser Mönch hatte trotz wochenlanger Folter und hagerer Gestalt die Kraft eines Löwen. Ich sah meine Möglichkeiten schwinden, die Äbtissinnenwürde, die hohe Ehre, innerhalb einer Verschwörung zu stehen, die ein neues Zentrum der Christenheit erschaffen würde. Was an jenem Vorhaben falsch sein sollte, wollte ich nicht erkennen. Auch nicht, dass es mich dazu verleitete, den Mönch mit nacktem Zorn zu erdrosseln und das Pergament an mich zu nehmen. Ich hoffte, man würde glauben, er sei an den Folgen seiner Erkrankung gestorben, also ließ ich ihn dort liegen, wo er stürzte. Dass der Mönch das Pergament selbst im Todeskampf nicht hergeben mochte, sah ich erst am nächsten Morgen, als ich es noch einmal hervorzog, um es genauer zu betrachten.«
    »Da hatte ich das fehlende Stück bereits eingesteckt.« Auch Margarete war nun aschfahl. »Ihr wusstet, dass nur ich es haben konnte, da ich den Mönch im Skriptorium gefunden hatte. Und deshalb schlugt Ihr mich nieder.«
    Agnes nickte. »Als mir klar wurde, dass mit dem Verschwinden des Fragments auch die Vision der seligen Hildegard noch nicht verloren war, geriet ich in Aufregung. Ich warf eine Fackel auf das Kirchendach, das der Mönch so starr angeblickt hatte. Darunter lag auch der Hildegardisaltar, darum wähnte ich die Botschaft dort. Der Wind entfachte das Dach augenblicklich, blies es bis hin zum Skriptorium, dessen kostbares Fenster zerbarst.«
    »Der Brand erlosch …«
    »Ja, es muss wohl Gottes mächtiger Atem gewesen sein, den Ida in jener Nacht anrief. Ich wagte es nicht, noch ein zweites Mal zu zündeln, also suchte ich nach dem verlorenen Stück Pergament, das ich bei Margarete wähnte.«
    »… und das ich bereits zwischen dem Gemäuer versteckt hatte,als Ihr mich niederschlugt«, ergänzte Margarete verbittert. Es war ihr deutlich anzusehen, dass die Reue der Priorin ihr Herz nicht zu erreichen vermochte.
    Agnes schloss wieder die Augen und strich mit zitternden Fingern über das Kreuz auf ihrer Brust. »Ich war einem unentschuldbaren Wahn verfallen, glaubte, mit Margarete auch das Geheimnis vernichten zu können. Letztendlich kam mir das Glück zur Hilfe, als einer der Küchengehilfen sie dabei beobachtete, etwas in den Mauern des Backhauses zu suchen, und mir davon berichtete. So kam ich doch zum Fragment.«
    Nun meldete auch Ida sich zu Wort. »Warum aber habt Ihr es dem Exorzisten nicht übergegeben? Dann wäre doch Euer Plan erfüllt, und niemand hätte je den Ort der Botschaft gefunden.«
    »Ich frage mich, woher du weißt, dass ich das Fragment bei mir behielt …« Agnes öffnete irritiert die Augen und sah Ida an. »Es lag auf meinem Pult, als du auf mich gewartet hast. Ich war in Eile, vergaß, es zu verbergen …« Sie lächelte. »Gott ist mit den Gerechten, edelste aller Töchter. Ich habe gelitten, als er dich einem Gottesurteil aussetzte, doch ich wusste, du würdest nicht fehlen. Je mehr Radulf von Braunshorn sein wahres Gesicht entblößte, desto stärker wuchs der Wunsch, mich von ihm zu wenden. Er ist kein heiliger Mann Gottes, wie der Erzbischof mir hat glauben machen wollen. Radulf von Braunshorn, den er als den höchsten Kirchenfürsten des neuen Christenreiches ernannt haben wollte, zeigte sich eitel und unbarmherzig zugleich. Als ich mich erdreistete, ihn zu fragen, warum er, obwohl er ein so hohes Amt innehatte, selbst kam, um die Vision zu vernichten, verriet er sein wahres Ansinnen. Er wolle selbst dafür sorgen, dass die Dinge ohne weitere Missgeschicke verliefen. Zudem erwarte der Kaiser eine rasche Erledigung der Angelegenheit, da die Zeit dränge. Der Kaiser … Ich begriff, dass das neue Reich nicht im Sinne der Christenheit sein konnte, wenn Kaiser Friedrich BarbarossaMacht über denjenigen hatte, der es leiten sollte. Oh, ich Törichte. Wenn einen der Hochmut überfällt, will man sich über die Sterne, andere Kreaturen und Engel erheben, die stets die Gebote Gottes erfüllen. Doch man kommt zu Fall, wie auch jener fiel, der die Lüge gegen die Wahrheit stellte. Dann erfuhr ich von Radulfs verderbtem Handeln an Anna und suchte ihn auf, um weiteren Schaden abzuwenden.«
    Die Stimme der Priorin

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