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Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
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sie den Beweis führen, wie unnötig seine Anwesenheit war, und sogleich ging es ihm auf, dass er diese Reaktion wohl verdient hatte.
    Als Clemens Elysa die Leiter hinabhalf, umfasste er ihre schmalen Hüften und ließ sie auch dann nicht los, als sie sich auf dem Boden gegenüberstanden.
    »Verzeiht«, flüsterte er, ließ die Arme fallen und trat einen Schritt zurück.
    Er hatte die unziemliche Berührung gemeint, doch Elysa missverstand ihn.
    »Ihr habt eigenmächtig gehandelt«, sagte Elysa, und ihre Augen blitzten.
    »Das tat ich.«
    »Ihr habt mich in eine missliche Lage gebracht, habt mich alleine im Kloster zurückgelassen, ohne mich über die Gefahren aufzuklären. In der Zeit, in der ihr fort wart, wurde eine Nonne niedergeschlagen und beinahe vergiftet, ebenso wie ich, die aus Torheit und Unwissen vom verdorbenen Fleisch aß. Ida musste auf Geheiß des Exorzisten mit bloßen Fingern ein glühendes Eisen tragen, und noch am selben Tag stürzte sich eine Oblatin, geschändet und entehrt, vom Turm und zerschmetterte auf den Stufen der Kirchentreppe. Heute stieß der Exorzist die Priorin von der Empore und setzte den Glockenturm in Brand. Wer weiß, welches Unheil er indessen noch anzurichten vermag. Sagt, Clemensvon Hagen, was von alldem ahntet Ihr, als Ihr Euch aufmachtet, das Erzbistum zu bereisen?«
    »Radulf von Braunshorn ist fort. Ich sah, wie er das Kloster in Richtung Rheingaugebirge verließ.« Hatte Clemens Abbitte leisten wollen, so stieg nun doch bittere Wut in ihm auf. »Es war keine angenehme Reise, Elysa von Bergheim. Und ich trat sie nicht an, ohne mir Sorgen um Euer Wohlergehen zu machen. Doch es galt, das Geheimnis um die schrecklichen Vorfälle zu enthüllen. Wie Ihr wisst, hoffte ich, von den Zwiefaltener Mönchen etwas über den toten Mönch zu erfahren. Auch ich hatte Gefahren zu überstehen. Ich wurde von den Schergen eines Wanderpredigers verwundet und konnte mit Gottes Hilfe dem tödlichen Schwert eines Edelmannes entkommen.« Er atmete schwer. Elysa sah ihn durchdringend an, ohne dass ihre Augen verrieten, was sie dachte. »Hinter Oppenheim traf ich die Mönche aus Zwiefalten, die die Gebeine ihres toten Bruders ins Heimatkloster brachten, nachdem sie Herz und Eingeweide auf dem Rupertsberger Friedhof begraben hatten. Durch sie erfuhr ich, dass der Mönch qualvoll gefoltert worden war.«
    »Das ist mir bekannt«, unterbrach Elysa ihn.
    Clemens ließ sich seine Verwunderung nicht anmerken. »So erzähle ich Euch gewiss auch nichts Neues, wenn ich Euch berichte, dass Adalbert die gesamte Lingua Ignota als Eingeweihter beherrschte, nicht nur die Substantive, die im Codex zusammengefasst sind.« Ihr Nicken zur Kenntnis nehmend, fuhr er fort. »Auf meinem Weg zurück gelangte ich ins St.-Stephans-Stift in Mainz, um zu meinem Entsetzen zu erfahren, dass Radulf von Braunshorn unterdessen im Eibinger Kloster eingetroffen war und den Laienbruder Gregorius als Boten nach Mainz geschickt hatte, um nach der Wahrheit hinter unserem Aufenthalt zu forschen.«
    »Ihr wusstet von dem Brief? Auch von der Antwort, mit der Gregorius zurückkam?«
    »Ja. Doch die Antwort kam von mir. Ein Stiftsbruder zeigte mir den Brief und half mir, ihn zu fälschen, um die Gefahr von Euch zu wenden.«
    »Wovon sprecht Ihr? Der Bote kam gestern Nacht zurück. Doch die Kunde, die er bei sich trug, war jene, die mich als falsche Anwärterin entlarvte und Eure List aufdeckte. Ich musste die Nacht im Skriptorium verbringen, um der Gefahr zu entgehen!«
    Clemens begriff nicht. Dann weiteten sich seine Augen, entsetzt. »Gottfried! Dieser Judas …«, rief er voller Bestürzung. »Und ich wähnte mich in Sicherheit, ihm habe ich vertraut. Er muss die Briefe des Nachts wieder zurückgetauscht haben.«
    Enttäuscht und verbittert angesichts des unerwarteten Verrats wandte er sich ab, als sich eine Nonne durch die umstehenden Schwestern drängte, die den Disput staunend verfolgt hatten.
    »Elysa, ehrwürdiger Kanonikus. Rasch, Agnes liegt im Sterben. Doch bevor sie den Weg zum himmlischen Bräutigam antritt, möchte sie Euch noch einmal sehen.«

12
    S ie eilten zum östlichen Konventshaus. Die Nachricht von
    Agnes’ bevorstehendem Tod hatte ein eigentümliches Feuer in Elysa entzündet. Ihr Verstand sagte, dass es die gerechte Strafe für eine verderbte Sünderin war, doch es war der Mut der reumütigen Priorin, der sie, Elysa, vor eben dem Schicksal, auf dem Boden zerschmettert zu werden, errettet hatte.
    Während sie die

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