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Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
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Blattes, die sich nur wenig vom Pergament abhoben, wenn sie es vom Licht weghielt. Es sah aus wie eine fremde Schrift, nicht Griechisch, weil runder und geschwungener. Elysa hatte solche Buchstabennoch niemals gesehen. Was für einen Sinn ergab es, eine Schrift einzufügen, die einer anderen Kultur zu entstammen schien und die man nur bei genauerer Untersuchung einsah, wenn nicht, um die Bedeutung der Worte vor Unbefugten zu verbergen?
    »Du kannst lesen?«, fragte Margarete erstaunt.
    Elysa schrak zusammen. »Mein Onkel lehrte es mich …« Sollte sie sich Margarete anvertrauen? Nein, sie würde die Nonne unnötig in Aufruhr bringen.
    Margarete schien auf eine weitere Erklärung zu beharren. Mit großen Augen sah sie Elysa an.
    »Ich vermag ein paar Worte mit meiner bescheidenen Bildung zu erkennen, doch um wie vieles gelehrter bist du!« Elysa wandte sich wieder dem Pergament zu. »Es ist wundervoll – wie kam es in deine Hände?«
    Margarete senkte die Lider und errötete voll tief empfundener Schuld. Dann hob die Nonne den Blick – er war verschleiert.
    »Es handelt sich um ein schwerwiegendes Vergehen, Elysa, und ich sollte es besser beichten, als dir zu offenbaren. Doch ich zaudere vor der Geißel, die mich hierfür treffen wird, wenngleich ich ihr nicht entfliehen kann, denn die Augen des Herrn sind allgegenwärtig.«
    Die Nonne ergriff Elysas Hände und drückte sie fest. »Irgendetwas bewegt mich dazu, dieses Geheimnis mit dir zu teilen, bevor ich dafür büße, denn mir ist, als kenne ich dich eine Ewigkeit. Ich habe das Schweigegelübde schon immer schwer ertragen können, und nun scheint es, als öffnetest du mir nicht nur die Zunge, sondern auch das Herz.« Margarete hielt einen Augenblick inne, dann fuhr sie fort. »Das Pergament ist von dem Mönch Adalbert. Er hatte es in der Hand, als ich ihn fand.«
    »Von Adalbert?« Das war wahrlich eine große Neuigkeit. Ein kostbares Fragment mit lateinischem Text und einer verborgenenBotschaft. Was für einem Geheimnis war der Mönch auf der Spur gewesen, bevor er sein Leben ließ? »Weiß sonst noch jemand von deinem Fund?«
    »Niemand.« Margarete ließ Elysas Hände los. »Er lag auf dem Boden, direkt am Ende der Stufen. Beinahe wäre ich über ihn gestolpert. Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist. Elysa, wie konnte ich das nur tun?«
    »Ein Toter lag vor dir. Du hast im Schrecken gehandelt.«
    »Im Schrecken, ja, und in großer Angst.«
    »Angst?«
    »Das Gefühl der Bedrohung – ich spürte es, als ich seine Hände zum Gebet schloss, und ich spüre es wieder, wenn ich davon berichte.«
    »Du musst dich erinnern, Margarete. Was hatte dich derart beunruhigt? War noch jemand im Raum?«
    »Nein.« Margarete stockte. »Das heißt, ich kann es nicht genau sagen. Gewiss, der Tag war noch dämmerig, ich ging zum Fenster, um das Pergament eindringlicher zu betrachten.«
    »Und was hast du gesehen?«
    »Nicht mehr, als du eben selbst gesehen hast.«
    »Ich meinte, als du am Fenster standest?«
    »Ich habe nur auf das Pergament geachtet.«
    »Ist dir im Skriptorium etwas aufgefallen?«
    Margarete schüttelte den Kopf. »Es ist, wie ich dir erzählt habe. Außer Adalbert sah ich niemanden im Raum. Er lag da, seltsam verrenkt, mit weit aufgerissenen, anklagenden Augen und bläulichem Gesicht.«
    Die beiden Frauen schwiegen für ein paar Momente, jede in ihre Gedanken versunken. Vor Elysas Augen entspann sich ein Bild des Mönches, so, wie Margarete ihn beschrieben hatte. Seine dünne Haut, das weiße Haar, die wimpernlosen Augen. Das bläuliche Gesicht mit dem geweiteten Blick. Kaum begann das Bildsich zu verflüchtigen, fiel ihr etwas auf. Elysa versuchte, es zu greifen, bevor es sich verlor, ja, es war etwas, das der Kraft der Analyse nicht standhielt.
    »Welches Gift«, begann sie langsam, »vermag einen Menschen langsam zu zerstören, Glieder und Haut auszumergeln und dennoch einen Todeskrampf auszulösen, der so plötzlich kommt und den Anschein macht, als wolle er sich wehren?«
    Margarete überlegte einen Augenblick und sagte dann: »Ich dachte an argentum vivum, denn dem Mönch entströmte ein merkwürdiger Geruch. Aber du hast recht, das Gift wirkt langsam, lässt die Gedärme qualvoll verfaulen. Adalbert wäre entschlafen, die Glieder gelähmt, mit blasigem Schaum vorm Mund. Er hätte sich nicht in einem plötzlichen Todeskampf aufgebäumt. Es sei denn, man hätte es ihm erneut verabreicht, in stärkerer Dosis.«
    »Vielleicht ist er erst vergiftet

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