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Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
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war. »Ich scheine nicht die Einzige zu sein, die diesen Trakt aufsucht«, bemerkte sie düster. »Doch die Verführung der Nonne, die euch des Nachts mit ihrer Anwesenheit bedachte, wird eine Strafe nach sich ziehen, die ungleich größer sein wird als meine.«
    Ditwin sah sie erschrocken an und hob beschwichtigend die Hände. »Wir haben Gregorius seit gestern Morgen nicht mehr gesehen«, sagte er. »Er lag diese Nacht auch nicht auf seiner Schlafstatt.«
    »Wo ist er hin?«, fragte Elysa mit zitternder Stimme.
    Eberold zuckte die Schultern und riss mit den Zähnen die Brotkante vom Messer. »Das musst du die Priorin fragen«, meinte er gleichmütig kauend.
    Von diesen Männern war nicht mehr zu erfahren. Aufgebracht verließ Elysa das Wohnhaus und schlich zum zweiten, vorsichtig, um dem Seelsorger nicht zu begegnen, doch das Gebäude war vollkommen verlassen. Auch in der kleinen Kapelle war niemand zu sehen.
    Ein leichtes Schwindelgefühl erfasste Elysa, während sie die Möglichkeiten überdachte, die ihr noch blieben. Ratlos blickte sie gen Himmel. Es dämmerte gerade, das Licht war noch fahl. Doch kein Lufthauch rührte sich, kein Regentropfen fiel. Bald war die Laudes zu Ende, also schluckte sie ihre Enttäuschung hinunter und ging den Weg an der Kirchenmauer entlang zurück zur Pforte, die zum Klosterhof führte.
    Das Torhaus war noch immer leer. Sollte sie auf die Pförtnerin warten und sie zum Verbleib von Gregorius befragen?
    Nun erreichte sie auch wieder dieser klamme Frost, dem sie entflohen zu sein glaubte. Elysa trat von einem Fuß auf den anderen, vergebens. Die Kälte kroch durch die Lederhaut ihrer Schuhe die Beine hinauf.
    Sie hatte kaum beschlossen, in die Krankenstube an den warmen Ofen zurückzukehren, da kam Otilie. Als Pförtnerin war sie von der Anwesenheitspflicht bei den Chorgebeten entbunden. Mit gesenktem Kopf eilte sie über den Hof und bemerkte Elysa erst, als sie fast vor ihr stand. Erschrocken fuhr sie auf. »Solltest du nicht besser dem Morgenlob folgen, statt im Müßiggang zu verharren?«
    »Gewiss, Schwester, doch ich habe ein Anliegen, das keinen Aufschub erlaubt. Ich suche Gregorius, einen Laienbruder.«
    »Gregorius?«, wiederholte Otilie gedehnt, und ihr Gesicht verriet,was sie über dieses befremdliche Ansinnen dachte. »Die Laienbrüder sind im Nordtrakt zu finden, der den Nonnen vorenthalten ist, oder auf dem Feld. Doch in diesem Fall weiß ich, dass er nicht zugegen ist. Bruder Gregorius überbringt eine Botschaft und wird erst in einigen Tagen zurückerwartet.«

2
    C lemens war Gottfried zu einer der Gästezellen gefolgt. Und noch bevor dieser die Tür langsam öffnete und auf einen zusammengerollten, tief atmenden Mann zeigte, hatte den Kanonikus die furchtbare Ahnung überfallen, dass es der Laienbruder Gregorius war, der hier die Nachtruhe verbrachte.
    Gottfried hatte Clemens das Versprechen geben müssen, den Laienbruder ohne jeden Verzug gleich in der Früh zurückzuschicken, zuvor aber mussten sie sich noch des Briefes annehmen, den Gregorius am Leib trug.
    Es war nicht so einfach gewesen, das Siegel der erzbischöflichen Kanzlei zu lösen, doch Clemens war unterdessen erfahren in diesen Dingen. Über Stunden hatten er und Gottfried in der Schreibstube verbracht und im schummrigen Licht der Laterne einen neuen Brief aufgesetzt.
    »Dafür wirst du im ewigen Feuer schmoren«, hatte Gottfried geschmunzelt, während der Federkiel über das Pergament glitt.
    »Nicht, wenn ich damit verhindern kann, dass Gottes Sprachrohr ungehört verhallt.«
    Während sie das neue Schreiben aufsetzten, hatte Gottfried über die Vorfreude berichtet, die Mainz von Tag zu Tag stärker in Erwartung des Kreuzzuges erfüllte, und es hatte sich eine hitzige Debatte entspannt, in der Gottfried versucht hatte, Clemens von der Notwendigkeit dieses Unterfangens zu überzeugen.
    »Gott gab jenes Land in den Besitz der Söhne Israels«, hatte er Clemens beschworen. »Der Erlöser hat es durch seine Ankunft verherrlicht, durch seinen Lebenswandel geschmückt, durch sein Leiden geweiht, durch sein Sterben erlöst und durch sein Grab ausgezeichnet. Soll diese Königsstadt also von Menschen gehalten werden, die Gott nicht kennen?«
    »Dem stimme ich zu«, hatte Clemens entgegengehalten, »doch wird das Unternehmen dem Papst nicht entgleiten? Die Welt befindet sich in einem Taumel. Wird der Papst dem Blutrausch Einhalt gebieten können, der sich in den Eroberern entfesselt, so wie es bereits in den

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