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Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
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Erzbischöfe und der Kaiser, mussten dieser Straße folgen, wenn sie nicht durch die undurchdringlichen Wälder ziehen oder mit einem Boot den Rhein hinab reisen wollten. Die Regenfälle aber hatten die Straße an manchen Stellen für Fuhrwerke unpassierbar gemacht, die Menschen blieben in den Siedlungen oder verharrten im Wald.
    Nun lichteten sich die Baumreihen. Schon von weitem war die Kaiserpfalz Ingelheim zu sehen, an der die Straße nach Bingen vorbeiführte. Vor Jahren prachtvoll erneuert, thronte die Pfalz über der weiten Rheinebene und den umliegenden Höfen. Ihr gegenüber, am anderen Ufer des Rheins, lag ein Weinberg, derJohannes dem Täufer geweiht war. Auf dessen Kuppe war ein Kloster errichtet worden, dessen Mönche sich zur Erbauung dem Weinbau widmeten.
    Schon oft war Clemens von Hagen an der Ingelheimer Pfalz vorbeigeritten, jedes Mal aufs Neue beeindruckt von der Größe und Stattlichkeit der Gebäude und von der städtischen Anmutung der Aula regis , des einschiffigen Apsidensaals nach Vorbild antiker Basiliken, mit Hauptzugang im Norden und Thronapsis am südlichen Saalende.
    Der Kaiser hatte die Pfalz in den letzten Jahren zu einer burgartigen Befestigung ausbauen und mit Wehrmauern und tief gezogenen Gräben versehen lassen, obgleich man ihn nur selten hier erwartete.
    Vor wenigen Jahren war auch Clemens zu Gast in der Pfalz gewesen, und während er der Straße folgte, erinnerte er sich jener Tage, als der Kaiser sein Kommen angekündigt hatte und Kaufleute, Fürsten und Bischöfe neben Vaganten, Würfelspielern, Narren und Huren herbeigeströmt waren, um Friedrich Barbarossa zu unterhalten, sich mit ihm auszutauschen oder über Privilegien zu verhandeln.
    Die umliegenden Höfe hatten sich auf die Ankunft des Hofstaates vorbereitet, sie hatten Hunderte Schweine und Schafe geschlachtet und etliche Fuder Wein und Bier, tausend Malter Korn, Fische, Eier, Gemüse und vieles mehr gebracht. Clemens hatte auch vom Wein des gegenüberliegenden Berges gekostet, der betörend war und fruchtig.
    Die unliebsamen Anhänger und Schmarotzer jedoch hatten sich mit schlechtem, unausgebackenem Brot und stinkenden alten Fischen begnügen müssen, denn die feinen Leckereien waren ausschließlich den weltlichen und geistigen Fürsten vorbehalten gewesen.
    Auch Radulf von Braunshorn war bei diesem Aufenthalt zugegengewesen. Er hatte sich als enger Vertrauter des Papstes als auch des Kaisers ausgegeben und erntete den offenen Neid eines Kapellans, der bereits als kaiserlicher Legat in Burgund war und dort der Kaiserin Beatrix als Notar diente. Ein anderer hatte sich der Dienste des Kaisers gerühmt, als er in jungen Jahren im Auftrag Barbarossas die Gesandten des byzantinischen Herrschers zurück nach Konstantinopel begleitet hatte, um die Absichten des Kaisers Manuel Komnenos auszukundschaften. Sie alle hatten sich als Belohnung ein Bistum oder eine einflussreiche Stelle erhofft. Auch der Vorgänger des Propstes von St. Stephan in Mainz war einst ein Günstling gewesen, der sich mit außerordentlichen Dienstleistungen das Amt als Lohn verdient hatte. Manch einer aber hoffte seit Jahren vergeblich und erging sich nun in Schwärmerei über die vergangenen glorreichen Zeiten.
    Doch auch wenn vereinzelt Diener von der Ankunft des Kaisers gemunkelt hatten, so hatte ihn in diesen Tagen niemand zu Gesicht bekommen. Die hohen Gäste hatten sich enttäuscht der Völlerei und Trunksucht ergeben und in die Lieder der Vaganten mit eingestimmt. Am Abend war eine derbe Schlägerei entstanden, was Clemens, der damals dem Kaiser eine erzbischöfliche Urkunde vorzulegen hatte, Anlass zur vorzeitigen Abreise gegeben hatte.
    Während Clemens nun an der kaiserlichen Pfalz vorbeiritt, erinnerte er sich der prächtigen Ausarbeitungen der neugestalteten Gebäude, der Ausschmückungen des Kirchenbaus mit mächtigen, imperialen Rundbögen. Des Reliefs am nördlichen Chortürmchen, das einen Löwen zeigte, der mit den Vorderpfoten ein Lamm umschließt. Reißt er es, oder wirft er sich schützend darüber?
    Die Straße führte Clemens durch ein Dorf, an langgestreckten Häusern vorbei, die giebelseitig zur Straße standen, ein Vicus, in dem sich Handwerker, Händler und Dienstleister zusammenschlossen. Vor einem der Häuser saß ein alter Mann mitdümmlichem Ausdruck, um ihn herum spielende Kinder mit rotgefrorenen Gesichtern.
    Einen kurzen Augenblick dachte Clemens daran, anzuhalten und das Pferd in einer kurzen Rast zu schonen.
    Dann aber

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