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Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
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erklärte. Jemand hat ihn getötet, auf welche Art ist uns verschlossen. Doch wer ihn getötet hat, war auf der Suche nach der Botschaft des Pergaments. Er hat sich eines Teils davon bemächtigt und kam, um auch den Rest an sich zu reißen.«
    Margaretes Gesicht verzog sich vor Angst und Kummer. »Herr im Himmel, der Teufel hat mir einen üblen Streich gespielt, als er mich lenkte, um das Einzige zu vernichten, was dem Mönch noch blieb.«
    »In der Tat. Du siehst, Jutta, du tadeltest mich zu Unrecht. Auch wenn ich aus Hochmut handelte, als ich mich als Anwärterin ausgab, so wäre es nicht minder hochmütig, über die Vorfälle den Schleier des Schweigens zu decken.« Elysa betrachtete Margaretes eingesunkenes Antlitz. »Wir können den Verlust des Fragments nicht ungeschehen machen. Dennoch müssen wir uns endlich aufraffen, die Vorfälle zu untersuchen, die schwarzen Schafe von der Herde zu trennen, damit nicht die ganze Herde zugrunde geht. Wer also könnte den Mönch gemeuchelt haben, wer legte das Feuer und warum?«
    Etwas hatte sich verändert seit diesem Morgen. Elysa konnte nicht sagen, was es war. Doch sie spürte, dass sie Gregorius einer glücklichen Fügung zufolge nicht angetroffen hatte. Sie würde bleiben. Nicht, um einer ungewissen Zukunft auf Burg Bergheim zu entgehen, sondern weil das Schicksal dieses Klosters ihr am Herzen lag.
    »Ich sehe ein, im Urteil zu dir gefehlt zu haben«, begann Jutta zögernd. »So lasst uns nachdenken, wer diese missliche Lage herbeigeführt hat. Radulf von Braunshorn kann es nicht gewesen sein, auch wenn ich ihm und seiner Macht misstraue. Er verbreitetden Geruch der Angst, ist grausam und verabscheuungswürdig. Doch die Vorfälle hatten begonnen, bevor er das Kloster betrat.«
    Margarete befühlte ängstlich das Kreuz um ihren Hals. »Adalbert hing ein eigenartiger Geruch an, der auch heute die Kirche durchströmte, als Ida das glühende Eisen trug. War es der Atem des Teufels?«
    »Nein«, erwiderte Jutta. »Ich habe den Geruch ebenfalls wahrgenommen, beim Mönch und in der Kirche. Doch erst nach reiflicher Überlegung weiß ich, woran er mich erinnert: Es war der süßliche Atem verbrannten Fleisches. Er haftete Adalbert an, als er das Kloster durch die Pforte betrat.«
    »Verbranntes Fleisch?« Es war entsetzlich. Denn was anderes konnte es bedeuten, als dass die Haut des Mönches am lebendigen Leib verbrannt worden war. »Der Verfall innerhalb kurzer Zeit«, flüsterte Elysa, »das ausgezehrte Gesicht ohne Wimpern und Augenbrauen, die weißen Haare …«
    Unlängst hatte sie in Mainz einer öffentlichen Verhandlung beigewohnt, die sie zutiefst erschüttert hatte. Ein Ketzer war angeklagt worden, aufs Schlimmste zugerichtet, ausgemergelt und dürr. Er war geständig gewesen, doch bebend vor Angst.
    »Ist es möglich, dass Adalbert gefoltert wurde?«
    Sie verharrten in Schweigen. Eine Laienschwester kam vom schmalen Gang des äußeren Bezirks hergeeilt und verschwand im Refektorium.
    Kaum war sie außer Sicht, bestätigte Jutta diese Überlegung. »Wenn man dem Körper über lange Zeit die Nahrung entzieht, wird er dürr und trocken. Adalberts Haut roch verbrannt, er war in großer Furcht, und auch die durch Furcht hervorgehenden Tränen steigen auf in einem bitteren Rauch, trocknen das Blut aus und schädigen den Menschen. Ein unermesslicher Schock nimmt dem Haar seine Farbe, indem die noch dunklen, alten sich vorzeitig lösen und nur die neueren hellen noch Halt finden.Überschreitet dann das Trockene des Körpers das Lauwarme und das Lauwarme das Feuchte, so wird dieser Mensch auch krank im Geist. Der Mönch sprach wirr, seine Augen blickten unstet. Ja, in der Tat, Adalbert von Zwiefalten ist gefoltert worden.«
    Elysa nickte. »So ist es von äußerster Wichtigkeit, herauszufinden, warum und welche Rolle das Pergament darin spielt.«

6
    D er Weg führte entlang einer Römerstraße in Richtung Bingen, durch dichte Wälder aus Eichen, Buchen und hohem Gestrüpp. An manchen Stellen schimmerten die dunklen Wasser des Rheins durch die Bäume.
    Anfangs war der Kanonikus etlichen Menschen und Tieren begegnet, einem Trupp Holzfäller, zwei Frauen mit einem Korb voller Reisig sowie verwahrlosten Kindern mit einer wilden Ziege.
    Doch je weiter er ritt, desto weniger Menschen traf er an, was verwunderlich war, denn diese Straße war für Kaufleute und andere Reisende die einzige Verbindung zwischen Mainz und Bingen und von dort aus weiter nach Trier. Alle, auch

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