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Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
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von dem Bittenden, und gib ihm keinen Anlass, dir zu fluchen«, rief Ermelindis aus.
    Eine Nonne kam herein, die dem Tischdienst zugeteilt worden war, und brachte Schalen mit den Resten der Mahlzeiten. Ermelindis warf einen kurzen Blick darauf und wies die Küchenmagd an, sie in eine größere zusammenzuschütten und zum Nordtrakt zu bringen, um die Konversen und das Gesinde damit zu sättigen. Dann gab sie jedem der verlumpten Gestalten einen Kanten Brot und schickte sie zur Hintertür hinaus. Die Küchenmagd eilte hinterher, die Schale mit den Resten für die Konversen in der Hand. Ermelindis rief ihr zu, sie solle dafür sorgen, dass die Armen das Kloster auch verließen, dann schloss sie die Tür und sperrte die Kälte aus.
    »Du kannst es ruhig der Priorin melden, sie ahnt es ohnehin«, seufzte Ermelindis und setzte sich an den Tisch.
    »Was sollte ich ihr melden?«
    »Dass ich in der Küche die Armen speise. Mit den kärglichen Resten, die uns bleiben. Heute gab es nur die Brühe, in der ich tags zuvor die Rüben gekocht hatte. Das Brot reicht kaum noch für den ganzen Konvent, doch von dem Sud alleine werden die Menschen nicht satt!«
    »Ist es nicht auch Pflicht des Klosters, sich um die Armen zu kümmern?«
    »Ja, vor allem die Pflicht einer Celleraria. Um Kranke, Gäste und Arme soll sie sich mit großer Sorgfalt kümmern, denn für sie alle muss sie am Tag des Gerichtes Rechenschaft ablegen.« Ermelindis schüttelte verärgert den Kopf. »Die meisten sind alt und voller Gebrechen. Soll ich sie abweisen? Die Priorin verbat mir die Armenspeisung, bis der Konvent wieder ausreichend versorgt ist. Außerdem würde die Anwesenheit derartigen Packes den Ablauf des Klosters stören. Nun sage mir, Anwärterin, wie soll ich nicht gegen die Regeln verstoßen, die die Fürsorge verlangen,doch ebenso die Folgsamkeit gegenüber den Anweisungen der Priorin?«
    Elysa nickte mitfühlend. »Doch warum diese Bedrängnis? Es gab keine Hungersnot, die Ernte war nicht üppig, jedoch ausreichend. Euer Mutterkloster verfügt über weite Ländereien, zu denen Felder, Weinberge, Wälder und Mühlen gehören, außerdem besitzt es das Fischereirecht.«
    »Es wird seine Berechtigung haben. Die Äbtissin vom Rupertsberg ist eine fürsorgliche und warmherzige Frau. Nie würde sie uns willentlich hungern lassen. Doch sie ist alt, und sie plagt der Rücken. Längst hätte sie uns besucht, wenn dieses Gebrechen sie nicht daran hinderte.« Zornig kniff Ermelindis die Lippen zusammen. »Für den hohen Herrn allerdings ist immer reichlich vorhanden. Er nimmt sich als Erster, verlangt Huhn und Wein und lässt es sich in die Sakristei bringen, einem heiligen Ort, der nun durch das Essen entweiht wird!«
    Dass Radulf von Braunshorn auf eigenen Privilegien bestand, erstaunte Elysa nicht. »Wer bereitet hier das Essen zu?«
    »Warum fragst du? Ist dein Gaumen zu anspruchsvoll für unsere Speisen?«
    »Ich frage nicht für mich, sondern aus Sorge um Margarete. Zweifellos gibt es hier jemanden, der ihr schaden möchte. Am Tag der Ankunft des Exorzisten wurde sie niedergeschlagen, und die Ente, die du ihr zur Stärkung brachtest, war durchtränkt mit Gift.«
    »Das ist unmöglich!«, rief Ermelindis voller Entrüstung.
    »Es ist die Wahrheit. Als ich am Tag zuvor in der Krypta zusammenbrach und mit meinem Geschrei das Chorgebet störte, geschah es nicht aus Schwäche, sondern weil mein Magen in Aufruhr war. Denn ich hatte dem Hunger nicht standhalten können und von der Ente gekostet.«
    »So war es die Strafe Gottes für dein Vergehen, nicht das Gift«,antwortete Ermelindis scheinbar gleichmütig. Doch als Elysa überlegte, ob sie sich damit vom Verdacht des versuchten Menschenmordes befreien wollte, erkannte sie eine unbestimmte Furcht in den Augen der Celleraria.
    In diesem Moment wurde die Tür von der Seite des Kreuzganges aufgestoßen. Irmentraut, die Vorleserin, kam herein, mit ihr die Nonne, die an diesem Tage Tischdienst hatte. Ermelindis stand auf und stellte Schalen mit kaltem Kraut und salzigem Fisch auf den Tisch, dazu einen Krug Wasser. Dann winkte sie Elysa, ihr zu folgen.
    Sie verließen die Küche durch die Tür zum äußeren Konventgelände. Gegenüber lag das Backhaus, das direkt an der Klostermauer anschloss.
    Im Himmel tobten Blitz und Donner und entluden sich heftig. Lieber wäre Elysa in den Räumen geblieben, doch Ermelindis bog nach links. Sie ging an einem kleinen Beet vorbei, das, wie halbhohe Salbeistauden, Rosmarin und

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