Perlenregen
übermütig, grübelte ich, aber nun gab es kein Zurück mehr. Eine Reiserücktrittsversicherung schloss ich nicht ab, sondern leistete mir lieber zwei Reiseführer, in denen ich stundenlang stöberte. Nach zwei Tagen Kreta-Lektüre wusste ich, wo ich hinwollte, nämlich in den Süden der Insel in das Örtchen Matala. Das war früher der Hippie-Ort schlechthin und auch heute gab es in Matala noch eine Menge Rucksacktourismus und dementsprechend günstige Unterkünfte.
Zu Luis war ich kühl wie nie und versuchte, mich bereits im Vorfeld von ihm zu distanzieren. Doch er bemerkte es noch nicht einmal. Ich erzählte ihm nichts von meinen Plänen und erst drei Tage vor dem Abflug fragte er mich beim Einschlafen:
„Na, Mäuschen, bleibst du doch bei mir zu Hause? Aber sei nicht böse, wenn ich wenig Zeit für dich hab, ich werde fast nur in der Halle sein. Wir können ja immer schön ausschlafen, nicht?“
„Kannst gerne ausschlafen, Schatz“, gab ich einsilbig zurück und drehte ihm schon wieder den Rücken zu. Ich spürte, wie er sich aufsetzte und zu mir rüberschielte.
„Wie meinst du das denn? Willst du nicht ausschlafen?“
„Doch, schon, aber nicht hier. Ich fliege Sonntag nach Kreta. Wäre nett, wenn du mich zum Flughafen bringst. Um 12 Uhr muss ich dort sein. Passt dir das oder hast du ein Spiel?“
Langsam drehte ich mich auf den Rücken und beobachtete Luis’ Minenspiel. In ihm ratterte es und er schien sich zu fragen, ob ich noch alle Tassen im Schrank habe.
„Du veräppelst mich, oder? Weiß Christian davon?“
„Wieso Christian? Ich flieg nicht mit Jenny, sondern alleine.“
Hach, ich war herrlich cool und musste zur Abwechslung mal nicht heulen. Normalerweise fing ich immer an zu weinen, wenn sich zeigte, dass ich mit einer Pfeife zusammen war. Aber vielleicht war ich auch einfach schon einen Schritt weiter.
„Mäuschen“, brummte Luis liebevoll und beugte sich über mich, so dass sein Gesicht ganz dicht über meinem war. Jetzt nur nicht schwach werden! „Mäuschen, du kannst doch nicht alleine fahren, das ist doch total langweilig. Komm, ich zeige dir was viel Schöneres.“
Er küsste mich hinter meinem Ohr, dort, wo ich es besonders gerne hatte, und fuhr mit seiner linken Hand an meinem Körper herunter, schob mein Top nach oben und wollte meine Brüste streicheln. Ach, Luis, dachte ich wehmütig, du kennst mich so gut und das ist auch wirklich schön. Aber lass dir doch ein einziges Mal etwas anderes einfallen!
„Du, Schatz, sei nicht böse“, flüsterte ich, „aber ich muss morgen früh raus und will mir nach Feierabend noch einen neuen Bikini kaufen. Wir verschieben das, ja?“
Jetzt wurde Luis wütend.
„Und wo beabsichtigt die Dame auf Kreta zu campieren? Luxushotel inmitten netter Animateure oder was?“
„Quatsch. Du weißt doch, dass ich auf so was nicht stehe. Nein, ich weiß es noch nicht. Hab mir nur einen Flug gebucht und bin zwei Wochen später wieder da.“
„Du spinnst! Das ist doch viel zu gefährlich! Vielleicht sind alle Hotels überfüllt und du wirst überfallen!“
Die Sache begann mir Spaß zu machen und Luis war anscheinend ein wenig besorgt. Richtig so, das hatte er sich schließlich selbst zuzuschreiben!
„Darüber habe ich mir schon Gedanken gemacht und beschlossen, dass ich das Risiko eingehe. Du hast ja neulich erst gesagt, dass du mich ein bisschen langweilig findest und ich muss zugeben, dass da was dran ist. Ich habe mir schon einen Ort ausgesucht, wo viele Rucksacktouristen sind. Dort fahre ich mit einem Taxi hin, ist nämlich am anderen Ende der Insel, vom Flughafen aus gesehen.“
„Pia, jetzt mal ehrlich, du bist jung, blond und alleinreisend. Das ist doch Wahnsinn. Und überhaupt, was willst du denn ohne mich überhaupt anstellen?“
„Mach dir mal keine Sorgen, lieber Luis, ich schaff das schon und werde bestimmt eine Menge Leute kennenlernen. Bin schließlich jung, blond und alleinreisend.“
Und damit drehte ich mich wieder auf die Seite, zog mein Top nach unten und wünschte eine gute Nacht.
Kapitel 2
Bis zu meiner Abreise sprachen wir kaum noch ein Wort miteinander und ich behielt meine Stimmungsschwankungen für mich. Hoffentlich hatte Luis nicht recht mit der leichten Beute für Taschendiebe oder sogar Vergewaltiger! Aber andererseits bin ich früher auch mitten auf Hamburgs Reeperbahn durch die Nacht marschiert, um zu einem Nebenjob als Kellnerin zu gelangen. Klar, ich wurde auch mal angepöbelt und
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