Perlenregen
meinem Schatz wollte ich auf urigen Holzstühlen in einer Taverne am Hafen sitzen und bei Bifteki und griechischem Wein auf das Meer blicken.
Doch es kam alles ganz anders. Zwei Wochen, bevor es losgehen sollte – wir hatten uns entschieden, direkt am Flughafen Last Minute ein Superschnäppchen zu ergattern – fiel Luis ein, dass er lieber doch nicht weg möchte.
„Mäuschen, ich habe einfach keine Zeit. Insgesamt finden in den zwei Wochen Urlaub drei Punktspiele statt. Die kann ich echt nicht verpassen. Außerdem will ich meinen Wagen in die Werkstatt bringen, irgendwas stimmt nicht mit dem Anlasser. Fahr doch mit Jenny, dann könnt Ihr ein bisschen shoppen und gemütlich essen gehen.“
Geschockt starrte ich ihn an und bereits nach wenigen Sekunden stiegen mir die Tränen in die Augen.
„Das kannst du doch nicht machen! Wir haben doch alles geplant!“
„Wir haben gar nichts geplant, du hast geplant, Pia. Ich wollte von Anfang an nach Cuxhaven, aber du hast ja nur noch von Griechenland gelabert.“
Wenn Luis mich Pia statt Mäuschen nannte, war das kein gutes Zeichen. Es kam äußerst selten vor, dass Luis sauer wurde und jetzt schien solch ein Moment gekommen zu sein. Aber warum? Was hatte ich ihm getan? Fand er mich langweilig oder unattraktiv?
„Sag doch gleich, wenn du keine Lust hast, mit mir allein zu sein!“, heulte ich.
„Was für ein Quatsch. Wir sind doch andauernd allein, hier in unserer Wohnung. Ist doch alles gut. Ich will nur nicht in Urlaub, aber du kannst doch gerne fahren, Pia. Hab ich überhaupt kein Problem mit.“
„Ach ja, und warum nennst du mich dann Pia?“
„Äh, weil du so heißt? Ich denk, du kannst Mäuschen nicht ausstehen.“
„Ja, schon, aber ich will doch einfach nur in Urlaub mit dir.“
Inzwischen war ich in Tränen aufgelöst und kreuzunglücklich. Wie konnte er mir das nur antun? Ich wollte nicht mit Jenny weg, sondern mit Luis!
„Was hat denn dein Name mit Griechenland zu tun? Pia, Mäuschen, verdammt, Schatz – ich komm nicht mit. Mach kein Drama draus. Ich kann euch ja zum Flughafen bringen.“
„Dann flieg ich eben alleine! Du mieser Kerl! Du wirst schon sehen, was du davon hast!“
Ich heulte die ganze Nacht durch und drehte Luis im Bett den Rücken zu. Sonst kuschelte ich mich immer an ihn. Es schien ihn nicht zu stören – weder das eine, noch das andere. Als ich am nächsten Morgen im Spiegel mein verheultes Gesicht sah, beschloss ich, dass die alte Pia aus dem Mäuschenloch rausmusste. Was war nur aus mir geworden in den letzten Monaten? Ein bettelndes und klammerndes Äffchen, das um die Gunst seines Freundes flehte und sich total lächerlich machte. Nein, so konnte es nicht weitergehen. Ein Leben mit solch einem Mann als Vater meiner Kinder – das konnte ich mir nicht vorstellen. Luis interessierte sich nur noch für sich, beschwichtigte mich, wenn ich Wünsche und Sehnsüchte hatte. Und im Bett verlief doch schon lange alles nach Schema F. Wann hatten wir uns das letzte Mal einfach nur ausgiebig geküsst, so richtig herumgeknutscht? Auf Georgs Silvesterparty – aber das lag ein halbes Jahr zurück und außerdem war Luis da auch total besoffen.
Tapfer stieg ich auf die Waage und sah, was ich ohnehin schon ahnte. Statt meiner üblichen 59,9 Kilo leuchtete mir die Digitalanzeige vorwurfsvoll eine 63,4 entgegen. Luis, du Blödmann, ich werde es dir schon zeigen! Anstatt zur Arbeit zu fahren, steuerte ich ein Reisebüro an. Ich wollte nicht mehr lange nach der perfekten Unterkunft suchen, ich wollte keine Freundin mitnehmen, ich wollte einfach nur noch weg und das möglichst schnell dingfest machen, damit ich es mir nicht noch anders überlegte.
„Ich möchte nur einen Flug nach Kreta, hin und zurück, zwei Wochen lang.“
„Haben Sie schon eine Bleibe?“, wollte die Reiseverkehrskauffrau wissen.
„Nein. Ich suche mir vor Ort was Hübsches. Das geht doch, oder?“
„Ja, ich denke schon. Zur Not müssen Sie ein bisschen im Landesinnern auf die Suche gehen, da findet man immer ein Dach über dem Kopf. An der Küste ist es sicherlich voller. Sind Sie schon oft als Rucksacktouristin gereist?“
„Nein, noch nie. Aber mein Leben soll sich ändern. Ich will endlich mal etwas wagen.“
„Wow!“, sagte die sympathische junge Frau und ich hatte den Eindruck, sie war ein bisschen neidisch auf mich.
Ich buchte einen Flug, für den ich zwei Wochen auf Kreta bleiben müsste. Hoffentlich war das nicht zu
Weitere Kostenlose Bücher