Perlenregen
fuchtelten nun auch wie irre vor meinem Gesicht herum und versuchten, sich gegenseitig zu unterbieten. Einer sprach sogar deutsch:
„Fünf Euro! Mehr nicht!“
„Fünf? Wieso denn so wenig?“
Darauf bekam ich keine Antwort. Stattdessen bekam ich Angst. Wieso wollten die denn für solch eine weite Tour nur so wenig Geld haben? Ich konnte mir nicht vorstellen, dass das mit der wirtschaftlichen Lage Griechenlands zu tun hat, sondern befürchtete, dass die Männer mich nur in ihr Auto locken wollten, um mich dann auszurauben, anschließend zu missbrauchen und am Schluss mitten im Nirgendwo aus dem Auto zu schubsen.
Dankend lehnte ich ab und flüchtete zurück ins Flughafengebäude. Was sollte ich nur tun? Die vollgestopften Hotelbusse verließen bereits den Parkplatz. Dann musste ich eben mit einem normalen Bus fahren. Ich ging zurück, hinaus in die Hitze und fand den Busbahnhof.
Drei Busse standen dort. Sie sahen alle aus wie Reisebusse, doch vor und in ihnen schien es nur Einheimische zu geben. Ach du Schande, mir wurde ganz anders. Ich ging zum ersten Bus und versuchte mein Glück auf Englisch. Keine Chance. Also nannte ich nur den Ortsnamen: „Matala?“ Der Busfahrer wies zum Bus auf der anderen Straßenseite und ich stapfte hinüber. Im Geiste schickte ich ein Dankesgebet gen Himmel – gut, dass es Trolleykoffer gibt! Ich wuchtete mein Gepäck in den Stauraum an der Seite, bezahlte meine Fahrkarte und setzte mich auf den einzig leeren Platz neben eine alte Frau, die komplett in Schwarz gekleidet war und merkwürdige Geräusche machte. Wie lange wir bis nach Matala brauchen würden, verstand ich nicht, aber ich glaubte, irgendetwas mit anderthalb Stunden vernommen zu haben. Das konnte ja heiter werden!
Laut und stark ruckelnd setzte sich der Bus in Bewegung und ich versuchte mich zu entspannen. Zuerst sog ich die Eindrücke der Insel auf und versuchte mir ein Bild von Kreta zu machen. Ich hatte mir vorgestellt, dass das gesamte Eiland vollgestopft mit Hotels und Pensionen sei, doch glücklicherweise sah es ganz anders – wesentlich naturbelassener – aus. Die Menschen im Bus waren recht still, nur selten vernahm ich leise Gespräche der Einheimischen in ihrer Landessprache.
Meine Gedanken wanderten zu Luis, in unsere Wohnung. Wie schön ich mir alles ausgemalt hatte, als wir zusammenzogen! Zuvor hatte ich alleine in einer schnuckeligen Zwei-Zimmer-Wohnung unterm Dach gelebt. Mitten in der Stadt, Altbau und total urig. Meistens war meine beste Freundin Inga bei mir und wir redeten nächtelang über Männer, Diäten und unsere Zukunft. Ob wir jemals einen Typen finden würden, der nicht bindungsunfähig oder hässlich ist?
Dann lernte ich Luis kennen, ganz unspektakulär beim Sonntagsmorgenbrunch in der Stadtbäckerei. Inga und ich hatten es uns wie fast jedes Wochenende in dem Café gemütlich gemacht und zelebrierten unser Ritual bei Milchkaffee, Croissants und Obstsalat.
„Hach“, sagte ich zu Inga, „ich glaube, wir bleiben für ewig Single-Frauen. Aber ist ja nicht so schlimm – bevor wir uns mit irgendwelchen Idioten zusammentun, bloß, weil wir Zärtlichkeitsdefizite verspüren, sollten wir darüber nachdenken, uns an einen Begleitservice zu wenden.“
Inga prustete los und ich drehte mich um, weil ich das Gefühl hatte, dass uns jemand belauschte. Just in dem Moment, als ich mit riesigen Augen nach hinten starrte, fing ich den Blick eines gutaussehenden Typen auf. Strahlend blaue Augen, kurzer modischer Haarschnitt und ein amüsiertes Grinsen.
„Darf ich mich vorstellen? Ich bin Gesandter eines Begleitdienstes!“
Ich lief knallrot an, aber versuchte möglichst geistreich zu antworten.
„Was kosten Sie denn die Stunde?“
„Genau“, mischte sich Inga ein, „wir kaufen ja nicht die Katze im Sack!“
„Das ist nicht ganz billig, darum kümmere ich mich auch immer nur um eine Kundin zur Zeit. Die Preise sind allerdings verhandelbar!“
„Ach“, sagte ich, „und wer darf zuerst probieren, wie es so läuft mit Ihnen als Begleitbediensteter?“
„Sie! Und vielleicht gebe ich danach meinen Job ja auch auf und bleibe für ewig an Ihnen kleben.“
So fing es an mit Luis und mir. Bis auf seine Ex Nina, die ihre Felle davonschwimmen sah, war anfangs alles perfekt. Aber nach zwei Monaten gab sie endlich auf und ich hatte meinen vermeintlichen Traummann für mich allein. All meine Freundinnen beneideten mich um meinen Freund, der treu ist, einen Job hat und sich nicht
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