Perlentod
Senta. Wie sich herausstellte, hatte die Okkulta die ganze Zeit über gewusst, dass ihr Bruder ihren Verlobten hintergangen hatte. Nachdem Richart aber im Gefängnis verstorben war, hatte sie zur Bestrafung nie mehr ein Wort mit ihrem Bruder gewechselt. An die Polizei jedoch, hätte sie Wilhelm niemals verraten. Denen traute sie nicht mehr, seit ihr Verlobter in der Haft gestorben war.
»Ähnlich ging es wohl auch der alten Frau Irmi«, mutmaßte die Kommissarin. »Laut Anna Koschel hat sie aus Trauer über Richarts Tod nie wieder über den Fall gesprochen. Den Geschwistern kam das nur gelegen. Wahrscheinlich haben sie beide nicht schlecht von der Beute profitiert.«
»Genau«, rief Senta auf. »Was ist eigentlich mit den Perlen und den anderen Sachen von dem Raub, die verschwunden sind. Hat Koschel die nicht irgendwo versteckt?«
Die Kommissarin schüttelte den Kopf. »Das Diebesgut wird wohl leider für immer verschwunden bleiben. Bei dem Vermögen, das Koschel besitzt, vermuten wir, dass er die Beute sicherlich schon vor ganz langer Zeit zu Geld gemacht hat.«
Senta nickte nachdenklich. Ja, das schien logisch, auch wenn Herr Lobach sicher enttäuscht sein würde, dass er keine neuen Ausstellungsstücke für sein Museum bekam.
»Aber nun zum zweiten Fall, dem Mobbing an eurer Schule«, unterbrach die Kommissarin Sentas Gedanken.
»Zunächst muss ich dir ein riesiges Lob für deinen Bericht aussprechen. Der hat uns wirklich sehr geholfen.« Senta lächelte verlegen.
»Wir haben mit den Täterinnen und deren Eltern bereits intensive Gespräche geführt«, berichtete Frau Wagenstein. »Miriams Vater hat schon angekündigt, dass er seine Tochter auf ein Internat schicken wird, weil man sie hier so schändlich verleumdet«, fügte die Kommissarin hinzu. »Ich verspreche aber, dass wir die junge Dame nicht ungeschoren davonkommen lassen werden.«
Als die Kommissarin sich wenig später am Gartentor der Herzogs verabschiedete, lief ihr fast Mo in die Arme.
27
Endlich«, seufzte Senta erleichtert, nachdem sie Mo eine halbe Stunde später aus den Fängen ihrer überglücklichen Eltern gerettet und in ihr Zimmer gelotst hatte. Mo lachte und schaute sich interessiert in ihrem Reich um. Unangenehm berührt, raffte Senta schnell die auf dem Boden verstreuten Klamotten zusammen.
»Brauchst wegen mir keinen Räumflash zu kriegen.« Wieder lachte Mo und griff amüsiert nach ihrem lilafarbenen Minikleid. »Ziehst du das noch mal an?«, fragte er und grinste Senta frech aus seinen Planetenaugen an. Sein Blick durchfuhr sie wie ein Blitz. »Ich, äh«, stotterte sie und stellte zum wiederholten Male fest, dass dieser Junge ihr die Worte raubte.
Doch zur Abwechslung schien auch Mo nichts mehr einzufallen. Er war ganz dicht an sie herangetreten. So dicht, dass sie ihr Kinn nach oben strecken musste, um nicht direkt gegen seinen Hals zu starren. Aber dem durchdringenden Blick seiner Augen konnte sie sich sowieso nicht entziehen. Mo umfasste ihre Schultern und Senta schlang zaghaft ihre Arme um seine Taille. Durch sein T-Shirt spürte sie seinen warmen Oberkörper und schmiegte sich an ihn. Der folgende Kuss war schöner als jeder Tagtraum, den Senta sich bislang vorgestellt hatte. Eine gefühlte Ewigkeit später lösten sie sich langsam voneinander. Senta strahlte über das ganze Gesicht. Sie konnte sich nicht daran erinnern, jemals glücklicher gewesen zu sein.
Stundenlang kuschelten sich die Frischverliebten auf Sentas Sofa und sprachen über die vielen Ereignisse der letzten Tage.
»Morgen kommt meine beste Freundin Leni«, kündigte Senta an, als es draußen bereits dämmerte. »Möchtest du sie vielleicht kennenlernen?«
»Klar«, Mo nickte begeistert.
»Ich hab versprochen, ihr ein bisschen was von Harting zu zeigen, und ich glaube, du wärst der perfekte Fremdenführer«, schmeichelte sie ihm und grinste.
»In den Bunker werden wir aber nicht hineinkönnen«, scherzte Mo zurück. Doch Senta erstarrte. Der Gedanke an den Bunker, den sie, wenn es nach Koschel gegangen wäre, vielleicht nie wieder lebend verlassen hätte, jagte ihr eine Gänsehaut über den Rücken.
Schnell griff Mo nach ihrer Hand und drückte sie fest. »Koschel wird wegen Mordes verknackt werden. Der kann dir nichts mehr tun.«
Senta nickte und schmiegte sich noch näher an Mo.
»Und ins Spritzenhaus kommen wir auch nicht«, stellte sie fest. »Den Schlüssel wird Miriam wohl kaum rausrücken.«
»Ins Spritzenhaus?« Mo stutzte. »Da kommt
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