Perlentöchter
und ihr Mann wurden fortgeschickt, irgendwohin. So läuft das hier unten. Wir kommen, und wir gehen. Wenngleich ein paar von uns«, ihr Blick ruhte dabei auf Roses Bauch, »ihre Spuren hinterlassen. Da wir gerade davon sprechen, ich finde es erbärmlich, dass Charles dich nicht nach England geschickt hat, um dort zu entbinden. Jetzt ist es natürlich viel zu spät. Wie weit bist du? Im achten Monat? Fast achteinhalb? Du würdest sie auf dem Schiff zur Welt bringen.«
Sie?
Celias Blick wanderte wieder zu ihrem Bauch. »Ich sehe an der Form, dass du ein Mädchen erwartest. Pech. Das bedeutet, dass du es ein zweites Mal versuchen musst. Ich kann dir gar nicht sagen, wie begeistert Alec war, als Robert zur Welt kam. Und ich genauso.« Sie lehnte sich zurück und stieß eine blaue Rauchspirale aus. »Ein Kind hat mir gereicht, kann ich dir sagen. Du wirst das früh genug selbst herausfinden.«
Das tat Rose tatsächlich, sogar früher, als sie oder Celia erwartet hatten. In der darauffolgenden Woche kam ein Brief von ihrem Vater in seiner vertrauten, spinnenartigen Handschrift. Rose nahm ihn mit zum Morgentee auf der Veranda und öffnete ihn, während sie sich auf eine Welt vor langer Zeit einstellte, in der die Uhr in der Eingangshalle tickte und Papa seine Zeitung las, bevor er sich in sein Zimmer zurückzog oder die amerikanischen Soireen besuchte. Ihre Mutter würde oben in ihrem Schlafzimmer mit den cremefarbenen Voile-Gardinen und ihren Erinnerungen sein, während ihr Großvater seine Träume auf Leinwand bannte. Phoebe, zweifelsohne mit der neuen Brille, von der sie Rose berichtet hatte, würde über ihren Büchern sitzen. Nichts hatte sich geändert, wie die Briefe ihr immer versicherten.
Aber nun gab es doch eine Veränderung.
»Boy!« Normalerweise rief sie ihn nicht so, sondern nannte ihn bei seinem Namen, aber irgendwie kam plötzlich »Boy« heraus. »Hol den Master.«
Und so kam es, dass bei Rose Macintyre die Wehen einsetzten, obwohl der Doktor noch meilenweit entfernt war. Erst später hob der Hausdiener den Brief auf, der die Mitteilung vom plötzlichen Tod ihres Großvaters enthielt, und legte ihn auf die Frisierkommode, nachdem er ihn gelesen hatte.
17
Roses Wehen hielten drei Tage an. Wie Celia später bemerkte, war es gut, dass Rose dies größtenteils nicht bewusst war. Stattdessen schwebte Ga Ga in ihren Kopf und wieder hinaus, zusammen mit Grace. Manchmal hielten sich die beiden an den Händen, und einmal erkannte Rose sie deutlich auf der anderen Seite des dunklen Zimmers, wo sie auf Zehenspitzen über eine große Leinwand gingen und Fußabdrücke in roter Farbe hinterließen. Zu anderen Zeiten war es nur Ga Ga, der den Kopf zurückwarf mit einem erdigen Lachen, das den Baum vor dem Fenster schwanken ließ und seine Staffelei auf den Boden schmetterte. Dann schmolz sein Gesicht, und es war plötzlich Grace, die ernst auf sie herabblickte und rief: »Rose, Rose, geht es dir gut?«
Ihre Eingeweide fühlten sich an, als würde ihr Körper sie ausstoßen, ähnlich wie damals ihr Magen auf dem Schiff. Aber dies war ein anderer Teil ihres Körpers, der sich entleerte. Es war nicht einmal der Teil, den Charles erkundet hatte und der anfangs so viel Verzweiflung und Missverständnis verursacht hatte. Es war etwas, das sich nicht einmal anfühlte, als würde es zu ihr gehören, ein Teil ihres Körpers, von dem sie nichts gewusst hatte.
Und dann begannen die Kopfschmerzen. Schreckliche Schmerzen, die sich in die Lücke hinter ihren Augen krallten, auch wenn sie, wie bei ihren Eingeweiden, nicht gewusst hatte, dass solch eine Lücke existierte.
»Um Gottes willen, TUT etwas«, hörte sie Charles sagen, obwohl er das nicht gewesen sein konnte. Schließlich geriet ihr Mann nie derart in Panik, auch wenn diese Stimme ähnlich klang. Wäre Charles jetzt hier, würde er die Dinge in die Hand nehmen. »Duncan!«, rief sie in der Hoffnung, die Aufmerksamkeit ihres Schwagers auf sich zu lenken. Vielleicht konnte er Charles für sie finden. Er würde wissen, was zu tun war, wie man diesen seltsamen Schmerz lindern konnte, wie man die Leinwand auslöschen konnte, von der ihr nun Lydia entgegenlachte.
»Sie halluziniert.«
Das war eine Frauenstimme. Eine hübsche, klimpernde Frauenstimme, die Rose zu kennen glaubte. »Celia«, versuchte sie zu rufen, aber irgendwie kam es anders heraus, und sie hörte den Namen »Marianne« über ihre trockenen Lippen dringen.
»Wer in drei Teufels Namen hat ihr von
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