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Perlentöchter

Perlentöchter

Titel: Perlentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Corry
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streckte ihr das Bündel entgegen. »Das ist unser Sohn.«
    Rose senkte den Blick auf das weiße Tuch, das er sanft in ihren Arm legte. Ein kleines rotes zerknittertes Gesicht schaute zu ihr hoch und hörte sofort auf zu schreien, während es etwas zu suchen schien. Die Gesichtszüge hatten keine Ähnlichkeit mit Charles, aber dafür erinnerte der Kleine sie stark an Ga Ga mit seinen neugierigen Augen und der leicht spitzen Nase, die an ihrem Körper schnupperte wie ein Tier, das Nahrung witterte.
    »Ihr Sohn sucht seine Milch.« Der Doktor lächelte. Er blickte zu Charles. »Darf ich es ihr zeigen? Normalerweise würde das eine Frau machen, aber unter diesen Umständen …«
    Charles nickte. Vorsichtig knöpfte dieser Fremde ihre Bluse auf, die so feucht war, dass Rose sich fragte, ob sie draußen im Regen gestanden hatte. »Das war das Fieber.« Er sprach, als könnte er ihre Gedanken lesen. »Verzeihen Sie mir dieses Eindringen in Ihre Intimsphäre, Mrs Macintyre, aber es ist wichtig für Ihren Sohn, dass Sie ihn stillen.«
    Er sprach sie nun mit ihrem Ehenamen an, als wäre es ihm etwas peinlich, ihre Brust zu umfassen und die harte rote Brustwarze an den Mund ihres Sohnes zu führen. Sie stieß vor Freude und Überraschung einen Schrei aus, als das Baby daran zu saugen begann, und spürte sofort Erleichterung, während die Milch herausschoss.
    »Wie werden Sie ihn nennen?«
    Der Doktor blickte lächelnd auf das Baby, dann auf Rose und schließlich zu Charles.
    »Roger«, sagte sie unvermittelt.
    »Roger?« Charles runzelte die Stirn. »Das ist der zweite Vorname meines Bruders.«
    Das hatte sie nicht gewusst. Vielmehr hatte ihr der Name schon immer gefallen, seit sie in einem der Bücher ihres Vaters, die die Wände der Bibliothek zu Hause säumten, von einem gleichnamigen Reitersmann gelesen hatte.
    »Das ist auch der zweite Vorname meines Vaters«, erwiderte sie leise.
    Charles nickte kurz. »Also gut. Dann soll er Roger heißen.«
    Aber irgendetwas stimmte nicht, und das lag nicht nur an Charles’ Unterton, der das »Liebling« verloren hatte. Erst da fiel es ihr wieder ein. Maya! Maya hatte sie vergiftet! Maya hatte ihre Perlen genommen!
    »Sie sind hier.« Charles deutete mit einem schroffen Nicken auf die zwei Reihen von weißen Perlen, die neben dem Bett lagen. »Maya hat sie dir abgenommen, weil sie sich in deinen Haaren verfangen hatten und dir die Luft abschnürten. Du hättest ersticken können. Und was den Vorwurf betrifft, sie wollte dich vergiften, darf ich dich informieren, dass sie dir das Leben gerettet hat.«
    Seine Stimme klang herausfordernd, als wollte er einen Widerspruch von ihr provozieren.
    »Diese Kräutertränke«, erklärte der Doktor ruhig, »scheinen definitiv gewisse Kräfte zu besitzen.« Er griff nach dem Glas mit dem Bodensatz aus dunkler Rinde, das immer noch neben dem Bett stand, und schnupperte daran. »Es ist schwer zu sagen, woraus dieser hier gemacht ist, aber er hat das Baby gerade noch rechtzeitig ausgetrieben.« Sein Gesicht verdüsterte sich kurz. »Ohne diesen Trank weiß ich nicht, was passiert wäre. Ich muss nochmals für mein spätes Eintreffen um Verzeihung bitten, aber es ließ sich nicht verhindern.«
    »Das sagten Sie bereits.« Charles betrachtete seinen Sohn, so wie er immer die edlen Zigarren in seiner Holzkiste betrachtete, bevor er eine auswählte und zwischen Daumen und Zeigefinger rieb. »Wir werden uns zweifellos wiedersehen, Dr. Whittaker. Aber wenn meine Frau das nächste Mal niederkommt, vertraue ich darauf, dass wir nicht wieder so lange auf Ihre Ankunft warten müssen.«

18
    Roses Trauer über Ga Gas Tod, der tatsächlich schon drei Monate zurücklag, wurde durch die Ankunft ihres Erstgeborenen betäubt.
    Zudem schien es immer noch unvorstellbar, dass ihr Großvater nicht mehr lebte. Er war ganz plötzlich gestorben, schrieb ihr Vater in dem Brief, der so lange gebraucht hatte, um bei ihr anzukommen. Man hatte ihn vor einem fast vollendeten Gemälde gefunden, das nicht seinem üblichen Stil entsprach, da es nicht eine Person porträtierte, sondern den Hund einer wohlhabenden Nachbarin in St. Johns Wood, die ihren Großvater damit beauftragt hatte. Offenbar war die Auftraggeberin nicht mit der Arbeit des Künstlers zufrieden gewesen, der den Hund in seiner wahren Form abbildete, inklusive Bauch, welcher dazu neigte, über den Boden zu schleifen.
    Nun, wie ihr Vater hinzufügte, weigere sich die Hundebesitzerin, die volle Summe zu bezahlen, die

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