Pern 05 - Drachentrommeln
Steine unnötig gewesen, und wir hätten vielleicht etwas gegen T’ron unternehmen können
…«
Die Miene des Harfners veränderte sich, und das Blitzen in seinen Augen hatte nichts mehr mit Belustigung zu tun. Piemur begriff selbst nicht, was ihn zu seinen Worten getrieben hatte.
Er wagte nicht, dem strengen Blick des Meisters auszuweichen, obwohl er sich am liebsten irgendwo verkrochen hätte. Er rechnete fest mit einer Ohrfeige für seine Frechheit.
»Gestern, Piemur«, begann Meister Robinton nach einer unerträglichen Pause, »hast du dich sehr umsichtig verhalten und die hohe Meinung gerechtfertigt, die Menolly von deinen Fähigkeiten hat. Eben jetzt hast du aber auch bewiesen, daß die Kritik, die verschiedene Meister unserer Gilde an dir übten, berechtigt war. Ich sage nichts gegen Ehrgeiz oder selbständ iges Denken, aber …« – er stockte, und plötzlich wirkte seine Stimme wieder warm und freundlich – »aber Anmaßung ist unverzeihlich.
Und ein Angriff gegen die Drachenreiter gehört zu den schlimmsten Verstößen gegen die Diskretion, die es überhaupt gibt. Außerdem …«
Der Harfner hob warnend die Hand.
»Außerdem forderst du ein Privileg, das du nicht im gerings-ten verdient hast. Nun ab mit dir zu Meister Olodkey, und sieh zu, daß du die richtige Schlagfolge für Drachenreiter der Vergangenheit lernst!«
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Die Wärme in seinem Tonfall war fast zuviel für Piemur; ein paar Ohrfeigen oder eine heftige Rüge hätte er leichter ertragen. Er ging mit weichen Knien zur Tür.
»Piemur!«
Meister Robintons Stimme hielt ihn zurück, als er eben die Klinke herunterdrückte.
»Du hast dich in der Mine hervorragend verhalten. Ich bitte dich nur …«
Und der Meisterharfner wirkte ebenso resigniert wie zuweilen Meister Shonagar.
»Ich bitte dich nur, hüte deine vorschnelle Zunge!«
»Ich verspreche, daß ich mir alle Mühe geben werde, Meister!« Seine Stimme schwankte abscheulich, und er rannte nach draußen, damit Meister Robinton die Tränen der Beschämung in seinen Augen nicht sah.
Einen Moment lang stand er im Korridor, unendlich dankbar, daß die Halle zu dieser Tageszeit leer war. Ganz allmählich bekam er sich wieder in den Griff. Der Harfner hatte völlig recht. Er mußte lernen, erst zu denken und dann zu reden; nie und nimmer hätte er Kritik an den Drachenreitern des Südens äußern dürfen. Jeder andere Meister hätte ihm dafür eine Tracht Prügel verabreicht, Domick ebenso wie der träge Meister Shonagar, dessen Hand er mehr als einmal gespürt hatte, wenn er vorlaut war. Wie hatte er es nur wagen können, T’ron zu kritisieren! Das war der Gipfel der Unverschämtheit, selbst wenn der einstige Weyrführer von Fort unrechtmäßig gehandelt hatte.
Piemur schloß die Augen und schwor sich insgeheim, in Zukunft besser auf seine Gedanken und Worte zu achten.
Besonders jetzt, da er Dinge von echter Bedeutung erfuhr.
Denn er hatte noch vor seiner unüberlegten Bemerkung klar erkannt, daß der Besuch der Alten in der Mine und erst recht ihr Ansinnen eine böse Überraschung für den Meisterharfner war.
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Aber wie konnte man die verbotene Rückkehr der Alten in den Norden verhindern?
Piemur boxte sich so hart gegen das Ohr, daß ihm für einen Moment schwarz vor den Augen wurde. Dann schlenderte er den Korridor entlang.
Wie brachte er die Schlagfolge für »Drachenreiter der Vergangenheit« am schnellsten in Erfahrung?
So wie die Dinge lagen, konnte er nicht einfach vor Dirzan hintreten und ihn fragen. Der Geselle hätte sicher eine Erklä-
rung verlangt. Und die anderen Lehrlinge haßten ihn ohnehin, weil er in ihren Augen zu eifrig lernte. Nun, er würde schon eine Möglichkeit finden.
Dann überlegte er, warum Meister Robinton ihm diesen Auftrag erteilt hatte. War es ein Kode, den er in Zukunft brauchen würde? Hieß das, daß der Harfner mit weiteren Besuchen aus dem Süden rechnete? Oder was sonst?
Dieses Thema beschäftigte Piemur in den nächsten Tagen immer wieder, bis er tatsächlich Gelegenheit fand, den Kode nachzulesen.
Zu seiner Verbitterung behandelte ihn Dirzan so, als habe er seinen Botengang absichtlich länger hinausgezögert, um sich vor dem Putzen der Trommeln zu drücken. Das war die erste Aufgabe, die Piemur erledigen mußte, und da er die Instrume n-te nicht polieren konnte, solange sie benutzt wurden, zog sich die Arbeit bis zum Mittagessen hin.
Am Nachmittag erhielt Piemur eine weitere Aufgabe, da er zu seinem Pech die
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