Pern 06 - Der Weisse Drache
oder andere aus dem Süd-Weyr dabei ist …« Sie sprach den Satz nicht zu Ende.
»Ich glaube, wir sollten Jaxom jetzt wieder ausruhen lassen«, meinte Brekke.
F’lar lachte leise und winkte Lessa zu sich. »Aufmerksame Besucher sind wir! Reden nur von unseren eigenen Problemen und lassen den Patienten nicht zu Wort kommen!«
»Es gibt wenig zu erzählen. Ich hatte in jüngster Zeit kaum Gelegenheit zu aufregenden Erlebnissen.« Jaxom warf Brekke und Sharra einen finsteren Blick zu. »Aber wenn ihr wieder-281
kommt, wird sich das geändert haben.«
»Falls etwas Außergewöhnliches geschieht, soll Ruth sich mit Mnementh oder Ramoth in Verbindung setzen.«
Brekke und Sharra brachten die Weyrführer zum Strand, und Jaxom war froh, daß er die Augen schließen konnte. Er lachte vor sich hin, als Ruth den beiden Benden-Drachen energisch versicherte, daß keine FeuerEchsen aus dem Süd-Weyr unter seinen neuen Freunden seien. Und er überlegte, weshalb er nicht von selbst auf den Gedanken gekommen war, Ruths Bekannte nach ihren Menschen zu befragen. Er seufzte. In den letzten Tagen hatte er sich wohl zu oft mit seinem knappen Entrinnen vor dem Tod beschäftigt. Wenn er diese morbiden Vorstellungen nicht verbannte, drehte er noch durch. Vielleicht sollte er sich zur Abwechslung einmal um andere Dinge kümmern.
Zu klären gab es nämlich genug. Am meisten bedrückte ihn die Frage, was er im Fieber alles erzählt haben mochte.
Brekkes Antwort hatte äußerst vage geklungen. Er versuchte sich zurückzuerinnern, aber da waren nur verworrene Alpträu-me, die sein Inneres mit Kälte erfüllten, bis das Fieber wieder die Oberhand gewann.
Der Besuch seines Vormunds fiel ihm ein. Er hatte ganz vergessen, Lytol nach Corana zu fragen. Sicher hatte sie von seiner Krankheit gehört. Vielleicht sollte er ihr ein kleines Lebenszeichen schicken. Aber dann verwarf er die Idee. Eine längere Trennung half ihm am ehesten, das Verhältnis mit ihr zu beenden. Denn jetzt, da er Sharra gesehen hatte, konnte er nicht mehr bei Corana bleiben, ohne sie zu belügen. Wenn Lytol wiederkam, mußte er ihn um Rat fragen.
Daß Baron Groghe aufgetaucht war, um nach ihm zu sehen, paßte ihm ganz und gar nicht. Wäre er nicht krank geworden, so hätte der Baron nie von diesem Berg erfahren. Zumindest so lange nicht, bis die Drachenreiter es für richtig hielten, das Geheimnis preiszugeben. Ein Landschaftsmerkmal, das sich 282
jeder Drache merken konnte. Wirklich? Wenn die Reiter kein klares Bild übermittelten, fand sich der Drache nicht im Dazwischen zurecht. Und ein Bild aus zweiter Hand? D’ram und Tiroth hatten die Bucht zwar nach Meister Robintons Schilderung gefunden, aber die beiden waren ein erfahrenes Gespann.
Jaxom wollte endlich gesund sein. Er wollte sich näher an den Berg heranpirschen. Er wollte als erster dort sein. Wie lange mochte es noch dauern, bis er sich erholt hatte?
Am nächsten Tag durfte er zum erstenmal schwimmen – um seine Muskeln zu stärken, wie Brekke sagte. Leider stellte sich dabei heraus, daß er überhaupt keine Muskeln mehr besaß.
Erschöpft wankte er zu seinem Lager neben dem Baumstumpf und fiel sofort in einen tiefen Schlaf.
Er stieß einen Schrei aus, als er Sharras sanfte Berührung spürte, und setzte sich kerzengerade auf. Verwirrt schaute er umher.
»Was ist denn los, Jaxom?«
»Ein Traum. Ein Alptraum.« Er war sicher, daß etwas nicht stimmte. Dann sah er Ruth zu seinen Füßen zusammengerollt.
Der Drache schlief fest, umgeben von einem halben Dutzend FeuerEchsen, die sich an ihn geschmiegt hatten und ebenfalls dösten.
»Du bist jetzt wach – komm endlich zu dir!«
»Der Traum war so lebhaft – ich wollte ihn unbedingt festha lten. Und jetzt ist er mir doch entglitten.«
Sharras Hand legte sich kühl auf seine Stirn. Er schob sie zur Seite.
»Ich habe kein Fieber«, erklärte er ruhig.
»Nein, wirklich nicht. Kopfschmerzen? Ein Flimmern vor den Auge n?«
Ärgerlich schüttelte er den Kopf, dann zuckte er die Achseln und lächelte sie an. »Du hast es nicht leicht mit mir, was?«
»Beklage ich mich?« Sie lachte und setzte sich neben ihn in 283
den Sand.
»Wenn ich täglich etwas weiter schwimme, wie lange wird es dann dauern, bis ich meine alten Kräfte wiedergewonnen habe?«
»Weshalb die Eile?«
Jaxom lachte und deutete mit dem Daumen über die Schulter.
»Ich möchte vor Baron Groghe dort sein.«
»Keine Sorge, das schaffst du schon.« In Sharras Augen blitzte leiser Spott.
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