Pern 06 - Der Weisse Drache
Augen spiegelte sich ein tiefer Schmerz.
»Woran denkst du, Sharra, daß du so traurig bist?«
»Es war niemand, den du kanntest, und auch niemand, der mir besonders nahestand. Nur – keine Heilerin verliert gern den Kampf um ihre Kranken.«
Mehr konnte er ihr nicht entlocken, und er wollte es auch nicht, um ihr nicht wehzutun.
Am nächsten Morgen wankte Jaxom zum Strand, gestützt von den beiden jungen Frauen. Ruth stürzte begeistert herbei, aber Brekke befahl dem Drachen streng, sich ganz ruhig hinzukau-ern, damit er Jaxom nicht zu Boden fegte. Ruths Augen kreisten besorgt; er schob die Schnauze ganz zaghaft vor und ließ sich von Jaxom kraulen. Der junge Reiter vergrub sein Gesicht in der weichen Nackenhaut des Gefährten. Lieber Ruth, wunderbarer Ruth! Wenn ich an dieser Krankheit gestorben wäre …
Bist du aber nicht, entgegnete Ruth. Du bist bei mir geblieben. Ich wußte, daß du es schaffst. Und du bist schon viel kräftiger. Warte nur, bis du dich ganz erholt hast! Dann können wir gemeinsam schwimmen und in der Sonne liegen, und alles wird gut sein.
Das klang so aufgeregt, daß Jaxom dem Freund gut zuredete und ihn streichelte. Schließlich drängte Brekke und Sharra ihn, sich hinzusetzen, ehe er umkippte. Sie hatten ein Stück vom Wasser entfernt, damit der Kranke nicht der Sonnenhitze ausgesetzt war, eine Matte aus geflochtenen Lianen gegen einen schrägen Baumstumpf gelehnt. Ruth streckte sich so aus, 279
daß sein Kopf Jaxom von der Seite stützte. Violette Punkte tanzten in seinen Augen.
Mittags, nachdem Jaxom eine Weile geschlafen hatte, tauchten F’lar und Lessa auf. Lessa war eine angenehm ruhige und sanfte Besucherin, eine Tatsache, die Jaxom verwunderte, da er die Weyrherrin auch streng und höchst temperamentvoll kannte.
»Wir konnten nicht verhindern, daß Baron Groghe persönlich herkam, Jaxom, obwohl dir sein Besuch sicherlich nicht behagt hat. Aber es ging das Gerücht um, du seist tot und dein Drache ebenfalls.« Lessa zog die Schultern hoch. »Schlechte Nachric hten verbreiten sich auch ohne Harfner.«
»Baron Groghe schien mehr an meiner Umgebung als an mir interessiert«, meinte Jaxom ein wenig spitz.
F’lar nickte grinsend. »Deshalb schlugen wir auch vor, daß er mit D’ram herflog. Der Wachdrache von Fort ist zu alt, um eine Richtungsanweisung zu verstehen, die ihm Baron Groghe auf eigene Faust gibt.«
»Er hatte außerdem seine FeuerEchse dabei«, fügte Jaxom hinzu.
»Diese lästigen Biester!« fauchte Lessa.
»Die gleichen lästigen Biester haben Jaxom das Leben gerettet, Lessa«, widersprach Brekke ruhig.
»Also schön, sie haben auch ihre guten Seiten, aber für mich überwiegen immer noch die schlechten.«
»Baron Groghes kleine Königin mag eine gewisse Intelligenz besitzen«, fuhr Brekke fort, »aber sie ist nicht klug genug, um ihm den Weg nach hierher zu zeigen.«
»Das ist nicht das eigentliche Problem.« F’lar schnitt eine Grimasse. »Er hat jetzt den Berg gesehen. Und die Weite des Landes.«
»Aber wir haben unsere Ansprüche zuerst angemeldet«,
entgegnete Lessa entschlossen. »Es ist mir gleich, wie viele seiner mißratenen Söhne Groghe hier unterbringen will – die 280
Drachenreiter von Pern haben die erste Wahl. Jaxom kann …«
»Jaxom wird noch eine Weile brauchen, bis er wieder auf den Beinen steht«, unterbrach Brekke sie mitten im Satz.
»Keine Sorge«, beschwichtigte F’lar. »Mir fällt schon etwas ein, um Baron Groghes Ehrgeiz zu bremsen.«
»Wenn einer hierherkommt, werden andere folgen«, sagte Brekke nachdenklich. »Und ich kann es den Leuten kaum verdenken. Diese Bucht ist viel schöner als unsere ursprüngliche Siedlung auf dem Südkontinent.«
»Mich zieht es vor allem zu dem Berg hin«, meinte F’lar und blickte nach Süden. »Jaxom, ich weiß, daß du noch nicht viel unternehmen konntest, aber hast du zufällig herausgefunden, wie viele von den Echsen, die Ruth umschwärmen, aus dieser Gegend kommen?«
»Sie stammen nicht aus dem Süd-Weyr – falls Ihnen das Kummer bereitet«, warf Sharra ein.
»Woher wissen Sie das?« erkundigte sich Lessa.
Sharra hob die Schultern. »Sie wirken ungezähmt. Sobald man ihnen zu nahe kommt, verschwinden sie im Dazwischen.
Sie fühlen sich zu Ruth hingezogen – nicht zu uns.«
»Wir sind nicht ihre Menschen«, erklärte Jaxom. »Aber ich will versuchen, Ruth ein wenig über diese fremden Echsen auszuhorchen.«
»Dafür wäre ich dir dankbar«, sagte Lessa. »Und falls die eine
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