Pern 06 - Der Weisse Drache
B’zon stand ihm gegenüber, ein grimmiges Lächeln auf den Lippen. Der Alte stieß T’kul an, und der einstige Weyrführer vom Hochland warf dem Harfner einen flüchtigen Blick zu. Offenbar sah er in Robinton keine Gefahr, denn er wandte sich wieder an die beiden Weyrführer.
D’ram erreic hte T’kul zuerst. »Bist du wahnsinnig? Dieser Flug ist nichts für alte Tiere! Du wirst Salth dabei umbringen.«
»Welche Wahl habt ihr uns denn gelassen?« fragte B’zon, als Robinton und F’lar neben die beiden Südländer traten. In der Stimme des Mannes schwang Hysterie mit. »Unsere Königinnen sind so alt, daß sie nicht mehr aufsteigen; und es gibt keine Grünen, die den männlichen Tieren Erleichterung verschaffen.
Wir müssen …«
Mit einem hellen Aufschrei stürzte sich Caylith ein zweites Mal in die Herde, riß einem der fliehenden Böcke mit einem einzigen Schlag ihrer Vorderpranke die Flanke auf und zog ihn zu sich heran.
»D’ram, du hast diesen Paarungsflug für alle Weyr freigegeben, oder?« fragte T’kul hart. Trotz der Sonnenbräune wirkten seine Züge leidend. Er schaute von D’ram zu F’lar.
»Ja, aber eure Bronzedrachen sind zu alt, T’kul.« Er deutete auf die kraftvollen, sprungbereiten Drachen, die sich um Caylith scharten. Der Unterschied zwischen ihnen und den beiden Tieren aus dem Süden war nicht zu übersehen.
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»Salth muß ohnehin bald sterben. Soll es meinetwegen während des Paarungsfluges geschehen! Ich habe diese Möglichkeit ins Auge gefaßt, D’ram, als ich ihn herbrachte.« T’kul ließ keinen Blick von F’lar; die Bitterkeit und der Haß gegenüber dem Benden-Führer waren so deutlich, daß Robinton den Atem anhielt. » Warum habt ihr das Ei zurückgeholt? Wie habt ihr es gefunden?« Verzweiflung brach einen Moment durch T’kuls stolze Kälte und Arroganz.
»Wärt ihr zu uns gekommen, wir hätten euch geholfen«, erklärte F’lar ruhig.
»Ich auch.« D’ram schien Mitleid für seinen einstigen Ge-fährten zu empfinden.
Ohne F’lar zu beachten, warf T’kul dem Weyrführer von Ista einen langen, verächtlichen Blick zu. Dann straffte er die Schultern und gab B’zon durch ein Kopfnicken zu verstehen, daß er seinen Weg fortsetzen solle. F’lar stand genau vor dem Bronzereiter aus dem Süden. Der Weyrführer von Benden wollte etwas sagen, doch dann schwieg er, zuckte bedauernd die Achseln und trat zur Seite. B’zon und T’kul nahmen ihre Plätze gerade noch rechtzeitig ein. Caylith hob den Kopf; ihre Haut glänzte tiefgolden, und ihre Augen loderten. Mit einem wilden Aufschrei schwang sie sich in die Luft. Barnath war der erste Bronzedrache, der ihr folgte, doch zu Robintons Überraschung brauchte T’kuls Salth kaum länger.
T’kul wandte sich zu F’lar um. Der Triumph in seinen Augen war fast eine Kriegserklärung. Dann trat er neben Cosira. Die junge Drachenreiterin schwankte, so sehr strengte sie der telepathische Kontakt mit ihrer Königin an. Sie bemerkte nicht einmal, daß G’dened und T’kul sie zu ihren Räumen führten, um dort den Ausgang des Paarungsfluges abzuwarten.
»Er wird Salth umbringen«, murmelte D’ram voller Angst.
Robinton spürte wieder den schmerzhaften Druck in der Brust.
»Das gleiche gilt für B’zon.« D’ram umklammerte F’lars 299
Arm. »Können wir denn gar nichts dagegen tun? Zwei Drachen!«
»Wenn sie nur zu uns gekommen wären …«, murmelte F’lar und legte seine Hand tröstend auf die von D’ram. »Aber sie haben immer nur mit Gewalt genommen. Das war von Anfang an ihr Fehler!« Seine Züge wurden hart.
»Und sie nehmen immer noch«, fügte Robinton hinzu. »Von Zeit zu Zeit kommen sie in den Norden und reißen an sich, was ihnen gefällt. Junge Mädchen, Stoffe, Steine, Eisen, Juwelen.
Sie plündern mit System, seit wir sie ins Exil schickten. Die Gilden berichteten mir davon – und ich gab mein Wissen an F’lar weiter.«
F’lars Blicke folgten besorgt den fernen dunklen Punkten am Himmel.
»Was sollte das eigentlich?« Baron Warbret von Ista kam auf sie zugelaufen. »Diese beiden Nachzügler-Drachen waren uralt
– oder ich muß mich sehr getäuscht haben.«
»Der Paarungsflug war für alle Drachen freigegeben«, entgegnete F’lar, aber Warbret beobachtete aufmerksam D’rams düstere Miene.
»Auch für alte Drachen? War nicht ausdrücklich von jungen Tieren die Rede, die bisher keine Chance hatten, eine Königin zu erobern? Ich begreife auch nicht, was wir mit einem weiteren alten
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