Pern 06 - Der Weisse Drache
alles andere als dumm.
Innerhalb seiner Grenzen kann man ihn sogar als äußerst schlau bezeichnen.«
»Ja?« Jaxom hatte sich nie Gedanken über Renner gemacht.
»Seht ihr, ich kann Farli befehlen, sie solle so und so viele Stunden in eine bestimmte Richtung fliegen, dann landen und etwas aufnehmen, das am Boden liegt. Meist bringt sie Gräser oder Zweige, manchmal auch Steine und Sand. Ich kann sie auch nach Wasser Ausschau halten lassen. Damit hat sie mich bei der Großen Bucht übrigens reingelegt. Sie fand Wasser, sicher, denn ich hatte ihr nicht ausdrücklich befohlen, nach 338
Trinkwasser zu suchen.« Piemur zuckte lachend mit den Schultern. »Dummkopf und ich dagegen müssen uns zu Fuß fortbewegen, und Dummkopf hat ein ausgezeichnetes Gespür für die Beschaffenheit des Geländes. Ich weiß nicht, wie oft er mich davor bewahrt hat, in einem Schlammloch oder Treibsand zu versinken. Er entdeckt ins tinktiv die einfachste Route durch unwegsame Gebiete. Außerdem wittert er Trinkwasser schon von weitem. Ich hätte also auf ihn hören sollen, als er den Sand zur Großen Bucht nicht überqueren wollte. Er wußte, daß kein Wasser dort zu finden war, obwohl Farli das Gegenteil versicherte. Damals verließ ich mich leider auf Farli. Aber ganz allgemein gesprochen, ergänzen sich die beiden wunderbar.
Wir bilden ein gutes Team, Dummkopf, Farli und ich.
Oh – das Wichtigste hätte ich beinahe vergessen! Wir entdeckten unterwegs das Gelege einer Echsenkönigin, fünf …«
Farli zeterte, und Piemur machte eine beruhigende Geste.
»Also gut, vielleicht auch sechs oder sieben Buchten zurück.
Irgendwie habe ich den Überblick verloren, aber Farli erinnert sich genau an die Stelle. Falls also noch jemand Echsen benötigt …«
Sharra lachte. »Ich erinnere mich noch genau, wie ich mein erstes Gelege im Sand entdeckte. Es waren die Eier eines grünen Weibchens, aber damals kannte ich den Unterschied nicht. Tagelang habe ich die Eier belauert und keiner Menschenseele ein Wort verraten. Ich wollte alle für mich beha lten.«
»Vier oder fünf?« erkundigte sich Piemur lachend.
»Sogar sechs. Nur war mir entgangen, daß eine Sandnatter schon vor mir das Nest entdeckt und die Eier von unten her geöffnet hatte.«
»Wie kommt es eigentlich, daß Sandnattern nie an Königinnen-Gelege gehen?« wollte Jaxom wissen.
»Weil sich eine Königin selten weit von ihrem Nest entfernt«, sagte Sharra. »Sie hätte einen Schlangentunnel auf der Stelle 339
entdeckt und den Räuber getötet. Grüne Echsen dagegen besitzen nicht die Spur von Intelligenz.« Sie schüttelte sich.
»Schlangen – brr. Die hasse ich noch mehr als Sporen.«
»Nun ja, groß ist der Unterschied nicht«, meinte Piemur. »Die einen greifen von oben an und die anderen von unten.«
Während der größten Tageshitze zogen sich Jaxom, Sharra und Piemur in die Hütte zurück und legten von den Aufzeic hnungen, die Piemur gemacht hatte, saubere Karten an. Piemur hatte die Absicht, seinen Reisebericht so rasch wie möglich an Sebell, Robinton oder F’lar weiterzuleiten.
In der Kühle des nächsten Morgens wanderten die drei
Freunde am Küstenraum entlang zu der Bucht, in der Piemur das Königinnen-Gelege entdeckt hatte. Dummkopf kam als Packtier mit, und Ruth kreiste dicht über ihnen. Einundzwanzig Eier waren in dem Nest, alle bereits mit gehärteten Schalen; man konnte damit rechnen, daß die jungen Echsen in ein bis zwei Tagen schlüpfen würden. Die Echsenkönigin hatte bei ihrer Ankunft die Flucht ergriffen; sie buddelten die Eier aus, verpackten sie und schichteten sie in die Satteltaschen. Jaxom bat Ruth, Canth zu verständigen, daß sie Echsen-Eier gefunden hätten.
Canth sagt, daß sie morgen ohnehin hierherkommen, erwiderte Ruth. Der Harfner hat heute tüchtig gegessen.
Den Rückweg zu ihrer Bucht le gten sie durch den Wald zurück. Da sie die Rotfrüchte nahe der Lichtung bereits abgeerntet hatten, wollten sie für F’nors Besuch ein wenig frisches Obst sammeln.
»Darf F’nor dich hier überhaupt sehen?« fragte Jaxom den jungen Harfner.
»Warum nicht? Er ist in den Plan eingeweiht.« Piemur machte eine Pause und fügte hinzu: »Wißt ihr, was mich immer wieder wundert, wenn ich diesen herrlichen Kontinent betrachte? Warum unsere Vorfahren eigentlich in den Norden zogen
…«
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»Vielleicht war der Süden so ausgedehnt, daß sie ihn nicht unter Kontrolle halten konnten, solange es noch zu wenige Würmer gab«, meinte
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