Pern 06 - Der Weisse Drache
räusperte sich, ehe er antrank. Lessas Stirnrunzeln verriet, daß sie lieber einen anderen Trinkspruch gehört hätte.
Dann, nach einem zweiten Räuspern, griff Sangel das Thema auf, wie Robinton es erhofft hatte. »Darüber müssen wir wohl noch sprechen – ich meine, inwieweit der junge Jaxom als Drachenreiter zu gelten hat. Nach der Gegenüberstellung gab man mir zu verstehen, daß dieser Winzling von einem Drachen
…« – er deutete vage in Richtung der alten Ställe – »nicht überleben würde. Nur deshalb erhob ich damals keinen
Widerspruch.«
»Wir haben Sie nicht absichtlich getäuscht, Baron Sangel«, warf Lessa scharf ein.
»Es wird kaum Probleme geben, Sangel«, meinte F’lar dip-lomatisch. »Wir haben genug große Drachen im Weyr und benötigen Ruth deshalb nicht bei unserem Kampf gegen die Fäden.«
»Wir haben auch genug junge Edelleute, die eine Burg ve rwalten können«, entgegnete Sangel und schob das Kinn
kampflustig vor. Robinton war erleichtert, daß dieser Einwand kam. Der alte Sangel tappte ihm glatt in die Falle.
»Keinen einzigen mit Ruatha-Blut in den Adern«, sagte Lessa, und ihre grauen Augen blitzten. »Als ich damals in den Weyr zog, gab ich mein Geburtsrecht nur auf, um dem einzigen männlichen Nachkommen mit Ruatha-Blut Platz zu machen –
Jaxom. Solange ich lebe, lasse ich nicht zu, daß ausgerechnet Ruatha zum Ziel kontinentweiter Duelle und Fehden zwischen den jüngeren Söhnen der Barone wird. Jaxom bleibt Burgherr von Ruatha; er wird nie einem Kampfgeschwader der Drache n-40
reiter angehören.«
»Ich habe nur gern Klarheit«, antwortete Sangel und trat ein wenig zur Seite, um Lessas Blick zu entgehen. »Und Sie müssen zugeben, Weyrherrin, daß der Ritt auf einem Drachen nicht ganz ungefährlich ist, auch nicht in eingeschränkter Form. Sicher wissen Sie von der Angelegenheit im Hochland
…«
»Wir überwachen Jaxoms Ritte«, versprach F’lar und warf N’ton einen warnenden Blick zu. »Er soll keine Fäden bekämpfen. Diese Gefahr wäre in der Tat zu groß.«
»Jaxom ist ein sehr umsichtiger junger Mann«, mischte sich Lytol in die Debatte. »Und ich habe dafür gesorgt, daß er seine Verantwortung kennt.«
Robinton sah N’tons Grimasse.
»Allzu umsichtig vielleicht, N’ton?« fragte F’lar, dem die Miene des Fort-Weyrführers ebenfalls nicht entgangen war.
»Vielleicht«, entgegnete N’ton taktvoll und warf Lytol einen Blick zu, der um Verzeihung bat. »Eher noch gehemmt. Ich will Sie nicht kränken, Lytol, aber ich entdeckte heute, daß der Junge sehr – abgekapselt von seinen Altersgenossen aufwächst.
Das liegt zum Teil wohl daran, daß er seinen Drachen versorgen muß. Da man den Jungbaronen, mit denen er gelegentlich zusammentrifft, keine eigenen FeuerEchsen zugesteht, begreifen sie seine Probleme wohl nicht so recht.«
»Hat Dorse ihn wieder einmal gequält?« fragte Lytol und kaute an seiner Unterlippe.
»Dann sind Sie sich über die Situation im klaren?« N’ton wirkte erleichtert.
»Aber ja. Es war mit ein Grund, daß ich F’lar bat, sein Einverständnis zum Fliegen zu geben. Jaxom könnte dann andere Burgen besuchen, wo er junge Leute in seinem Alter und von seinem Stande antrifft.«
»Aber Sie haben doch sicher Pfleglinge?« rief Lessa und sah sich im Raum um, als sei ihr die Anwesenheit von Jungbaronen 41
bisher nur durch Zufall entgangen.
»Ich hatte die Absicht, Jaxom ein halbes Jahr auf eine andere Burg zu schicken, aber dann kam die Gegenüberstellung dazwischen.« Lytol breitete hilflos die Arme aus.
»Ich bin dagegen, daß Jaxom Ruatha verläßt«, sagte Lessa mit gefurchter Stirn. »Immerhin ist er der letzte seines Geschlechts …«
»Mir gefällt der Gedanke auch nicht«, erwiderte Lytol. »Aber es ist notwendig, daß so etwas im Austausch geschieht …«
»Absolut nicht!« warf Baron Groghe ein und schlug Lytol auf die Schulter. »Ich fände es im Gegenteil einen Segen, wenn ich keinen Pflegling annehmen müßte. Und ich habe einen Jungen in Jaxoms Alter, der sich mal anderen Wind um die Nase wehen lassen soll. Wenn ich sehe, was Sie geleistet haben, um Ruatha wieder auf die Beine zu bringen, dann glaube ich, daß der Lümmel allerhand von Ihnen lernen könnte. Das heißt, falls er eines Tages in die glückliche Lage kommt, einen eigenen Besitz zu übernehmen.«
»Das ist auch so eine Sache, über die ich mir den Kopf ze rbreche«, hakte Baron Sangel ein und trat neben Groghe, als suche er dessen Unterstützung.
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