Pern 06 - Der Weisse Drache
unheimlich wütend.«
»Gibt es sonst noch Dinge, die ich wissen muß und die du zufällig nicht erwähnt hast?«
Menolly grinste ihn an. »Mein löchriges Gedächtnis braucht ein Stichwort, damit es in Schwung kommt. Ich werde dir meine Weisheit jeweils im gegebenen Moment zuteil werden lassen.«
Jaxom zuckte die Achseln und biß in eine saftige Rotfrucht.
Es war so warm, daß er Reitjacke und Helm abstreifen mußte.
Ruth planschte ausgiebig im Meer, umflattert von Menollys FeuerEchsen.
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Die Hitze wurde immer stärker. Der helle Sand schmerzte in den Augen, und selbst hier im Schatten ließ es sich kaum aushalten. Das klare Meer und Ruths Badevergnügen zogen Jaxom unwiderstehlich an. Er schnürte die Stiefel auf, schlüpf-te blitzschnell aus den Kleidern und rannte zum Wasser.
Menolly war neben ihm, ehe er sich eine Drachenlänge vom Ufer entfernt hatte.
»Wir müssen bloß aufpassen, daß wir nicht zuviel Sonne erwischen«, riet sie ihm. »Das letztenmal bekam ich einen fürchterlichen Sonnenbrand.« Sie schnitt eine Grimasse, als sie daran dachte. »Ich habe mich wie eine Tunnelschlange gehä utet.«
Ruth tauchte neben ihnen auf, prustete ihnen Wasser entgegen und ertränkte sie fast in den Wellen, die er mit seinen Schwingen aufwirbelte. Als er merkte, daß sie keine Luft mehr bekamen, streckte er ihnen reumütig das Schweifende als Rettungsanker entgegen.
Menolly war schlanker und straffer als Corana, stellte Jaxom fest, als sie ans Ufer wateten, herrlich erschöpft von ihrem Bad mit Ruth. Sie hatte längere Beine und sehr schmale Hüften.
Vielleicht war der Busen ein wenig flach, aber sie bewegte sich mit einer Grazie, die Jaxom mehr faszinierte, als er sich eingestehen wollte. Er wandte sich bewußt ab; als er sich wieder umdrehte, war sie bereits in ihre Sachen geschlüpft und nibbelte sich das Haar trocken. Obwohl Jaxom bei Mädchen langes Haar liebte, begriff er, daß Menolly diese Mode nicht mitmachen konnte. Als Assistentin des Meisterharfners mußte sie oft genug auf Drachenrücken eine Botschaft übermitteln, und da wäre es lästig gewesen, eine lange Haarmähne unter dem Helm zu verstauen.
Sie teilten eine gelbe Frucht, die Jaxom noch nie zuvor gegessen hatte. Das milde Aroma wurde durch den Salzge-schmack in seinem Mund herrlich ergänzt.
Ruth kam aus dem Wasser gestelzt und schüttelte sich, daß 215
die Tropfen flogen.
Es ist doch warm, meinte er, als sie sich über die Dusche beschwerten. Eure Kleider trocknen gleich wieder. Wie auf Keroon.
Jaxom warf Menolly einen vorsichtigen Blick zu, aber sie hatte die Bemerkung offensichtlich überhört, weil sie damit beschäftigt war, den klebrigen Sand von ihren feuchten Kleidern und Armen zu wischen.
»Es ist nicht die Nässe, die uns stört«, erklärte Jaxom seinem Drachen, »sondern der Sand.«
Ich mag Sand. Ruth begann sich eine große Kuhle zu buddeln, und die FeuerEchsen ließen sich mit müden, aber zufriedenen Zirplauten dicht neben ihm nieder.
Jaxom fand zwar, daß wenigstens einer von ihnen wachble iben sollte, um zu sehen, ob die hiesigen FeuerEchsen sich von dem weißen Drachen angezogen fühlten, aber das Schwimmen, die Wärme und das gute Essen waren stärker als er.
Ruths Gedanken weckten ihn. Rühr dich nicht! Wir haben Besuch.
Jaxom lag auf der Seite, den Kopf in die linke Hand gestützt.
Nun öffnete er vorsichtig die Augen. Ruth befand sich halb im Schatten, umringt von Echsen. Jaxom zahlte zwei Königinnen, drei Bronze-Echsen, vier Grüne und eine Blaue. Keine einzige trug die Farbenzeichen des Nordens. Noch während er die fremden Tiere beobachtete, glitt eine weitere Bronze-Echse herbei und landete neben einer der Königinnen. Die beiden begrüßten sich, hielten die Köpfe schräg und schienen mit Ruth zu plaudern.
Prinzeßchen, die auf der anderen Seite der Kuhle geschlafen hatte, trippelte nun über die Schulter des weißen Drachen und begrüßte die Fremden.
»Frag sie, ob sie in dieser Gegend einen Bronze-Drachen gesehen haben«, erinnerte Jaxom seinen Gefährten.
Schon geschehen. Sie denken gerade darüber nach. Sie 216
mögen mich sehr. Sie haben noch nie einen weißen Drachen gesehen.
»Du bist eben einmalig.« Jaxom mußte über Ruths Eitelkeit lächeln. Der weiße Drache sonnte sich darin, daß ihn ganz Pern liebte.
Vor langer Zeit war ein Drache da, ein Bronze-Drache, und ein Mann, der am Strand auf und ab ging. Sie störten ihn nicht.
Und er blieb nicht lange, fügte Ruth nach einer
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