Pern 06 - Der Weisse Drache
kleinen Pause hinzu.
Was kann das bedeuten? überlegte Jaxom. Entweder, daß wir ihn zurückholten – oder daß er mit Tiroth Selbstmord beging.
»Frag, was sie sonst noch von Menschen wissen«, bat Jaxom seinen Drachen. Vielleicht hatten sie F’lar mit D’ram gesehen.
Die fremden FeuerEchsen antworteten so erregt, daß Ruth mit einem Ruck den Kopf hob und seine Augen ängstlich zu kreisen begannen. Prinzeßchen rutschte ein Stück seinen Nacken herab und kreischte empört.
Sie erinnern sich an Menschen. Warum erinnere ich mich nicht an solche Dinge?
»Und Drachen?« Jaxom unterdrückte eine aufkeimende
Angst. Wie beim Ei konnten die Alten wissen, daß er und Menolly hier waren? Dann siegte sein gesunder Menschenvers-tand. Sie konnten es einfach nicht wissen.
Er wäre vor Schreck beinahe hochgesprungen, als ihm Menolly die Hand auf den Arm legte.
»Frag nach dem Zeitpunkt, Jaxom«, wisperte sie. »Wann war D’ram hier?«
Keine Drachen. Aber viele, viele Menschen, erklärte Ruth und fügte hinzu, daß die Echsen im Moment zu aufgeregt seien, um an den einen Mann und seinen Drachen zu denken. Er begreife nicht, woran sie sich erinnerten; jede schien eine andere Erinnerung zu haben.
»Wissen sie, daß wir hier sind?«
Sie haben euch nicht gesehen. Sie betrachten nur mich. Aber 217
ihr seid nicht die Menschen, die sie meinen. Ruths Gedanken verrieten, daß er über die Botschaft ebenso verwirrt war wie Jaxom.
»Kannst du ihre Aufmerksamkeit nicht wieder auf D’ram lenken?«
Nein, meinte Ruth traurig und ein wenig enttäuscht. Sie wollen sich nur an die Menschen erinnern. Nicht an meine Menschen, sondern an ihre Menschen.
»Vielleicht erkennen sie in mir einen Menschen, wenn ich aufstehe.« Langsam erhob sich Jaxom und gab Menolly einen Wink, das gleiche zu tun. Was die FeuerEchsen brauchten, war die richtige Perspektive.
Ihr seid nicht die Menschen, an die sie sich erinnern, sagte Ruth, als die Echsen, erschreckt durch die beiden Gestalten am Waldesrand, die Flucht ergriffen. Sie schwebten noch einen Moment in sicherer Entfernung und verschwanden dann.
»Ruf sie zurück, Ruth! Wir müssen herausbringen, in welcher Zeit sich D’ram befindet.«
Ruth schwieg einen Moment lang, und seine Augen kreisten langsamer. Dann schüttelte er den Kopf und erklärte seinem Reiter, daß sie fortgeflogen seien, weil sie den Erinnerungen an ihre Menschen nachhängen wollten.
»Die Südbewohner haben sie wohl nicht gemeint«, sagte Menolly, die von ihren Echsen Eindrücke des Gedankenaustausches erhalten hatte. »Denn dieser Bergkegel war im Hintergrund all ihrer Bilder.« Sie wand te sich um, obwohl sie den Berg jenseits des Waldes nicht sehen konnte. »Aber vielleicht Robinton und mich, als wir vom Sturm abgetrieben wurden –
erinnerten sie sich an ein Boot, Ruth?« fragte Menolly den weißen Drachen und schaute Jaxom erwartungsvoll an.
Keiner hat mir gesagt, daß ich nach einem Boot fragen sollte, beschwerte sich Ruth. Aber sie erinnerten sich an einen Menschen und einen Drachen.
»Würden sie reagieren, wenn – wenn Tiroth ins Dazwischen 218
gegangen wäre?«
Von sich aus? Um sein Leben zu beenden? Ja. Sie erinnerten sich nicht an Trauer. Ich erinnere mich an Trauer. Ich weiß noch genau, wie Mirath ging. Die Gedanken des weißen Drachen spiegelten seinen Schmerz wider. Jaxom eilte zu ihm und tröstete ihn.
»Was ist?« fragte Menolly angespannt; sie hatte den Gedankenaustausch zwischen den beiden Gefährten nicht verstanden.
»Ruth glaubt nicht an einen Selbstmord. Außerdem würde es ein Drache nie zulassen, daß sich sein Reiter etwas antut.
D’ram kann gar keinen Selbstmord begehen, solange Tiroth lebt. Und Tiroth geht nicht ins Dazwischen, solange D’ram ihn braucht.«
Menolly seufzte. »Dann fehlt uns immer noch die Zeit, in der sie sich aufhalten.«
»Das stimmt. Mal überlegen … Wenn D’ram hier war und
zwar lange genug, daß sich die FeuerEchsen an ihn erinnern –
wenn er plante, sich für ganz niederzulassen – dann hat er doch sicher eine Art Unterkunft gebaut. Es gibt Niederschläge in diesem Teil von Pern. Und Sporenregen …«
Jaxom hatte sich dem Waldesrand genähert und ließ die Blicke suchend umhe rschweife n. Plötzlich blieb er stehen.
»He, Menolly – die Fäden fallen doch erst seit fünfzehn Planetenumläufen!
Das ist ein Sprung, den Tiroth ohne weiteres schafft. Die Alten kamen in Etappen von fünfundzwanzig Planetenumläufen zu uns. Ich möchte wetten, daß
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