Pern 06 - Der Weisse Drache
einem Weyr geschieht, wenn der Rote Stern unsere Welt längere Zeit nicht mehr bedroht.« F’lar grinste breit. »Wir haben uns alle Mühe gegeben, die Würmer aus dem Süden auch auf unseren Feldern auszusetzen. Bis zum nächsten Vorbeizug des Roten Sterns wird der gesamte
Nordkontinent sicher sein, zumindest davor, daß sich die Fäden ins Erdreich eingraben. Wenn die Barone schon vor dieser Maßnahme glaubten, wir Drachenreiter seien überflüssig, so werden sie das nächstemal um so mehr Grund für diese
Annahme haben.«
»Aber der Anblick der Drachen ist allen eine Beruhigung«, warf Jaxom hastig ein. Er hatte das Gefühl, die Drachenreiter verteidigen zu müssen.
»Sicher, aber ich sähe es lieber, wenn die Weyr nicht mehr vom Wohlstand der Burgen abhängig wären. Wenn wir eigenes Land besäßen …«
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»Ihr wollt den Süden!«
»Nicht den ganzen Süden.«
»Nur das beste Stück davon«, erklärte Lessa mit Entschiedenheit.
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XI.
Spätvormittag im Benden-Weyr,
Morgen in der Harfne rhalle,
Mittag auf Fidellos Hof,
5.7.15
Jaxom und Ruth verbrachten die Nacht in einer leeren Weyr-kammer, aber Ruth fühlte sich in der Kuhle, die für einen größeren Drachen angelegt war, so unbequem, daß Jaxom seine Felldecken nahm und sich neben den Freund kuschelte. Er träumte von einer weichen schwarzen Grube, in der er versank
…
»Ich weiß, du bist todmüde, Jaxom, aber du mußt aufw achen!« Menollys Stimme durchdrang das behagliche Dunkel.
»Außerdem bekommst du einen steifen Nacken, wenn du noch lange auf dem Stein schläfst.«
Jaxom blinzelte. Menolly schwebte irgendwo über ihm,
Prinzeßchen auf der Schulter. Er spürte, daß Ruth sich herumwälzte.
»Jaxom, wach auf! Ich habe dir einen Riesenkrug Klah
mitgebracht.« Nun kam Mirrim in sein Blickfeld. »Hörst du zu? F’lar möchte endlich aufbrechen, und er will, daß Mnementh vorher mit Ruth Kontakt aufnimmt.«
Menolly blinzelte ihm mit Verschwörermiene zu. Jaxom
brummte der Kopf. Wie sollte er sich je merken, wer nun in die jeweiligen Geheimnisse eingeweiht war und wer nicht! Er stöhnte, denn sein Hals war tatsächlich steif.
Ruth öffnete das innere Augenlid einen winzigen Spalt und betrachtete seinen Reiter mit Mißbehagen. Ich bin erschöpft.
Ich brauche noch Schlaf.
»Du kannst jetzt nicht mehr schlafen. Mnementh will dich sprechen.«
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Warum hat er das nicht gestern nacht getan?
»Weil er sich vermutlich die Einzelheiten frisch einprägen wollte.«
Ruth hob empört den Kopf. Glaubst du, Mnementh kann sich solche Dinge nicht eine Nacht lang merken? Er ist der größte Drache von ganz Pern.
»Du siehst ihn verklärt, weil er dir ein tüchtiges Abendessen verschafft hat. Außerdem will er dich sprechen. Beschwer dich also nicht bei mir! Bist du nun wach?«
Wenn ich mit dir spreche, träume ich doch nicht mehr, oder?
»Du bist heute ganz schön aggressiv.« Mit einem Seufzer kletterte Jaxom aus der Kuhle, schleifte die Felldecken hinter sich her und stolperte zu dem Tisch, an den sich Mirrim und Menolly rücksichtsvoll zurückgezogen hatten. Der dampfende Klan weckte seine Lebensgeister. Er bedankte sich bei den Mädchen.
»Wie spät ist es?«
»Vormittag – Benden-Zeit«, erklärte Menolly. Ihre Miene blieb betont ausdruckslos.
Jaxom schloß einen Moment lang die Augen. Sie alle hörten, wie Ruth sich geräuschvoll dehnte und streckte.
»Wann haben dich denn die Sporen versengt, Jaxom?« fragte Mirrim, direkt wie immer. Sie beugte sich vor und fuhr mit einem Finger mißbilligend die Narbe nach.
»Als ich Ruth beibrachte, Feuerstein zu kauen.« Er machte eine Pause, wartete, bis sie Luft zum Schimpfen holte, und fügte dann hinzu: »Auf dem Fort-Weyr.«
»Weiß das Lessa?« hakte Mirrim nach.
»Ja.« Er hoffte, daß er Mirrim damit abgespeist hatte. Aber so leicht ging das nicht.
»Ich muß sagen, daß ich N’ton mehr zugetraut hätte. Läßt es zu, daß einer seiner Schüler sich versengt!«
»Das war nicht seine Schuld«, murmelte Jaxom zwischen zwei Bissen.
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»Und Lytol? Was hat der gesagt? Du solltest wirklich nicht soviel aufs Spiel setzen.«
Jaxom kaute heftig. Er ärgerte sich, daß Menolly ihre energische Freundin mitgebracht hatte.
»Außerdem sehe ich nicht ein, weshalb du überhaupt mit den Drachenreitern übst. Ruth darf ja doch keine Fäden bekämpfen.«
Der Jungbaron schluckte. »Ruth wird genauso kämpfen wie alle anderen Drachen, Mirrim.«
»Und er war bereits im
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