Pern 07 - Moreta, die Drache
Knollen dagegen sammelte man im Herbst. Frühlingsblüte und Herbsternte waren so fern ...
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Capiam wälzte sich auf seinem Lager hin und her. Wo blieb Desdra? Wie lange mußte er hier noch allein ausharren?
»Capiam?« Desdras ruhige Stimme durchbrach sein Selbst-mitleid. »Noch etwas Suppe?«
»Desdra! Diese Botschaft von Keroon ...«
»Als ob es nur ein Fiebermittel gäbe! Fortine hat eine lange Liste von Ersatzmedikamenten zusammengestellt.« Desdra schien wütend auf Gorby. »Da wären Eschenrinde, Buchsbaum und Thymus, neben Borrago und Federfarn. Vielleicht erweist sich eine dieser Arzneien sogar als Lösung unseres Problems.
Semment vom Großen Gutshof beispielsweise glaubt, daß Thymus bei Lungenleiden besser als alles andere wirkt.
Meister Fortine schwört auf Federfarn, eine Pflanze, die man zu jeder Jahreszeit und überall findet. Wie geht es dir übrigens?«
»Elend. Ich kann nicht einmal die Hände hochheben.« Er versuchte seine Schwäche zu demonstrieren.
»Die Müdigkeit ist Teil dieser Krankheit. Du hast die Symptome selbst niedergeschrieben. Wenn man eine Krankheit nicht heilen kann ...«
Er nahm seine letzte Kraft zusammen und warf mit dem
Kissen nach ihr. Es plumpste einen Meter neben dem Bett zu Boden. Lachend hob Desdra das Wurfgeschoß auf und legte es wieder an seinen Platz.
»Zumindest dein Temperament zeigt eine Aufwärtstendenz.
Nun trink die Suppe!« Sie stellte die Kraftbrühe auf dem Tisch ab.
»Sind auf Fort alle gesund?«
»Alle, ja. Sogar der pompöse Tolocamp, der sich in seinen Privaträumen verbarrikadiert hat. Ich fürchte nur, der Kerl holt sich eine Lungenentzündung, weil er ständig am Fenster steht und seine Wachen kontrolliert.« Desdra grinste boshaft. »Er hat Boten im Hof stationiert. Ihnen wirft er Zettel zu, auf denen er die säumigen Posten beschimpft. Nicht einmal eine Tunne l-221
schlange würde seiner Aufmerksamkeit entgehen.« Ein
spöttisches Lächeln kräuselte ihre Lippen. »Meister Tirone mußte ein ernstes Wort mit ihm reden, ehe er überhaupt ein Lazarett auf seinem Gelände errichten ließ. Der Baron befürchtete, daß dies eine willkommene Ausrede für seine Untertanen sein würde, sich auf seine Kosten durchfüttern und pflegen zu lassen. Tirone ist unheimlich wütend auf Tolocamp. Er möchte seine Harfner aussenden, aber der Burgherr verweigert ihnen die Rückkehr. Der Mann läßt sich nicht davon überzeugen, daß die Harfner einer Infektion aus dem Wege gehen können. Er sieht die Epidemie als eine Art Nebel, der aus den Wiesen, Bächen und Felsspalten aufsteigt und alles einhüllt ...«
Desdra versuchte ihn wohl aufzuheitern, denn im allgemeinen war sie nicht klatschsüchtig.
»Ich hatte doch eine Quarantäne angeordnet!«
Desdra zog die Nase kraus. »Stimmt! Tolocamp überrumpelte Alessans Bruder, als der junge Burgherr krank wurde. Seitdem klagt er ununterbrochen, daß er seine geliebte Gemahlin und die zarten Töchter in den Fängen der Epidemie auf Ruatha zurücklassen mußte!« Desdra schüttelte den Kopf. »Als ob er oder Lady Pendra das nicht absichtlich getan hätten! Die jungen Damen rissen sich darum, Alessan zu pflegen.«
»Wie ist die Lage im Fort-Weyr und auf Ruatha?«
»K'lon berichtet, daß es Moreta den Umständen entsprechend gut geht.
Berchar leidet vermutlich an einer Lungenentzündung, und neunzehn Reiter - einschließlich Sh'gall - sind an ihre Lager gefesselt. Ruatha scheint besonders hart betroffen. Fortine hat Freiwillige auf die Burg geschickt. Aber jetzt trink deine Suppe, ehe sie kalt wird! Ich habe unten eine Menge zu tun und kann hier nicht ewig herumstehen.«
Capiam merkte, daß seine Hand stark zitterte, als er den Becher nahm.
»Und sowas wirft mit Kissen!« stellte Desdra trocken fest.
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Er hob das Gefäß mit beiden Händen an die Lippen, ohne einen Tropfen zu verschütten. »Was hast du da hineinge-mischt?« fragte er nach dem ersten Schluck.
»Eine Prise von diesem und eine Spur von jenem. Ich möchte ein paar Stärkungsmittel ausprobieren. Wenn sie bei dir anschlagen, mache ich einen ganzen Bottich von dem Gebräu.«
»Es schmeckt miserabel.«
»Aber es ist nahrhaft. Beeil dich!«
»Ich ersticke an dem Zeug!«
»Wenn du jetzt nicht trinkst, hole ich Nerilka, Tolocamps dürre, langbeinige Tochter! Sie wartet nur darauf, dich pflegen zu dürfen.«
Capiam fluchte, aber er trank den Becher leer.
»So, das klingt schon sehr viel besser«, meinte sie lachend und zog die Tür hinter
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