Pern 07 - Moreta, die Drache
verzerrte sich. Er sah so aus, als würde er jeden Moment in Tränen ausbrechen. Um seine Erregung zu meistern, nahm er einen tiefen Zug von dem heißen Klah. »Das tut gut«, sagte er mit einer leichten Verbeugung zu Leri hin. »Aber zurück zu den Gilden ...«
Er stockte, blinzelte erstaunt, und dann sackte sein Kopf zur Seite. Leri gab S'peren einen Wink.
»Genau im richtigen Augenblick«, meinte sie, als S'peren den Reiter auffing. Sie nahm ihren Fellumhang von den Schultern.
»Wickle ihn damit ein und schieb ihm ein Kissen in den Nacken. Er wird jetzt mindestens zwölf Stunden schlafen.
Holth, sei ein Schatz und sag Rogeth, daß er in seinen Weyr zurückkehren und sich gründlich ausschlafen soll.« Sie stupste die Flanke der Königin an. »Du horchst auf Nachricht von Granth!«
»Und wenn er nun gebraucht wird?« fragte S'peren, während er K'lon ein bequemes Lager bereitete. »Von der Gilde oder von A'murry?«
»Obwohl A'murry schwer krank ist, kann ich nicht zulassen, daß K'lon die Quarantänebestimmungen bricht«, erklärte Leri.
»Ich muß mir später eine Strafe für ihn ausdenken, denn er hat eindeutig gegen meinen Befehl verstoßen. Und da er in der Hauptsache den Transport von Medikamenten und von Heilern übernimmt, können wir auch andere Boten einsetzen. Jungreiter zum Beispiel. Die werden sich tapfer und wagemutig vorkommen und doch genügend Respekt vor der Epidemie
haben, um nicht zu nahe an die Kranken heranzugehen.
Päckchen lassen sich an vorher vereinbarten Stellen abwerfen, ohne daß es zum direkten Kontakt kommt. Das gleiche gilt für Botschaften. Die Jungen werden diesmal eben keine markanten 228
Felsformationen ansteuern, sondern Orientierungsfähnchen.
Eine gute Übung!« Leri warf einen nachdenklichen Blick auf den schlafenden K'lon. »Aber jetzt verbreitest du am besten die Nachricht, die er von der Heilerhalle mitgebracht hat: daß diese Epidemie nicht zum Tod führt. Wir müssen noch stärker als bisher auf unsere Genesenden achten. Wer auch nur das geringste Anzeichen einer Erkältung hat, wird von der Krankenpflege ausgeschlossen.«
»Es ist schwer genug, überhaupt Pfleger zu finden«, stellte S'peren fest.
»So! Dann frag die Feiglinge mal, wer sie im Krankheitsfall versorgen wird!« Leri rollte die Listen zusammen und verstaute sie sorgfältig in einem Regal. »So, mein Freund, du verkündest erst mal die frohe Botschaft in den Unteren Höhlen und stellst anschließend die Geschwader für den morgigen Fädeneinfall zusammen!«
Heilerhalle, 15.03.43
Hart fiel das Licht der vielen Lampen, die Capiam hatte heranschaffen lassen, um die engen, verblaßten Schriftzeiche n der alten Aufzeichnungen zu erhellen, auf die angenehmen Züge von Tirone, dem Meisterharfner von Pern. Tirone, der an Capiams ausladendem Schreibtisch Platz genommen hatte, sah den Heiler mit düster gerunzelter Stirn an - ein völlig ungewohntes Mienenspiel bei einem Mann, der bekannt war für seine Liebenswürdigkeit und seinen ausgeprägten Sinn für Humor. Die Epidemie hatte alle gezeichnet, selbst jene, die ihr entkommen waren.
Viele glaubten, Tirone sei auf seinen Wegen quer durch den Kontinent irgendwie gegen die Krankheit gefeit gewesen. Man hatte den Harfner ins Grenzgebiet von Tillek und Hochland gerufen, damit er dort einen Streit um die Bergwerke schlichte-229
te, und auf diese Weise war er nicht mehr rechtzeitig zum Fest von Ruatha erschienen. Als dann die Trommeln von der
Quarantäne kündeten, war er eilends zurückgeritten und hatte die Renner jeweils auf Höfen gewechselt, die nicht von der Krankheit befallen waren. Er bekam einen heftigen Streit mit Tolocamp, der nicht zulassen wollte, daß er den Burgbereich und die Heilerhalle betrat; aber allem Anschein nach trugen Tirones Logik und die Tatsache, daß er jeden Kontakt mit Kranken vermieden hatte, den Sieg davon. Oder hatte einer der Wachtposten dem Meisterharfner verraten, auf welche Weise Baron Tolocamp von Ruatha auf seine Burg zurückgekehrt war?
Schließlich war es Tirone auch noch gelungen, von Desdra eine Besuchserlaubnis beim Meisterheiler zu erkämpfen.
»Wenn ich die Einzelheiten nicht von Euch erfahre, Capiam, muß ich mich auf Gerüchte stützen - nicht gerade die ideale Quelle für einen Meisterharfner.«
»Geduld, Tirone, ich liege doch nicht im Sterben! Euer Wunsch, einen wahrheitsgetreuen und genauen Bericht vom Verlauf der Krankheit abzufassen, ist durchaus lobenswert, aber ich habe im Moment
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