Pern 08 - Nerilkas Abenteuer
meine. Ob er daraus den gleichen Gewinn ziehen konnte wie ich?
Mich quälte die Sorge um die Kranken, ich rackerte Tag und Nacht, war übermüdet und schlecht ernährt - aber ich hatte mich noch nie im Leben so glücklich gefühlt. Glücklich? Ein merkwürdiges Wort im Zusammenhang mit meiner Tätigkeit im Lager, denn an diesem und dem nächsten Tag verloren wir zwölf der sechzig Kranken im Lazarett, und für sie kamen fünfzehn neue. Aber ich konnte mich zum ersten Mal in meinem Leben nützlich machen, ich wurde gebraucht, und ich spürte den stummen Dank jener, die ich pflegte. Natürlich hatte ich meine Anfangsschwierigkeiten. Als Tochter aus gutem Haus war ich nie mit Dingen wie Blut, Schweiß und menschlichen Ausscheidungen in Berührung gekommen. Nun mußte ich Männer wie Frauen waschen und versorgen. Ich unterdrückte meinen anfänglichen Ekel, schnitt mein Haar noch kürzer, krempelte die Ärmel auf und arbeitete weiter.
Wenn das mit zu meiner Aufgabe gehörte, dann gab es für mich kein Kneifen.
Außerdem wußte ich, daß ich geimpft war und die Seuche, die ich bekämpfte, selbst nicht bekommen konnte. Manchmal wurde ich richtig verlegen, wenn Macabir meinen Mut lobte.
Und dann betrat ein Heiler unser Lager. Er brachte so viel Serum mit, daß wir alle Anwesenden impfen konnten, und verkündete die Auflösung des Lazaretts. Die Kranken sollten zur Harfner-Halle transportiert werden, wo man die Lehrlingsquartiere freigemacht hatte, um sie unterzubringen.
Alle übrigen erhielten eine Nacht das Gastrecht in der Halle und durften dann ihren Heimweg antreten. Man bat sie allerdings, Medikamente und Impfstoff zu den entlegenen Höfen mitzunehmen.
Ich meldete mich freiwillig für diese Aufgabe, obwohl Macabir mich noch einmal bat, in der Heiler-Halle eine richtige Ausbildung mitzumachen. »Sie besitzen ein Naturtalent für den Heilerberuf, Rill.«
»Ich bin viel zu alt, um irgendwo als Lehrling anzufangen, Macabir.«
»Was heißt alt, wenn jemand mit Kranken so gut umgehen kann wie Sie? Ein Planetenumlauf, und Sie besitzen das nötige Grundwissen. Drei, und jeder Heiler nimmt Sie mit offenen Armen als Assistentin auf.«
»Ich möchte im Moment meine Freiheit genießen und etwas mehr von diesem Kontinent sehen als Burg Fort und ihre nähere Umgebung.«
Macabor seufzte und strich sich über die zerfurchte Stirn.
»Ich hoffe, Sie erinnern sich an meinen Vorschlag, wenn Sie einmal Heimweh bekommen.«
KAPITEL VII
19.3.43 - 20.3.43
Ich brach am frühen Abend auf, ausgerüstet mit einer primitiven Karte, die mir den Weg zu drei Gehöften weit im Norden wies, ganz in der Nähe der Ruatha-Grenze. Dort benötigte man dringend Serum und andere Medikamente.
Macabir wollte mich überreden, bis zum nächsten Morgen zu warten, aber ich entgegnete, daß wir Vollmond hatten und die Straßen kaum durch unwegsames Gelände führten. Ich hatte Angst, die Heiler-Halle zu betreten. Es konnte sein, daß Desdra oder sonst jemand in der verwahrlosten und erschöpften Pflegerin Lady Nerilka von Fort erkannten.
Ich ritt an Burg Fort vorbei, ohne auch nur einen Blick zu den Fenstern meines Vaters zu werfen, passierte die Hütten und Stallungen und fragte mich, ob von all den Menschen, mit denen ich bis vor zwei Tagen mein Leben verbracht hatte, auch nur einer nach mir Ausschau hielt. Wem außer Anella und meinen Schwestern mochte aufgefallen sein, daß ich mich nicht mehr auf Burg Fort befand?
Das Dumme war, daß ich meine Erschöpfung unterschätzt hatte, und so nickte ich im Sattel immer wieder ein. Zum Glück war der Renner ein braves Tier, das einfach die Straße entlangtrabte, solange es keine anderen Anweisungen erhielt.
Gegen Mitternacht erreichte ich das erste Gehöft. Ich konnte gerade noch die Mitglieder des Haushalts impfen, ehe ich zusammenklappte. Sie ließen mich ausschlafen und brachten mir bei Tagesanbruch ein kräftiges Frühstück. Als ich der Hausherrin Vorwürfe machte, weil sie mich nicht geweckt hatte, entgegnete sie ruhig, sie habe die beiden anderen Gehöfte von meiner baldigen Ankunft verständigt. Das Wissen, daß man sie nicht vergessen habe, sei bereits eine wertvolle Hilfe für die Leute.
Also ritt ich weiter und gelangte am späten Vormittag an mein nächstes Ziel. Die Bewohner sahen meine Erschöpfung und bestanden darauf, daß ich mit ihnen aß. Sie wußten, daß es in der Hügelburg, dem letzten Ort, den ich aufsuchen sollte, keine Seuchenfälle gab, und so befragten sie mich nach den
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