Pern 10 - Die Renegaten von Pern
zu gelangen, wo er den Fluß in der Ferne glänzen sehen konnte. Das Gelände war bestens geeignet für Lasttiere. Mit Toric hatte er ziemlich hart verhandeln müssen, aber mit zarter Unterstützung von Sharra und ihrem Bruder Kevelon hatte er den Burgherrn doch überzeugen können, daß es von Vorteil sei, die Reisezeiten zu verkürzen. Da inzwischen eine weitere Schiffsladung mit Leuten aus dem Norden eingetroffen war, die beschäftigt werden mußten, hatte Hamian sich erboten, sie Toric abzunehmen und sie beim Bau von Mole und Hafengebäuden oberhalb der Frühjahrsflutlinie einzusetzen. Es war ausreichend Weideland für Herdentiere vorhanden, und die Berge waren nahe genug, um dort die nötigen Steine zu brechen.
Nun wollte Hamian seine Einschätzung der neuen Fahrtroute bestätigt wissen. Er mußte Toric beweisen, daß auch noch andere Leute außer dem selbsternannten Burgherrn sich auf dem Südkontinent auskannten.
Manchmal beunruhigten den jungen Schmiedemeister die Allüren seines Bruders; zudem warf Toric ihm immer wieder vor, er habe sich während seiner Gesellenzeit in der Gildehalle von der Denkwei-se des Nordens vergiften lassen.
Hamian hatte sich seine Argumente sorgsam zurechtgelegt. Der Lagunenfluß mochte zwar als die kürzere Route erscheinen, aber wenn man mit Erz beladene Barken über die Hälfte des Weges durch das Sumpfland staken mußte, sah die Sache ganz anders aus.
Hamian scheute keine harte Arbeit und war erstaunlich tüchtig darin, ähnliche Leistungen aus seinen Leuten herauszuholen, aber zwischen den einzelnen Fahrten zerbrachen oft die Markierungen für die Fahrrinnen, oder der tückische Schlammgrund veränderte sich und verschluckte sie. Nach tiefem Wasser zu suchen, während man von Insekten aufgefressen, von Sumpfschlangen gebissen und 139
von Wheren bedrängt wurde, die alles, was sich bewegte, als leichte Beute betrachteten, war nicht die effektivste Art, die verfügbaren Arbeitskräfte einzusetzen. Hamian hatte sich von Meister Fandarels fast zwanghaftem Streben nach Effektivität anstecken lassen.
»Du sollst dieses Ruder nicht streicheln, Tawkin, du sollst daran ziehen!« brüllte er, als das Langboot leicht nach Backbord abfiel.
Hamian hatte vor, den Burschen im Auge zu behalten. Allmählich bekam er einen ebenso guten Blick für Leute, die sich im Süden bewähren würden, wie Toric und Sharra. »Vielleicht haben sich dort ein paar schiffbrüchige Fischer angesiedelt«, sagte er zu Piemur, als die Kuppen langsam aus dem Blickfeld verschwanden.
Piemur schüttelte den Kopf. »Fischer errichten keine Steinbauten, und nichts anderes hätte vierhundert oder mehr Planetenumläufe überdauert. Außerdem stand nichts über diesen Ort in den Aufzeichnungen der Harfnerhalle, und die sind zu entziffern, trotz ihres Alters. Ich weiß das nur zu gut«, fügte er hinzu und rümpfte die Nase, als könne er die modrigen Pergamente immer noch riechen.
»Ich mußte sie für den alten Meister Arnor kopieren.« Piemur nahm einen tiefen Zug von der würzigen Waldluft, wie um den Mief der Erinnerung aus seinen Lungen zu entfernen, und stieß den Atem in einem hörbaren Schwall wieder aus.
Hamian lachte. »Nun, wir werden ja sehen, was dein geschultes Harfnerauge mit den Installationen in der Mine anzufangen weiß.«
Das große quadratische Segel des schmalen Schleppkahns mit dem breiten Frachtraum füllte sich. »Belegen, Jungs!« rief er den Ruderern zu. »Alles bereitmachen, um das Langboot an Bord zu nehmen«, wies er die nächststehenden Besatzungsmitglieder an.
»So ist es schon besser. Wir kommen gut voran. Heute nacht stehen beide Monde am Himmel, wenn der Wind hält, sind wir in zwei Tagen am Ziel.
Verdammt, ist das nicht besser, als sechs Tage lang durch den 140
Sumpf zu waten? Schade, daß wir nicht bis zu den Fällen kommen werden. Die sind wirklich eindrucksvoll.«
»Fälle?«
»Ja, Toric hat einen Erkundungstrupp diesen Fluß hinunter-geschickt, hm, kurz vor meiner Abreise zur Gildehalle von Telgar.
Sie kamen bis zu den Fällen, dann mußten sie wieder umkehren.
Schroffe Felsklippen, die niemand ersteigen konnte.« Er bemerkte Piemurs entschlossenen Blick. »Nicht einmal du, aber vielleicht Farli. Hör mal, du gehst jetzt besser zu Dummkopf. Er wird allmählich unruhig.«
»Er läuft lieber, anstatt zu segeln«, sagte Piemur, obwohl das Schiff auf dem Fluß nicht so unangenehm schwankte wie auf offener See. Er hatte Menollys und Sebells Begeisterung für die Seefahrt
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